Der Streik
er erstaunt hinzu. „Ja … ja, ich glaube, das hat es.“
„Was ist denn mit Ihnen los? Hat er Sie etwa herumgekriegt? Lassen Sie sich von ihm auf seine Seite ziehen?“
„Meinen Sie mich?“ Kinnan lachte freudlos. „Was sollte er mit mir schon anfangen? Ich werde als Erster vor die Hunde gehen, wenn er gewinnt. … Es ist nur …“ – er blickte wehmütig zur Decke – „es ist nur so, dass er Klartext redet.“
„Er wird nicht gewinnen!“, schnauzte Mr. Thompson. „Das kommt nicht infrage!“
Es entstand eine lange Pause.
„In West Virginia finden Hungerrevolten statt“, sagte Wesley Mouch. „Und die Farmer in Texas haben …“
„Mr. Thompson!“, sagte Chick Morrison verzweifelt. „Vielleicht … vielleicht sollten wir ihn der Öffentlichkeit zeigen … anlässlich einer Massenkundgebung … oder vielleicht im Fernsehen … sie sollen ihn nur sehen, damit sie glauben, dass wir ihn tatsächlich haben. … Das würde den Menschen Hoffnung geben, zumindest für eine kleine Weile … wir würden dadurch ein wenig Zeit gewinnen. …“
„Zu riskant“, schnauzte Dr. Ferris. „Halten Sie ihn von der Öffentlichkeit fern. Es gibt nichts, wozu er nicht imstande wäre.“
„Er muss nachgeben“, sagte Mr. Thompson dickköpfig. „Er muss sich mit uns zusammentun. Einer von Ihnen muss …“
„Nein!“, schrie Eugene Lawson. „Ich nicht! Ich will ihn überhaupt nicht sehen! Nicht ein einziges Mal! Ich will es nicht glauben müssen!“
„Was?“, fragte James Taggart; seine Stimme hatte einen Unterton von gefährlichem, rücksichtslosem Spott. Lawson antwortete nicht. „Wovor haben Sie Angst?“ Die Verachtung in Taggarts Stimme klang übertrieben, als verleitete ihn der Anblick eines noch ängstlicheren Menschen dazu, seiner eigenen Angst zu trotzen. „Was ist es, das zu glauben Sie sich fürchten, Gene?“
„Ich werde es nicht glauben! Auf keinen Fall!“ Lawson knurrte und winselte zugleich. „Ihr könnt mir meinen Glauben an die Menschheit nicht nehmen! Ihr solltet nicht zulassen, dass ein solcher Mensch überhaupt möglich ist! Ein unbarmherziger Egoist, der …“
„Sie sind ein feiner Haufen Intellektueller“, sagte Mr. Thompson verächtlich. „Ich dachte, Sie könnten mit ihm in seiner Sprache reden – aber er jagt Ihnen allen Angst ein. Ideen? Wo bleiben Ihre Ideen? Tun Sie etwas! Bringen Sie ihn auf unsere Seite! Überzeugen Sie ihn!“
„Das Problem ist, dass er nichts will“, sagte Mouch. „Was können wir jemandem bieten, der nichts will?“
„Sie meinen, was können wir jemandem bieten, der leben will?“, sagte Kinnan.
„Halten Sie den Mund!“, schrie James Taggart. „Warum sagen Sie das? Wie kommen Sie dazu?“
„Warum schreien Sie?“, fragte Kinnan.
„Seien Sie ruhig, alle miteinander!“, befahl Mr. Thompson. „Sie sind großartig darin, miteinander zu streiten, aber sobald Sie es mit einem echten Mann aufnehmen sollen …“
„Also hat er auch Sie in der Tasche?“, brüllte Lawson.
„Ach, halten Sie die Luft an“, sagte Mr. Thompson matt. „Er ist der härteste Bursche, mit dem ich es je zu tun gehabt habe. Das können Sie nicht begreifen. Er ist knallhart …“ In seiner Stimme lag nun ein bewundernder Unterton. „Knallhart …“
„Es gibt Möglichkeiten, harte Burschen zu überzeugen“, bemerkte Dr. Ferris beiläufig und affektiert, „wie ich Ihnen bereits erklärt habe.“
„Nein!“, schrie Mr. Thompson. „Nein! Halten Sie den Mund! Ich werde mir das nicht anhören! Ich will nichts davon hören!“ Seine Hände fuchtelten aufgeregt, als wollten sie irgendetwas wegwischen, das er nicht auszusprechen wagte. „Ich habe ihm gesagt … dass es nicht stimmt … dass wir keine … dass ich kein …“ Er schüttelte heftig den Kopf, als stellten seine eigenen Worte eine beispiellose Gefahr dar. „Nein, meine Herren, schauen Sie, ich will damit sagen, dass wir praktisch vorgehen müssen … und vorsichtig. Verdammt vorsichtig. Wir müssen die Sache friedlich regeln. Wir können es uns nicht leisten, ihn gegen uns aufzubringen … oder ihn zu verletzen. Wir dürfen es nicht riskieren, dass … ihm etwas zustößt. Denn … denn ohne ihn sind auch wir erledigt. Er ist unsere letzte Hoffnung. Machen Sie sich da nichts vor. Wenn er verschwindet, gehen wir unter. Das wissen Sie alle.“ Sein Blick ging vom einen zum anderen: Sie wussten es.
Am nächsten Morgen fiel der Graupel auf Titelblätter, die verkündeten, es habe am Nachmittag
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