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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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Argument zu äußern, das in dem Satz ausgedrückt ist: Ich werde dir die Zähne einschlagen. Galt lächelte und schaute ihn geradewegs an, als hätte er den unausgesprochenen Satz gehört und würde ihn unterstreichen. Mr. Thompson wandte den Blick ab.
    „Nein“, sagte Galt, „Sie wollen nicht, dass ich nachdenke. Wenn man einen Menschen zwingt, seiner eigenen Entscheidung und seinem eigenen Urteil zuwiderzuhandeln, verbietet man ihm das Nachdenken. Man will aus ihm einen Roboter machen. Ich werde mich fügen.“
    Mr. Thompson seufzte. „Ich verstehe das nicht“, sagte er im Tonfall ungeheuchelter Hilflosigkeit. „Irgendetwas stimmt nicht, aber ich weiß nicht, was es ist. Weshalb sollten Sie Unannehmlichkeiten herausfordern? Mit einem Verstand wie dem Ihren – könnten Sie jeden bezwingen. Ich komme gegen Sie nicht an, und das wissen Sie. Weshalb tun Sie nicht so, als würden Sie sich uns anschließen, um dann die Oberhand zu gewinnen und mich auszubooten?“
    „Aus demselben Grund, aus dem Sie mir dieses Angebot machen: weil Sie gewinnen würden.“
    „Was?“
    „Weil Ihresgleichen sich seit Jahrhunderten allein deswegen alles erlauben kann, weil diejenigen, die Ihnen überlegen sind, versuchen, Sie nach Ihren Spielregeln zu besiegen. Wer von uns würde gewinnen, wenn ich mit Ihnen um die Befehlsgewalt über Ihre Muskelmänner konkurrieren wollte? Selbstverständlich könnte ich so tun, als ob – und ich würde damit weder Ihre Wirtschaft noch Ihr System retten, denn nichts kann sie jetzt mehr retten –, aber ich würde dabei zugrunde gehen, und Sie würden dasselbe gewinnen, was Sie immer gewonnen haben: einen Aufschub, eine weitere Galgenfrist von einem Jahr – oder einem Monat –, erkauft um den Preis jeder Hoffnung und Mühe, die sich noch aus den besten übrig gebliebenen Menschen in Ihrer Umgebung herauspressen lassen, einschließlich mir. Mehr wollen Sie nicht, und mehr können Sie nicht erreichen. Einen Monat? Sie wären schon mit einer Woche zufrieden – denn Sie sind sich absolut sicher, dass sich danach immer wieder ein neues Opfer finden wird. Aber Sie haben Ihr letztes Opfer gefunden – das einzige, das sich weigert, seine ihm zugedachte historische Rolle zu spielen. Das Spiel ist aus, mein Freund.“
    „Ach, das ist doch reine Theorie!“, schnauzte Mr. Thompson ihn ein wenig zu hitzig an. Seine Augen wanderten im Zimmer umher, als könnte er damit ein Auf- und Abgehen ersetzen, dann blickte er auf die Tür, als sehnte er sich danach zu fliehen. „Sie sagen also, wir werden untergehen, wenn wir unser Regierungssystem nicht aufgeben?“, fragte er.
    „Ja.“
    „Und da wir Sie gefangen halten, werden Sie mit uns untergehen?“
    „Möglicherweise.“
    „Wollen Sie denn nicht leben?“
    „Doch, leidenschaftlich gern.“ Er sah ein flüchtiges Funkeln in den Augen von Mr. Thompson und lächelte. „Ich sage Ihnen noch etwas: Ich weiß, dass mein Wunsch zu leben weitaus stärker ist als Ihrer. Ich weiß, dass Sie genau darauf zählen. Ich weiß, dass Sie im Grunde überhaupt nicht leben wollen. Ich schon. Und gerade weil ich es so sehr will, werde ich keinen Ersatz dafür annehmen.“
    Mr. Thompson sprang auf. „Das ist nicht wahr!“, rief er. „Dass ich nicht leben will – das ist nicht wahr! Wie können Sie so reden?“ Er stand leicht verkrampft da, als fröstelte ihn plötzlich. „Warum sagen Sie so etwas? Ich weiß nicht, was Sie meinen!“ Er wich einige Schritte zurück. „Und es stimmt auch nicht, dass ich ein Revolverheld bin. Das bin ich nicht. Ich habe nicht vor, Ihnen etwas anzutun. Ich habe nie jemandem etwas antun wollen. Ich will gemocht werden. Ich will Ihr Freund sein … Ich will Ihr Freund sein!“, rief er in den Raum hinein.
    Galts Augen beobachteten ihn ausdruckslos. Sie gaben ihm keinen Hinweis darauf, was sie sahen, sondern ließen nur erkennen, dass sie etwas sahen.
    Mr. Thompson verfiel plötzlich in unnötige geschäftige Bewegungen, als wäre er in Eile. „Ich muss jetzt gehen“, sagte er. „Ich … ich habe so viele Termine. Wir reden ein andermal weiter. Denken Sie darüber nach. Lassen Sie sich Zeit. Ich will Sie nicht unter Druck setzen. Entspannen Sie sich, lassen Sie es ruhig angehen, und fühlen Sie sich wie zu Hause. Bestellen Sie alles, was Sie wollen – Speisen, Getränke, Zigaretten, von allem das Beste!“ Er wies mit einer Handbewegung auf Galts Kleidung. „Ich werde den teuersten Schneider der Stadt beauftragen, Ihnen ein paar

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