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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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stimmt“, sagte der Mann blinzelnd.
    „Dann finden Sie es heraus!“
    „Wie soll ich es herausfinden?“
    „Ich befehle Ihnen, den Apparat zu reparieren! Haben Sie mich verstanden? Bringen Sie ihn in Gang – sonst entlasse ich Sie und werfe Sie ins Gefängnis!“
    „Aber ich weiß nicht, was damit nicht stimmt.“ Der Mann seufzte verwirrt. „Ich weiß nicht, was ich tun soll.“
    „Es ist der Oszillator, der defekt ist“, sagte eine Stimme hinter ihnen. Sie drehten sich blitzschnell um. Galt rang nach Luft, aber er sprach im brüsken, kompetenten Ton eines Ingenieurs. „Nehmen Sie ihn heraus und öffnen Sie den Aluminiumdeckel. Sie werden zwei zusammengeschweißte Kontakte vorfinden. Ziehen Sie sie auseinander und reinigen Sie die erodierten Oberflächen mit einer kleinen Feile. Anschließend setzen Sie den Deckel wieder auf und schließen den Oszillator an den Apparat an – Ihr Generator wird wieder funktionieren.“
    Eine ganze Zeit lang herrschte vollkommene Stille.
    Der Mechaniker starrte Galt an. Ihre Blicke trafen sich, und selbst er war in der Lage, das Funkeln in den dunkelgrünen Augen zu deuten: Es war verächtlicher Hohn.
    Er trat einen Schritt zurück. In der Trübheit seines diffusen Bewusstseins begriff selbst er in irgendeiner wortlosen, formlosen und unverständlichen Weise plötzlich die Bedeutung dessen, was in diesem Keller vonstatten ging.
    Er blickte zuerst Galt an, dann die drei Männer, dann den Apparat. Ihn schauderte. Er ließ die Zange fallen und rannte hinaus.
    Galt brach in Gelächter aus.
    Die drei Männer zogen sich langsam von dem Apparat zurück. Sie wehrten sich dagegen, das zu verstehen, was der Mechaniker verstanden hatte.
    „Nein!“, schrie Taggart plötzlich, indem er Galt ansah und nach vorn sprang. „Nein! Ich lasse ihn damit nicht davonkommen!“ Er fiel auf die Knie und tastete nervös nach dem Aluminiumzylinder des Oszillators. „ Ich werde ihn reparieren! Ich werde es selbst in die Hand nehmen! Wir müssen weitermachen! Wir müssen ihn brechen!“
    „Beruhigen Sie sich, Jim“, sagte Ferris unsicher, indem er ihn auf die Beine zog.
    „Sollen wir … sollen wir nicht lieber für heute Abend Schluss machen?“, flehte Mouch. Er blickte halb neidisch, halb panisch zur Tür, durch die der Mechaniker geflohen war.
    „Nein!“, schrie Taggart.
    „Jim, hat er nicht genug abbekommen? Vergessen Sie nicht, dass wir vorsichtig sein müssen.“
    „Nein! Er hat noch nicht genug abbekommen! Er hat noch nicht einmal geschrien!“
    „Jim!“, rief Mouch plötzlich. Irgendetwas in Taggarts Gesichtsausdruck flößte ihm Entsetzen ein. „Wir können es uns nicht erlauben, ihn zu töten! Das wissen Sie!“
    „Das ist mir egal! Ich will ihn brechen! Ich will ihn schreien hören! Ich will …“
    Und dann war es Taggart, der schrie. Es war ein langer, unvermittelter, gellender Schrei, als hätte er plötzlich etwas gesehen, obgleich seine Augen in den Raum starrten und leer und blind wirkten. Was er sah, spielte sich vor seinem inneren Auge ab. Die Schutzmauern der Gefühle, der Ausflüchte, der Verstellung, des Halbdenkens und der Pseudoworte, die er sein Leben lang aufgebaut hatte, waren in einem Augenblick zusammengebrochen – in dem Augenblick, in dem ihm klar wurde, dass er Galt tot sehen wollte, auch wenn er wusste, dass darauf sein eigener Tod folgen würde.
    Plötzlich erkannte er den Beweggrund, der sämtlichen Handlungen in seinem Leben zugrunde gelegen hatte. Es war weder seine geheimnisvolle Seele noch seine Nächstenliebe, seine soziale Pflicht oder irgendeiner der Vorwände, mittels derer er seine Selbstachtung gewahrt hatte: Es war die Lust an der Zerstörung all dessen, was lebte, zugunsten all dessen, was nicht lebte. Es war der Drang, der Wirklichkeit durch die Zerstörung eines jeden lebendigen Wertes zu trotzen, um sich selbst zu beweisen, dass er unter Missachtung der Wirklichkeit leben konnte und niemals an irgendwelche handfesten, unveränderlichen Tatsachen gebunden sein würde. Noch vor einem Augenblick war er in der Lage gewesen zu glauben, dass er Galt mehr hasste als irgendeinen anderen Menschen, dass sein Hass Galts Bosheit bewies, die er nicht näher definieren musste, und dass er Galt um seines eigenen Überlebens willen vernichten wollte. Jetzt wusste er, dass er Galts Vernichtung wollte, obwohl sie seine eigene Vernichtung zur Folge haben würde, er wusste, dass er nie wirklich hatte überleben wollen, er wusste, dass es Galts Größe war,

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