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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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irgendjemanden zu wenden, lass ihn nicht davon erfahren, lass es ihn nicht wissen. … Dann sah sie ein anderes Gesicht vor sich, ein Gesicht mit unerschrockenen grünen Augen, das mit einer Stimme, die durch die Achtung vor Tatsachen unversöhnlich geworden war, zu ihr sagte: „Sie werden davon erfahren müssen. … Sie werden von jedem Unglück erfahren. Sie werden von jedem Zug erfahren, der aufgegeben wird. … Niemand bleibt in diesem Tal, indem er die Wirklichkeit in irgendeiner Weise verfälscht. …“ Dann saß sie still, ohne etwas zu sehen oder zu hören, mit nichts außer diesem gewaltigen Schmerz – bis sie den vertrauten Ruf vernahm, der zu einer Droge geworden war, die alle Gefühle ausschaltete und nur die Fähigkeit zu handeln zuließ: „Miss Taggart, wir wissen nicht, was wir tun sollen!“ – und sie sprang auf, um zu reagieren.
    „Der Volksstaat Guatemala“, schrieben die Zeitungen am 26. Januar, „lehnt das Gesuch der Vereinigten Staaten, ihnen vorübergehend eintausend Tonnen Stahl zu überlassen, ab.“
    In der Nacht des 3. Februar flog ein junger Pilot seine übliche wöchentliche Strecke von Dallas nach New York City. Als er die leere Dunkelheit jenseits von Philadelphia erreicht hatte, wo die Flammen von Rearden Steel über Jahre hinweg sein liebster Orientierungspunkt gewesen waren, sein Gruß in der Einsamkeit der Nacht, das Leuchtfeuer einer lebendigen Erde, sah er eine schneebedeckte Ebene, die leichenblass und kalt das Licht der Sterne reflektierte, eine Fläche von Hügeln und Kratern, die aussah wie eine Mondlandschaft. Am nächsten Morgen reichte er seine Kündigung ein.
    Durch eisige Nächte, über sterbende Städte hinweg, vergebens an taube Fenster klopfend, gegen stumme Wände schlagend, über die Dächer unbeleuchteter Häuser und die Balkenskelette von Ruinen emporsteigend tönte weiter die flehentliche Bitte durch den Raum, appellierte an die gleichbleibenden Bahnen der Sterne, an das kalte Feuer ihres Funkelns: „Können Sie uns hören, John Galt? Können Sie uns hören?“
    „Miss Taggart, wir wissen nicht, was wir tun sollen“, sagte Mr. Thompson. Er hatte sie anlässlich einer seiner überstürzten Reisen nach New York zu einer persönlichen Besprechung geladen. „Wir sind bereit aufzugeben, seinen Bedingungen Folge zu leisten und ihm die Führung zu überlassen – aber wo steckt er?“
    „Zum dritten Mal“, entgegnete sie mit ausdruckslosem Gesicht und empfindungsloser Stimme, „ich weiß nicht, wo er ist. Wie kommen Sie darauf, dass ich es wissen könnte?“
    „Nun, ich wusste es nicht; ich musste es versuchen … Ich dachte, nur für den Fall … Ich dachte, falls Sie eine Möglichkeit haben, ihn zu erreichen …“
    „Das habe ich nicht.“
    „Wissen Sie, wir können nicht kundgeben, dass wir gewillt sind, ganz aufzugeben, nicht einmal über Kurzwelle. Das Volk könnte es hören. Aber wenn Sie eine Möglichkeit hätten, ihn zu erreichen, ihn wissen zu lassen, dass wir bereit sind aufzugeben, unsere Politik zu verwerfen, alles zu tun, was er von uns verlangt …“
    „Wie ich schon sagte, ich habe keine.“
    „Wenn er sich nur zu einer Besprechung bereit erklären würde, nur zu einer Besprechung, das würde ihn doch zu nichts verpflichten, oder? Wir wären gewillt, ihm die gesamte Wirtschaft zu überlassen – wenn er uns nur sagen würde, wann, wo und wie. Wenn er uns irgendein Wort oder Zeichen gäbe … wenn er uns antworten würde … Warum antwortet er nicht?“
    „Sie haben doch seine Rede gehört.“
    „Aber was sollen wir tun? Wir können doch nicht einfach zurücktreten und das Land ohne Regierung sich selbst überlassen. Mich schaudert, wenn ich daran denke, was dann passieren würde. Mit den asozialen Elementen, die derzeit auf freiem Fuß sind – nun, Miss Taggart, mir bleibt nichts anderes übrig, als dafür zu sorgen, dass sie nicht aus der Reihe tanzen, sonst gäbe es am helllichten Tag Mord und Totschlag. Ich weiß nicht, was in die Menschen gefahren ist, aber sie sind offenbar keine zivilisierten Wesen mehr. Wir können in einer solchen Zeit nicht zurücktreten. Wir können weder zurücktreten noch weitermachen. Was sollen wir tun, Miss Taggart?“
    „Fangen Sie an, die Zwangsbewirtschaftung aufzuheben.“
    „Was?“
    „Fangen Sie an, Steuern aufzuheben und Beschränkungen abzuschaffen.“
    „Oh nein, nein, nein! Das kommt nicht in Frage!“
    „Für wen kommt es nicht in Frage?“
    „Ich meine, nicht in einer solchen Zeit,

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