Der Streik
gesehen. Dass die Quinn Ball Bearing Company von der anderen Straßenseite verschwinden könnte, hatte er sich nicht vorstellen können. Er hatte von Quinns Entschluss gewusst, aber nicht daran geglaubt; oder vielmehr hatte er so daran geglaubt, wie er alle Worte, die er hörte oder aussprach, glaubte: als wären es Laute, die keine feste Verbindung zur Wirklichkeit hatten. Jetzt wusste er, dass es wirklich passierte. Er stand bei den Flachwagen auf dem Nebengleis, als hätte er immer noch eine Möglichkeit, sie aufzuhalten.
„Es ist nicht richtig“, sagte er und sprach dabei zu den Silhouetten am Horizont, doch der junge Mann oben war der Einzige, der ihn hören konnte. „Zu Zeiten meines Vaters hätte es so etwas nicht gegeben. Ich bin kein großer Fisch. Ich will niemanden bekämpfen. Was ist bloß los mit der Welt?“ Es kam keine Antwort. „Was ist mit Ihnen, zum Beispiel – nehmen sie Sie mit nach Colorado?“
„Mich? Nein. Ich arbeite nicht hier. Nur vorübergehend. Ich helfe nur, die Sachen rauszuschleppen.“
„Und wohin werden Sie gehen, wenn sie wegziehen?“
„Ich habe keine Ahnung.“
„Was werden Sie tun, wenn noch mehr abwandern?“
„Abwarten.“
Zweifelnd blickte Mr. Mowen nach oben: Er konnte nicht recht sagen, ob die Antwort sich auf ihn oder den jungen Mann selbst bezog. Aber dessen Aufmerksamkeit galt voll und ganz seiner Aufgabe; er sah nicht nach unten.
Er bewegte sich weiter zu den eingepackten Gegenständen auf dem nächsten Flachwagen. Mr. Mowen folgte ihm, blickte zu ihm hinauf und flehte irgendetwas oben in der Luft an: „Habe ich nicht auch Rechte? Ich bin hier geboren. Ich habe erwartet, dass die alten Unternehmen noch hier sind, wenn ich erwachsen bin. Ich habe erwartet, die Firma so führen zu können wie mein Vater. Ein Mensch ist Teil seiner Gemeinschaft, er hat ein Recht, auf sie zu zählen, oder nicht? … Es muss etwas dagegen unternommen werden.“
„Wogegen?“
„Ja, ich weiß, Sie finden das großartig, nicht wahr? – diese Taggart-Hochkonjunktur und Rearden-Metall und den Goldrausch in Colorado und die Orgie von Wyatt und seiner Clique dort draußen, die ihre Produktion hinauffahren wie überkochende Kessel! Jeder findet das ganz großartig, man hört ja nirgends mehr etwas anderes. Die Leute sind regelrecht übermütig, schmieden Pläne wie Sechsjährige in den Ferien; man könnte denken, das ganze Land wäre in den Flitterwochen oder feierte permanent den Unabhängigkeitstag!“
Der junge Mann sagte nichts.
„Nun, ich sehe das nicht so“, sagte Mr. Mowen. Seine Stimme wurde leiser. „Und die Zeitungen schreiben das auch nicht, bedenken Sie das, die Zeitungen sagen gar nichts darüber.“
Mr. Mowen hörte keine Antwort, nur das Klirren von Ketten.
„Warum rennen sie bloß alle nach Colorado?“, fragte er. „Was haben die dort unten, was wir nicht haben?“
Der junge Mann grinste. „Vielleicht ist es etwas, das Sie haben und die dort unten nicht.“
„Was denn?“ Der junge Mann antwortete nicht. „Ich verstehe es nicht. Es ist ein rückschrittlicher, primitiver, unaufgeklärter Staat. Sie haben nicht einmal eine moderne Regierung. Es ist die schlechteste Regierung von allen. Die faulste. Sie tut nichts – außer Gerichte und eine Polizeibehörde zu unterhalten. Sie tut rein gar nichts für die Menschen. Sie hilft niemandem. Ich verstehe nicht, warum all unsere besten Unternehmen dorthin rennen.“
Der junge Mann sah ihn an, antwortete aber nicht.
Mr. Mowen seufzte. „Die Dinge laufen nicht richtig“, sagte er. „Das Chancengleichheitsgesetz war eine vernünftige Idee. Jeder muss seine Chance bekommen. Es ist eine verdammte Schande, wenn Leute wie Quinn das auf unfaire Weise ausnützen. Warum hat er es nicht jemand anderem überlassen, in Colorado Kugellager herzustellen? … Ich wünschte, die Leute in Colorado würden uns in Ruhe lassen. Diese Stockton Foundry dort hatte kein Recht, in das Weichen- und Signalgeschäft einzusteigen. Das ist jahrelang mein Geschäft gewesen. Ich habe das Vorrecht des Älteren, es ist ein unfairer Konkurrenzkampf, Neulinge sollten sich nicht hineindrängen dürfen. Wo soll ich denn meine Weichen und Signale verkaufen? Es gab zwei große Eisenbahnen in Colorado. Jetzt, wo die Phoenix-Durango aus dem Rennen ist, bleibt nur noch Taggart Transcontinental. Es ist nicht fair, dass sie Dan Conway verdrängt haben. Es muss Raum für Wettbewerb geben. … Und ich habe sechs Monate auf eine Stahlbestellung von
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