Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
Vom Netzwerk:
selber keine Ahnung. Es war irgendein ›tala pepelo‹: irgendeine Lüge oder Verleumdung; sie wußte weiter nichts davon, als daß die Mädchen, die auf sie wegen ihres Glückes mit Joane eifersüchtig gewesen waren, sie wegen seiner Abtrünnigkeit verhöhnten und ihr, wenn sie sie allein im Walde trafen, nachriefen, sie würde sich niemals verheiraten. »Sie mir sagen, kein Mann er heiraten mich. Er zuviel Angst!« sagte sie.
    Die einzige Menschenseele, die nach diesem Bruch mit ihnen verkehrte, war Meister Case. Auch er nahm sich in acht, daß ihn niemand sehe, und kam meist nur bei Nacht; und sehr bald legte er seine Karten offen auf den Tisch und freite Uma. Ich ärgerte mich noch wegen des Joane, und als nun Case auf dieselbe Weise auf der Bildfläche erschien, da wurde ich richtig wild und sagte höhnisch:
    »Aha! Und wahrscheinlich dachtest du auch von Case: ›viel hübsch‹ und ›mir gefallen zu viel‹?«
    »Nun, Ihr reden dumm!« rief sie. »Weißer Mann er kommen hier, ich ihn heiraten wie Kanaka. Schön. Er mich heiraten wie weiße Weib. Wenn er nicht heiraten, er weggehen, Frau sie bleiben. Er Dieb, leere Hand, Tongaherz – nicht können lieben! Nun Ihr kommen, heiraten mich. Ihr groß Herz – Ihr nicht schämen wegen Inselmädchen. Darum ich lieben Euch zu viel. Ich stolz.«
    Ich glaube, jämmerlicher habe ich mich nie in meinem Leben gefühlt. Ich legte meine Gabel hin und schob das ›Inselmädchen‹ von mir. Ich wußte nicht, was ich tun sollte, und ging im Hause herum, und Uma folgte mir mit ihren Blicken, denn sie war in Sorgen – und das war auch kein Wunder. Aber ich war mehr als in Sorgen. Ich hatte solche Sehnsucht danach und zugleich eine solche Angst davor, ihr frei und offen zu sagen, was für ein Schuft ich gegen sie gewesen sei.
    Und gerade in dem Augenblick hörte ich von der See her einen Sang; hell und laut kam er von einem Boot, das um das Vorgebirge einbog, und Uma rannte an das Fenster und rief, es sei ›Misi‹ auf seiner Rundfahrt.
    Ich dachte bei mir, es sei sonderbar, daß ich mich freute, einen Missionar zu sehen; aber wenn es sonderbar war, so war es auch wahr.
    »Uma«, sagte ich, »du bleibst hier in diesem Zimmer und setzest keinen Fuß aus dem Hause, bis ich wieder da bin.«
     

Der Missionar
     
    Als ich auf die Veranda hinaustrat, schoß gerade das Missionsboot auf die Flußmündung zu. Es war ein langes, weiß angemaltes Walfischfängerboot; ein Kanakenpastor hockte hinten auf dem Bord und steuerte, vierundzwanzig Ruder blitzten im Sonnenschein und tauchten ins Wasser, im Takt nach dem Gesang der Ruderer; unter dem Sonnensegel saß der Missionar in seinen weißen Kleidern und las in einem Buch. Es war nett zu sehen und zu hören; man kann sich nichts Schmuckeres denken, da in den Inseln, als ein Missionarsboot mit einer guten Mannschaft, und ich betrachtete es eine halbe Minute lang, vielleicht mit etwas Neid, und ging dann zum Fluß hinunter.
    Von der entgegengesetzten Seite strebte ein anderer Mann derselben Stelle zu; aber er rannte und kam zuerst an. Es war Case. Ohne Zweifel hatte er den Gedanken, mich von dem Missionar fernzuhalten, der mir als Dolmetscher dienen konnte; aber ich dachte an andere Dinge. Ich dachte daran, wie er uns mit der Heirat gefoppt hatte und wie er Uma immer nachgestellt hatte; und bei seinem Anblick blähte die Wut mir die Nüstern auf.
    »Pack dich fort, du gemeiner Schwindler und Dieb!« schrie ich.
    »Was sagen Sie da?«
    Ich wiederholte das Wort und setzte einen guten Fluch darauf. »Und wenn ich dich je binnen sechs Faden von meinem Hause erwische«, rief ich, »will ich dir eine Kugel in deinen verfaulten Leib jagen.«
    »Bei Ihrem Hause müssen Sie tun, was Ihnen gut dünkt«, sagte er, »ich sagte Ihnen schon, ich denke nicht daran, dahin zu gehen; aber hier ist öffentlicher Weg und Ort.«
    »Hier ist ein Ort, wo ich selber was für mich zu tun habe! Es paßt mir nicht, daß ein Hund wie du hier herumschnüffelt. Und ich sage dir: Pack dich von hier fort!«
    »Ich denke nicht daran.«
    »Dann will ich dir helfen.«
    »Das wollen wir erst mal sehen!«
    Er war flink mit seinen Händen, aber er hatte weder meine Größe noch mein Gewicht, denn er war im Vergleich mit mir nur ein spärliches Kerlchen; außerdem war meine Wut siedendheiß, und mir war alles einerlei. Ich gab ihm erst meine rechte Faust zu schmecken und dann meine linke; ich konnte es in seinem Schädel rasseln hören, und er fiel nieder wie ein Ochse.
    »Hast

Weitere Kostenlose Bücher