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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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können Sie es mir nicht anbieten“, sagte Galt leise.
    In seiner Stimme lag etwas, das Mr. Thompson veranlasste, ihm ruckartig den Blick zuzuwenden, dann aber noch abrupter wegzuschauen. Galts Lächeln wirkte beinahe sanft.
    „Verstehen Sie jetzt, was ich gemeint habe, als ich sagte, eine Null könne kein Pfandrecht auf das Leben erkaufen?“, fragte Galt. „Ich bin derjenige, der Ihnen ein solches Pfandrecht anbieten müsste – aber ich weigere mich. Die Aufhebung Ihrer Drohung stellt keine Zahlung dar, die Negierung eines Negativums stellt keinen Lohn dar, der Rückzug Ihrer bewaffneten Schläger stellt keinen Anreiz dar, das Angebot, mich nicht zu ermorden, stellt keinen Wert dar.“
    „Wer … wer spricht denn davon, Sie zu ermorden?“
    „Wer spricht denn von irgendetwas anderem? Würden Sie mich nicht mit vorgehaltener Pistole, unter Androhung des Todes zwingen hierzubleiben, hätten Sie überhaupt keine Gelegenheit, mit mir zu reden. Das ist aber auch alles , was Ihre Waffen erreichen können. Ich bezahle nicht für die Aufhebung von Drohungen. Ich kaufe mein Leben niemandem ab.“
    „Das stimmt nicht“, sagte Mr. Thompson strahlend. „Wenn Sie ein gebrochenes Bein hätten, würden Sie einen Arzt bezahlen, um es schienen zu lassen.“
    „Nicht wenn er derjenige war, der es gebrochen hat.“ Er lächelte über Mr. Thompsons Sprachlosigkeit. „Ich bin ein praktischer Mensch, Mr. Thompson. Ich halte es für unpraktisch, einem Menschen Geltung zu verschaffen, dessen einzige Erwerbsquelle das Brechen meiner Knochen ist. Ich halte es für unpraktisch, die Erpressung von Schutzgeldern zu unterstützen.“
    Mr. Thompson blickte nachdenklich und schüttelte dann den Kopf. „Ich finde nicht, dass Sie praktisch vorgehen“, sagte er. „Ein praktischer Mensch ignoriert nicht die Tatsachen. Er vergeudet seine Zeit nicht damit, sich zu wünschen, die Dinge wären anders, oder zu versuchen, sie zu ändern. Er nimmt die Dinge so, wie sie sind. Wir halten Sie gefangen. Das ist eine Tatsache. Ob es Ihnen gefällt oder nicht, es ist eine Tatsache. Und Sie sollten sich dementsprechend verhalten.“
    „Ich verhalte mich dementsprechend.“
    „Ich meine, Sie sollten kooperieren. Sie sollten die gegebene Situation erkennen, sie akzeptieren und sich darauf einstellen.“
    „Wenn Sie eine Blutvergiftung hätten, würden Sie sich darauf einstellen, oder würden Sie etwas unternehmen, um sie loszuwerden?“
    „Ach, das ist etwas anderes! Das ist physisch!“
    „Sie meinen also, physische Tatsachen ließen sich korrigieren, Ihre Launen jedoch nicht?“
    „Was?“
    „Sie meinen, die physische Natur ließe sich dem Menschen anpassen, Ihre Launen stünden aber über den Naturgesetzen, sodass die Menschen sich Ihnen anpassen müssen?“
    „Ich meine, dass ich die Oberhand habe!“
    „Mit einer Waffe darin?“
    „Ach, vergessen Sie die Waffen! Ich …“
    „Ich kann eine Tatsache nicht vergessen, Mr. Thompson. Das wäre unpraktisch.“
    „Also gut: Ich habe eine Waffe in der Hand. Was wollen Sie dagegen unternehmen?“
    „Ich werde mich dementsprechend verhalten. Ich werde Ihnen gehorchen.“
    „Was?“
    „Ich werde alles tun, was Sie von mir verlangen .“
    „Ist das Ihr Ernst?“
    „Das ist mein Ernst. Ich meine es wortwörtlich .“ Er sah, wie die Aufregung auf dem Gesicht von Mr. Thompson allmählich einem Ausdruck der Verwirrung wich. „Ich werde jede Bewegung ausführen, die Sie mir befehlen. Wenn Sie mir befehlen, das Büro eines Wirtschaftsdiktators zu beziehen, werde ich das Büro beziehen. Wenn Sie mir befehlen, an einem Schreibtisch zu sitzen, werde ich an dem Schreibtisch sitzen. Wenn Sie mir befehlen, eine Richtlinie zu erlassen, werde ich die Richtlinie entsprechend Ihrem Befehl erlassen.“
    „Aber ich weiß doch nicht, welche Richtlinien erlassen werden müssen!“
    „Ich auch nicht.“
    Es entstand eine lange Pause.
    „Nun?“, fragte Galt. „Wie lauten Ihre Befehle?“
    „Ich will, dass Sie die Wirtschaft des Landes retten!“
    „Ich weiß nicht, wie man sie rettet.“
    „Ich will, dass Sie eine Möglichkeit finden!“
    „Ich weiß nicht, wie man sie findet.“
    „Ich will, dass Sie nachdenken!“
    „Wie wird Ihre Pistole mich dazu veranlassen, Mr. Thompson?“
    Mr. Thompson sah ihn schweigend an – und Galt sah in seinen zusammengepressten Lippen, seinem vorstehenden Kinn und seinen verkniffenen Augen den Ausdruck eines Halbstarken, der im Begriff ist, jenes philosophische

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