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Der stumme Ruf der Nacht

Titel: Der stumme Ruf der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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eine Verdächtige geküsst.
    Und nicht nur das. Es hatte nicht viel gefehlt, und er wäre mit ihr ins Bett gegangen.
    Fünf Jahre hatte er daran gearbeitet, um ins Morddezernat zu kommen. Jetzt endlich hatte er es geschafft, und schon beim ersten Job hätte er das beinahe aufs Spiel gesetzt.
    Sie war eine Verdächtige. Er spürte, nein, wusste, dass sie Alvin nicht erschossen hatte. Aber mit dieser Meinung stand er ziemlich alleine da. Cernak war von ihrer Schuld überzeugt und hatte auch deutlich gemacht, dass Will ihr ein Geständnis entlocken sollte. Aber Will brachte es nicht übers Herz, sie dazu zu verführen, weil er – trotz ihrer Lügen – fast zu hundert Prozent von ihrer Unschuld überzeugt war.
    Doch vielleicht irrte er sich. Vielleicht ließ allein der Gedanke an Sex mit einer so erotischen Frau wie Courtney Glass bei ihm alle Sicherungen durchbrennen.
    Nein.
    Er war an dem Abend bei ihr gewesen, an dem diese Teigdose explodiert war. Er hatte den Notruf gehört. Er hatte sie an jenem Nachmittag im Park gesehen. Sie hatte echte Todesangst gehabt. Sie mochte lügen, was den Tathergang betraf – ja, davon war er überzeugt. Aber das hieß nicht, dass sie Alvin getötet hatte. Er war
fast sicher, dass sie eigentlich das zweite Opfer sein sollte. Er musste nur Beweise finden, die sie entlasteten, und herausfinden, wer hinter all dem steckte.
    Danach konnte er sie küssen, so oft er wollte. Und auch mit ihr ins Bett gehen.
    Gott, war er durcheinander. Warum war er nur so lange alleine geblieben? Gewichte stemmen machte Spaß, aber allen Frust konnte man nicht im Fitnessstudio abbauen. Früher oder später würde er sich nach einer braven, sanften Frau umsehen müssen.
    Nicht dass Courtney brav war. Oder sanft. Sie würde einem Mann höchstwahrscheinlich die Hölle heißmachen, wenn er sich mit ihr anlegte. Will konnte sie sich nicht als das hübsche Anhängsel von Alvin vorstellen. Aber sehr gut, dass sie seinen Porsche zertrümmert hatte.
    Er parkte vor dem niedrigen Wohnblock im Süden von Austin, wo seine Wohnung lag. Ein durchschnittliches Haus. Seine Wohnung war ebenfalls durchschnittlich. Genauso wie die einfache Einrichtung. Aber das war ihm egal, denn seit fünf Jahren kam ihm selbst eine nach amerikanischem Maßstab mittelmäßige Unterkunft luxuriös vor. Das war das Resultat, wenn man drei Jahre lang nur auf dem blanken harten Boden schlief. Wenn man drei Jahre lang Staub und Kälte ausgesetzt war und durch Berge marschierte, um andere zu jagen oder gejagt zu werden. Wenn man drei Jahre in Dörfern bei Menschen lebte, die aus denselben Bewässerungsgräben tranken, in denen sie badeten, Geschirr wuschen oder das geschlachtete Fleisch säuberten.
    Er schloss den Wagen ab und stieg die Metalltreppe
zu seiner Wohnung empor. Auf der Fußmatte davor lag ein Päckchen. Als er sich bückte, um es aufzuheben, regte sich sofort ein Verdacht.
    Cookies. Mit Schokostückchen, wenn er es durch die halbtransparente hellblaue Tupperware richtig sah. Auch so ein Luxus, den es in Afghanistan nicht gab.
    Er schloss die Wohnung auf, warf die Schlüssel auf die Kommode neben der Tür und schob den Riegel vor. Der Anrufbeantworter blinkte. Er hörte die Nachrichten ab, während er den Deckel der Tupperdose öffnete und den darin liegenden Zettel las.
    Danke! Lori.
    Rätsel gelöst. Die Frau, der er ihren neuen Fernseher in die Wohnung getragen hatte, hatte ihm die Cookies gebacken.
    Eine Call-Center-Stimme nölte aus dem Anrufbeantworter, als Will seinen Gedanken nachging. Lori von nebenan war Single. Und hübsch. Vielleicht war sie ein wenig klein im Vergleich zu ihm, aber was machte das. Er steckte sich einen ganzen Cookie in den Mund. Offenbar war sie auch eine gute Köchin, und einen nagelneuen HDTV-Fernseher mit Surround-Anlage hatte sie obendrein. Was machte er da mit einer Verdächtigen rum? Das war mehr als dämlich.
    Er löschte die Telefonwerbung und verfluchte den Adresshändler, der seine Nummer verkauft hatte, die eigentlich gar nicht im Telefonbuch stehen sollte. Als er Nathans Stimme vernahm, hörte er auf zu kauen.
    »Hodges. Wo bist du? Auf deinem Handy springt immer die Mailbox an. Der Bericht der Ballistik ist grad gekommen …«

    Will drückte auf Rückruf. Nathan hob sofort ab.
    »Scheiße, Mann. Das Telefon bleibt immer an. Wie soll ich dich sonst erreichen?«
    »Was sagt die Ballistik?«
    »Wir haben einen Volltreffer. Die Beretta und die Patrone passen zusammen.«
    Sie hatten die Mordwaffe

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