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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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getroffen.“
    „Warum?“
    „Wegen des Motors.“
    „Des Motors …?“ Er sagte es langsam, auf eine seltsame Weise, als hätte der Gedanke an den Motor ihn plötzlich wieder auf einen Gedanken gebracht, den er vergessen hatte. „Dagny … der Mann, der diesen Motor entwickelt hat … es hat ihn wirklich gegeben, oder?“
    „Ja … natürlich. Was willst du damit sagen?“
    „Ich meine nur, dass … dass es ein schöner Gedanke ist, oder? Auch wenn er jetzt tot ist, er hat einmal gelebt … gelebt, um den Motor zu entwickeln …“
    „Was ist los, Hank?“
    „Nichts. Erzähl mir von dem Motor.“
    Sie erzählte ihm von ihrem Treffen mit Dr. Stadler. Sie stand auf und schritt durch das Zimmer, während sie sprach. Sie konnte nicht stillliegen, weil sie immer eine Welle der Hoffnung und des Tatendranges empfand, wenn es um den Motor ging.
    Das Erste, was er wahrnahm, waren die Lichter der Stadt draußen vor dem Fenster: Es war ihm, als gingen sie eines nach dem anderen an, bis sie zu der großartigen Skyline wurden, die er liebte. Das war sein Eindruck, obwohl er wusste, dass die Lichter die ganze Zeit dagewesen waren. Dann begriff er, dass dieses Etwas, das nun zurückkehrte, sich in seinem Inneren befand: Die Gestalt, die Stück für Stück wieder Form annahm, war seine Liebe zu dieser Stadt. Und er erkannte, dass sie zurückgekehrt war, weil er die Stadt hinter der straffen, schlanken Figur einer Frau sah, die ihren Kopf begeistert hochhielt, als blickte sie in die Ferne, und deren rastlose Schritte das Fliegen ersetzten. Er sah sie an wie eine Fremde; er war sich kaum der Tatsache bewusst, dass sie eine Frau war, aber der Anblick ging in ein Gefühl über, das er in die Worte fasste: Dies ist die Welt mit ihrem Kern, dies hat die Stadt geschaffen. Sie passen zusammen, die kantigen Formen der Gebäude und die kantigen Züge eines Gesichts, in dem nichts anderes mehr liegt als ein Ziel; die aufsteigenden Stahlstufen und die Schritte eines Wesens, das sich entschlossen seinem Ziel zuwendet. So waren sie gewesen, all die Menschen, die gelebt hatten, um das Licht, den Stahl, die Hochöfen, die Motoren zu erfinden – sie waren die Welt, sie , nicht die Männer, die in dunklen Ecken kauerten und halb bettelnd, halb drohend als einzige Begründung ihres Anspruchs auf Leben und Tugend ihre offenen Wunden prahlerisch zur Schau stellten. Konnte er die Welt jenen anderen überlassen, solange er wusste, dass es noch einen einzigen Menschen gab, der den Mut besaß, einen neuen Gedanken zu fassen? Konnte er glauben, dass die Welt den Leidenden, den Jammernden und den Waffen gehörte, solange es einen einzigen Anblick gab, der in ihm diesen belebenden Schub der Bewunderung auslöste? Die Menschen, die Motoren erfanden, existierten, er würde ihre Existenz niemals anzweifeln, es war seine Vorstellung von ihnen gewesen, die den Kontrast so unerträglich gemacht hatte, dass sogar der Hass ein Zeichen seiner Treue zu ihnen und zu einer Welt, die ihnen und ihm gehörte, war.
    „Liebling …“, sagte er, „Liebling …“, als wäre er eben erwacht, als er bemerkte, dass sie aufgehört hatte zu sprechen.
    „Was ist los, Hank?“, fragte sie sanft.
    „Nichts … Du hättest nur Stadler nicht anrufen sollen.“ Sein Gesicht strahlte vor Selbstvertrauen, seine Stimme klang vergnügt, fürsorglich und gütig. Sie konnte nichts anderes entdecken, er sah aus wie immer, nur der gütige Unterton erschien ihr seltsam und neu.
    „Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass ich das nicht hätte tun sollen“, sagte sie, „aber ich wusste nicht, warum.“
    „Ich werde dir sagen, warum.“ Er beugte sich nach vorne. „Was er von dir wollte, war eine Bestätigung, dass er immer noch der Dr. Robert Stadler ist, der er sein sollte, der er aber nicht mehr ist und von dem er weiß, dass er es nicht mehr ist. Er wollte, dass du ihm deinen Respekt zollst, trotz seines Handelns und im Widerspruch dazu. Er wollte, dass du die Wahrheit für ihn verdrehst, damit seine Größe erhalten bleibt, während das State Science Institute ausgelöscht wird, als hätte es niemals existiert. Und du bist der einzige Mensch, der das für ihn tun konnte.“
    „Warum ich?“
    „Weil du das Opfer bist.“
    Erstaunt sah sie ihn an. Er sprach entschlossen; er spürte eine plötzliche überwältigende Klarheit der Wahrnehmung, als schlüge eine Welle der Energie mitten in sein Sichtfeld und verschmölze das halb Gesehene und halb Begriffene zu einer

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