Der Strand von Falesa
du genug?« schrie ich. Aber er sah mich nur mit weißem Gesicht an, und das Blut strömte von seinem Gesicht herunter wie Wein auf ein Tischtuch. »Hast du genug?« brüllte ich wieder. »Sprich! und liege hier nicht herum und winsle oder du kriegst Fußtritte!«
Hierauf richtete er sich auf und hielt sich den Kopf – und ich konnte ihm ansehen, daß ihm drin alles rundherum ging – und das Blut strömte auf seinen Pyjama.
»Für diesmal hab' ich genug«, sagte er, krabbelte auf seine Füße und ging den Weg zurück, den er zuvor gekommen war.
Das Boot war dicht am Ufer; ich sah, daß der Missionar sein Buch auf die Seite gelegt hatte, und lachte leise vor mich hin und dachte: »Jedenfalls wird er jetzt wissen, daß ich ein Mann bin.«
Es war das erste Mal in all den Jahren, die ich im Pazifik erlebt hatte, daß ich zwei Worte mit einem Missionar gesprochen hatte, geschweige denn, daß ich einen um eine Gefälligkeit gebeten hatte. Ich mag die Leute nicht, kein Händler mag sie; sie sehen von oben herab auf uns nieder und machen gar kein Hehl daraus; außerdem sind sie zum guten Teil kanakisch geworden und halten es mit den Eingeborenen, anstatt mit anderen weißen Männern, wie sie selber sind. Ich trug einen Anzug von sauberem gestreiftem Flanell; denn natürlich hatte ich mich anständig angezogen, als ich zu den Häuptlingen ging. Als ich aber den Missionar aus dem Boot steigen sah in seinem weißleinenen Priesteranzug, mit Tropenhelm, weißem Hemd, weißer Halsbinde und gelben Schuhen an den Füßen, da hätte ich vor Ärger Steine nach ihm werfen mögen. Als er näher kam und mich recht neugierig musterte – wohl wegen der Boxerei –, da sah ich, daß er todkrank aussah; er hatte nämlich ein Fieber im Leibe und hatte im Boot gerade einen Frostschauer gehabt.
»Herr Tarleton, glaube ich?« sagte ich; denn ich hatte seinen Namen erfahren.
»Und Sie sind wohl der neue Händler?« sagte er.
»Vor allen Dingen möchte ich Ihnen sagen, daß ich nichts von Missionen halte«, fuhr ich fort, »und daß ich Sie und Ihresgleichen nicht gern sehe, denn Sie trichtern den Eingeborenen Altweibergeschichten ein und machen sie aufgeblasen.«
»Sie sind vollkommen berechtigt, Ihre Meinungen zu äußern«, sagte er und sah mich dabei ein bißchen unfreundlich an, »aber es ist nicht meine Sache, sie anzuhören.«
»Es trifft sich aber so, daß Sie sie doch hören müssen. Ich bin kein Missionar und kein Freund von Missionaren, ich bin kein Kanake und kein Begünstiger von Kanaken – ich bin ganz einfach ein Händler; ich bin ganz einfach ein gewöhnlicher, ungebildeter, gottverdammter weißer Mann und britischer Untertan, einer von der Sorte, an denen Sie gerne Ihre Stiefel abwischen möchten. Ich hoffe, das ist deutlich!«
»Jawohl, mein Mann. Es ist mehr deutlich als erfreulich. Wenn Sie nüchtern sind, wird es Ihnen leid tun.«
Er versuchte an mir vorbeizugehen, aber ich hielt ihn mit meiner Hand zurück. Die Kanaken begannen zu murren. Vermutlich gefiel mein Ton ihnen nicht; denn ich sprach zu dem Mann so frei heraus, wie ich jetzt zu Ihnen spreche.
»Nun, Sie können nicht sagen, ich hätte Ihnen etwas vorgelogen«, sagte ich, »und so kann ich fortfahren: Ich brauche von Ihnen einen Dienst – richtiger zwei Dienste; und wenn Sie so gut sein wollen, mir die zu leisten, werde ich vielleicht eine bessere Meinung von dem haben, was Sie Ihr Christentum nennen.«
Er war einen Augenblick still. Dann lächelte er und sagte:
»Sie sind eigentlich ein recht sonderbarer Mensch.«
»Ich bin so ein Mensch, wie Gott mich geschaffen hat; ich gebe mich nicht für einen Gentleman aus.«
»Darüber habe ich noch keine so sichere Meinung. Und was kann ich für Sie tun, Herr –?«
»Wiltshire«, sagte ich, »gewöhnlich nennt man mich Welsher; aber Wiltshire wird mein Name geschrieben, und so sollte er gesprochen werden, wenn die Leute am Strand nur ihre Zungen daran gewöhnen könnten. Und was ich wünsche? Hm, zuerst will ich Ihnen das erste sagen: Ich bin, was Sie einen Sünder nennen – was ich einen Schuft nenne –, und ich möchte, daß Sie mir helfen, es mit einer Person in Ordnung zu bringen, die ich betrogen habe.«
Er drehte sich um und sprach mit seiner Bootsmannschaft kanakisch und sagte dann zu mir:
»So, jetzt stehe ich Ihnen zu Diensten – aber nur so lange, wie meine Mannschaft zu Mittag ißt; ich muß vor dem Abend noch weiter nach unten an die Küste. Ich wurde bis heute früh in Papa-Malula
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