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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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die er foltern und zerstören wollte – er musste selbst zugeben, dass es Größe war, und zwar nach dem einzigen Maßstab, den es gab, unabhängig davon, ob andere ihn anerkannten oder nicht: die Größe eines Menschen, der in einer Art und Weise über die Wirklichkeit gebot wie kein anderer vor ihm. In dem Augenblick, in dem er, James Taggart, sich vor die Wahl gestellt gesehen hatte, die Wirklichkeit zu akzeptieren oder zu sterben, hatte sein Gefühl den Tod vorgezogen. Eher wollte er sterben, als sich dem Reich zu ergeben, aus dem Galt so strahlend hervorgegangen war. Er wusste, dass er in der Person Galts alles Dasein hatte auslöschen wollen.
    Diese Erkenntnis bot sich seinem Bewusstsein nicht explizit: Sein gesamtes Wissen hatte immer schon aus Gefühlen bestanden, und auch jetzt waren es ein Gefühl und eine Vorstellung, die ihn ergriffen und die er nicht zerstreuen konnte. Er war nicht mehr in der Lage, den Nebel heraufzubeschwören, der bisher die Sicht auf all jene Sackgassen versperrt hatte, die er nie zu sehen gezwungen sein wollte: Nun, da er am Ende einer jeden Sackgasse angekommen war, sah er seinen Hass auf das Dasein; er sah das Gesicht von Cherryl Taggart mit ihrer heiteren Lebenslust und dass es gerade diese Lust war, die er immer hatte zerstören wollen; er sah sein eigenes Gesicht als das eines Mörders, den jedermann zu Recht verabscheuen musste, der Werte um ihrer selbst willen zerstörte, der tötete, um seinen eigenen unrettbar bösen Charakter nicht erkennen zu müssen.
    „Nein …“, stöhnte er angesichts dieser Vision und schüttelte seinen Kopf, um ihr zu entkommen. „Nein … nein …“
    „Doch“, sagte Galt.
    Er sah Galts Augen, die geradewegs in seine eigenen Augen blickten, als sähe Galt all die Dinge, die er selbst sah.
    „Ich habe es Ihnen im Radio gesagt, nicht wahr?“, sagte Galt.
    Das war der Stempel, den James Taggart gefürchtet hatte und vor dem es kein Entrinnen gab: der Stempel und Ausweis von Objektivität. „Nein …“, sagte er noch einmal schwach, aber seine Stimme war schon nicht mehr die eines bewussten Lebewesens.
    Er stand einen Augenblick lang da und starrte ins Leere, dann gaben seine Beine nach, knickten ein, und er hockte auf dem Boden, noch immer vor sich hinstarrend, doch ohne sich seiner Handlungen oder Umgebung bewusst zu sein.
    „Jim …!“, rief Mouch. Es kam keine Antwort.
    Mouch und Ferris fragten nicht und wunderten sich nicht, was mit Taggart geschehen war: Sie wussten, dass sie niemals versuchen durften, es in Erfahrung zu bringen, da ihnen sonst das gleiche Schicksal drohte. Sie wussten, wer in dieser Nacht gebrochen worden war. Sie wussten, dass dies das Ende von James Taggart war, unabhängig davon, ob sein Körper weiterlebte.
    „Lassen Sie … Lassen Sie uns Jim hier hinausschaffen“, sagte Ferris bebend. „Bringen wir ihn zu einem Arzt … oder irgendwohin …“
    Sie halfen Taggart auf die Beine; er leistete keinen Widerstand, er gehorchte lethargisch und bewegte die Füße, wenn er geschoben wurde. Er war es, der den Zustand erreicht hatte, in den er Galt hatte versetzen wollen. Seine beiden Freunde hielten ihn links und rechts am Arm und geleiteten ihn hinaus.
    Er erlöste sie von der Notwendigkeit, sich selbst gegenüber einzugestehen, dass sie Galts Blicken entkommen wollten. Galt beobachtete sie mit nüchternem und scharfem Blick.
    „Wir kommen wieder“, fuhr Ferris den obersten Wachmann an. „Sie bleiben hier und gewähren niemandem Eintritt. Kapiert? Niemandem.“
    Sie schoben Taggart in ihr Auto, das sie bei den Bäumen am Eingang abgestellt hatten. „Wir kommen wieder“, sagte Ferris zu niemand Bestimmtem, zu den Bäumen und zu der Dunkelheit des Himmels.
    In diesem Augenblick wussten sie nur, dass sie dem Keller entkommen mussten – dem Keller, in dem sie den lebendigen Generator zurückließen, der gefesselt neben dem toten lag.

X. Im Namen des Besten in uns
    D agny ging geradewegs auf den Wachposten zu, der an der Tür von „Projekt F“ stand. Ihre Schritte waren in der Stille des von Bäumen gesäumten Weges deutlich zu hören und klangen entschlossen, gleichmäßig und energisch. Sie hob ihren Kopf, sodass er im Mondlicht ihr Gesicht erkennen konnte.
    „Lassen Sie mich hinein“, sagte sie.
    „Zutritt verboten“, antwortete er mechanisch wie ein Roboter. „Befehl von Dr. Ferris.“
    „Ich komme auf Befehl von Mr. Thompson.“
    „Hä? … Davon … davon ist mir nichts bekannt.“
    „Mir

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