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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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zu vergleichen. Seine Haltung war nicht: „Ich kann es besser als du“, sondern einfach: „Ich kann es.“ Und unter Können verstand er, etwas perfekt zu machen.
    Ganz egal, welche Fertigkeit der ausgeklügelte Bildungsplan seines Vaters für ihn vorsah, egal, welches Fach ihm zu studieren aufgetragen wurde, er meisterte es mühelos und voll Freude. Sein Vater liebte ihn innig, verbarg es aber sorgsam, wie er auch seinen Stolz darüber verbarg, dass er die herausragendste Erscheinung einer herausragenden Familie großzog. Francisco, so sagte man, würde sich zum Zenit der D’Anconia-Dynastie entwickeln.
    „Ich habe keine Ahnung, welches Motto die d’Anconias auf ihr Familienwappen geschrieben haben“, sagte Mrs. Taggart einmal, „aber ich bin sicher, Francisco wird es in ‚Wozu?‘ umändern.“ Das war die erste Frage, die er angesichts jeder Tätigkeit, die ihm vorgeschlagen wurde, stellte, und nichts konnte ihn bewegen, etwas zu tun, solange er keine gültige Antwort darauf gefunden hatte. Er flog wie eine Rakete durch die Tage des Sommermonats, doch wenn ihn jemand mitten im Flug aufhielt, konnte er zu jedem beliebigen Augenblick den Zweck seines Tuns nennen. Es gab zwei Dinge, die er nicht konnte: stillstehen oder sich ohne ein Ziel bewegen.
    „Finden wir es heraus“, war das Motto, das er bei all seinen Unternehmungen für Dagny und Eddie parat hatte, oder: „Das schaffen wir“. Für ihn war das die einzige Form von Vergnügen.
    „Ich kann das“, sagte er, als er seinen Aufzug baute, indem er sich an einem Felsen festklammerte und Metallkeile in den Stein trieb. Seine Arme bewegten sich mit dem Gleichmaß eines Fachmanns, während einige Tropfen Blut unbemerkt durch einen Verband an seinem Handgelenk sickerten. „Nein, Eddie, wir können uns nicht abwechseln. Du bist noch nicht groß genug, um mit einem Hammer umzugehen. Bring einfach das Grünzeug weg und halt mir den Weg frei, ich kümmere mich um den Rest. … Welches Blut? Ach, das ist gar nichts. Nur ein kleiner Schnitt, den ich mir gestern geholt habe. Dagny, lauf doch zum Haus und hol mir einen sauberen Verband.“
    Jim beobachtete sie. Sie kümmerten sich nicht um ihn, aber sie sahen ihn oft in der Ferne stehen und Francisco seltsam angespannt beobachten.
    In Franciscos Anwesenheit sprach er wenig. Aber er bedrängte Dagny und sagte verächtlich lachend: „Wie du dich aufspielst! Du tust so, als wärst du eine eiserne Frau mir einem eigenen Verstand. Dabei bist du nichts als ein rückgratloser Waschlappen! Es ist widerlich, wie du dich von diesem eingebildeten Spinner herumkommandieren lässt. Er wickelt dich um den kleinen Finger. Hast du denn überhaupt keinen Stolz? Wie du gleich rennst, wenn er pfeift, und wie du auf ihn wartest! Warum putzt du ihm nicht auch noch die Schuhe?“ „Weil er mich nicht darum gebeten hat“, erwiderte sie.
    Francisco hätte jede Art von Wettbewerb in der Gegend gewinnen können. Aber er meldete sich nie für einen an. Er hätte der König des Kinder-Country-Clubs werden können, aber er ließ sich nie in der Nähe des Clubhauses blicken und ignorierte alle eifrigen Versuche, den berühmtesten Erben der Welt als Mitglied zu gewinnen. Dagny und Eddie waren seine einzigen Freunde. Sie konnten nicht sagen, ob sie ihn besaßen oder ob er sie mit Haut und Haaren besaß. Es machte keinen Unterschied, so oder so machte die Vorstellung sie glücklich.
    Jeden Morgen machten die drei sich auf, ihre ganz eigenen Abenteuer zu erleben. Einmal sah sie ein älterer Literaturprofessor, ein Freund von Mrs. Taggart, auf einem Schrottplatz, wie sie oben auf einem Metallhaufen das Wrack eines Automobils auseinandernahmen. Er blieb kopfschüttelnd stehen und sagte zu Francisco: „Ein junger Mann in Ihrer Position sollte seine Zeit in Bibliotheken verbringen und die Kultur der Menschheit in sich aufnehmen.“ „Was glauben Sie denn, was ich hier mache?“, erwiderte Francisco.
    In der näheren Umgebung gab es keine Fabriken, aber Francisco zeigte Dagny und Eddie, wie man sich ohne zu bezahlen in Taggart-Züge schleichen konnte, die in entfernte Städte fuhren. Dort kletterten sie über die Zäune von Fabrikgeländen, hockten auf Fensterbänken und sahen Maschinen bei der Arbeit zu, wie andere Kinder Kinofilme sahen. „Wenn ich einmal Taggart Transcontinental leite …“, sagte Dagny manchmal. „Wenn ich einmal D’Anconia Copper leite …“, sagte Francisco. Den Rest mussten sie einander nicht erklären, sie kannten

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