Der Strand von Falesa
erzählen anfing; denn jetzt war sie sicher, daß wir Freunde waren. Sie erzählte mir einen ganzen Haufen Geschichten, wie sie so auf meinem Schoß saß und von meinem Essen aß und ich von ihrem und wir unseren Spaß daran hatten – erzählte mir einen Haufen von sich selber und von ihrer Mutter und von Case. Es war eine lange Geschichte, und wenn man das niederschreiben wollte, wie sie es in ihrem Kauderwelsch erzählte, würde man ganze Bogen damit füllen; ich will Ihnen aber den Inhalt auf gut Englisch sagen und dazu etwas, was mich selber betrifft und was für mich große Folgen hatte, wie Sie gleich hören werden.
Wie es scheint, war sie auf einer von den Inseln unter dem Äquator geboren; da hatte sie aber nur zwei oder drei Jahre gelebt und war dann mit einem Weißen zusammengekommen, der mit ihrer Mutter verheiratet war und dann starb; und in Falesa waren sie erst seit einem einzigen Jahr. Vorher waren sie fast immer auf der Wanderschaft gewesen; sie waren mit diesem Weißen herumgezogen, einem von jenen rollenden Steinen, die kein Moos ansetzen. Er war immer auf der Suche nach einem guten, angenehmen Geschäft. Man redet von Leuten, die immer nach dem Gold suchen, das am Ende des Regenbogens sein werde; aber wenn einer ein Geschäft haben will, das ihn bis ans Ende seiner Tage ernährt, dann braucht er bloß in dieser Gegend der Welt ewig nach einer Stelle zu suchen. So einer hat sein Essen und Trinken, hat sein Bier und sein Kegelspiel, denn niemals hört man, daß so einer hungert, und selten sieht man sie nüchtern; und ihren Spaß haben sie auch immer. Kurz und gut, dieser Landstörzer schleppte die Frau und ihre Tochter überall mit sich herum; meistens aber waren sie auf Inseln, die abseits von der großen Straße lagen, wo nicht viel von Polizei die Rede war. Ich habe jetzt meine eigene Meinung über diesen alten Knaben; aber eigentlich war ich froh, daß er Uma nicht mit nach Apia und Papiti genommen hatte und nach den anderen Städten, wo's lustig hergeht. Schließlich blieb er auf dieser Insel, in Fale-alii hängen, kam – der Herrgott wird wissen, wie – zu einem Kramladen, brachte auf die übliche Weise alles durch und starb endlich beinah bettelarm; er hinterließ nur ein Stückchen Land in Falesa, das er für eine faule Schuld übernommen hatte; und so kamen Mutter und Tochter auf den Gedanken, nach Falesa zu ziehen und hier zu wohnen. Case hatte ihnen scheint's gut zugeredet, das zu tun, und half ihnen, ihr Haus zu bauen. Er war damals sehr freundlich zu ihnen und gab Uma Waren, und ohne Zweifel hatte er von Anfang an sein Auge auf sie geworfen. Sie hatten sich aber kaum niedergelassen, so erschien ein junger Mann auf der Bildfläche, ein Eingeborener, und wollte Uma heiraten. Er war ein kleiner Häuptling und hatte ein paar schöne Matten und alte Erbgesänge in seiner Familie und war ›viel hübsch‹, wie Uma sagte. Jedenfalls war es ein außerordentlicher Glücksfall für ein Mädchen, das keinen Heller hatte und von einer fremden Insel war.
Als ich hiervon das erste Wort hörte, wurde ich ganz krank vor Eifersucht und schrie:
»Und du sagst in allem Ernst, du hättest ihn geheiratet?«
»Djo«, sagte sie; das ist das kanakische Wort für Ja. »Er gefallen mir zu viel!«
»Schön! Und wenn ich nun später hierhergekommen wäre?«
»Ihr gefallen mir viel besser jetzt. Aber wenn heiraten Joane, ich eine gute Weib. Ich nicht gewöhnlicher Kanaka. Gut Mädchen.«
Na, damit mußte ich mich zufriedengeben; aber ich sage Ihnen: Die Geschichte gefiel mir ganz und gar nicht. Und das Ende von Umas Erzählung gefiel mir nicht viel besser als der Anfang. Denn von diesem Heiratsantrag kam scheint's der ganze Wirrwarr her. Uma und ihre Mutter waren natürlich im Anfang sehr geringgeachtet worden, als Leute ohne Sippe und als Fremdlinge, aber man hatte ihnen nichts zuleide getan; und sogar als Joane um sie freite, gab es im Anfang weniger Aufregung, als man hätte erwarten können.
Plötzlich aber, ungefähr sechs Monate vor meiner Ankunft, zog Joane sich zurück und verließ diesen Teil der Insel, und von diesem Tage bis zum heutigen sahen Uma und ihre Mutter sich von allen Leuten gemieden. Niemand besuchte sie in ihrem Hause; niemand sprach sie auf den Wegen an. Wenn sie zur Kirche gingen, zogen die anderen Weiber ihre Matten weg und rückten von ihnen ab. Sie waren ganz richtig in Acht und Bann, wie man es in den Geschichten aus dem Mittelalter liest; und warum das war, davon hatten sie
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