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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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sie oben und nahm Rath beim Ärmel.
    »Wenn ich bitte Ihre Eintrittskarte sehen dürfte?«
    Bevor Rath etwas sagen konnte, hatte der Anzugmann das Billett schon gegriffen und einen Blick darauf geworfen.
    »Tatsächlich«, sagte er, »Sie sind es!«
    Rath wusste nicht, was der Mann von ihm wollte, aber es konnte nichts Schlimmes sein, denn als Nächstes hörte er: »Herzlichen Glückwunsch! «
    »Wie bitte?«
    »Im Namen des Messe- und Fremdenverkehrsamtes der Stadt Berlin darf ich Ihnen herzlich gratulieren«, sagte der Mann, »Sie sind der millionste Besucher des Funkturms!«
    Charly lachte laut auf, und Rath grinste säuerlich.
    »Nur eine Tasse Kaffee«, zischte er Charly zu.
    »Vielleicht gibt's ja einen Sekt«, flüsterte sie zurück und lächelte, denn inzwischen hatte sich ein Fotograf vor ihnen aufgebaut. Auch das noch!
    »Noch ein Foto für die Presse bitte!«, sagte der Anzugmann. »Muss das sein?«, fragte Rath.
    Anstelle einer Antwort schüttelte ihm der Anzugmann die Hand und drehte sich mit seinem Nussknackergrinsen zu dem Fotografen. Und schon flammte das Blitzlicht auf. Glücklicherweise war das kein Polizeireporter, Rath kannte den jungen Mann nicht, der nun auch Block und Bleistift zückte.
    »Dürfte ich Sie um Ihren Namen bitten«, sagte der Junge, der höchstens achtzehn oder neunzehn sein mochte. »Kommen Sie aus Berlin oder sind Sie Tourist? Waren Sie schon häufiger auf dem Funkturm? Wie gefällt Ihnen Berlin?«
    »Haben Sie schon öfter Leute interviewt? Stellen Sie immer alle Fragen auf einmal?«, fragte Rath zurück, und der Junge wurde rot.
    »Erst mal Ihren Namen bitte«, sagte er. »Für die B.Z. und andere wichtige ... «
    »Tut mir leid, aber den Schmierfinken von der B.Z. sage ich gar nichts mehr. Nicht mal guten Tag.«
    »Aber Gereon«, sagte Charly, »der arme Kerl da will doch keine Polizeiinterna! «
    »Sie sind also Polizist?«, fragte der Junge, und Rath warf Charly einen bösen Blick zu.
    »Wie viele tausend andere Berliner auch möchte ich heute ein ungestörtes Wochenende verbringen«, sagte er. »Wenn Sie bitte so diskret sein wollen und auf eine Namensnennung verzichten. Die Dame in meiner Begleitung ist eine berühmte Filmschauspielerin und möchte nicht erkannt werden.«
    »Eine Schauspielerin! « Der junge Mann hob seine Kamera und blitzte Charly an.
    Bevor der Nachwuchsreporter weiterfragen konnte, drehte Rath um und zog Charly von dem Jungen fort, der ihnen irritiert nachschaute und nun wahrscheinlich im Redaktionsarchiv nach dem Namen des Filmstars suchen würde, den er meinte, gerade abgelichtet zu haben.
    Der Presse waren sie entkommen, dem Anzugmann nicht. Er ließ ihnen die Garderobe abnehmen und führte sie an einen hübsch gedeckten Tisch mit der besten Aussicht auf Charlottenburg. Nur zwei Tische neben dem, an dem Rath vor zwei Tagen gesessen hatte. Er musste wieder an Krempins verzerrte Gesichtszüge denken, an den so unwirklich erscheinenden Anblick dieses Gesichts durch die Panoramascheibe. Wenigstens sprach Charly dieses Thema nicht mehr an, das zumindest hatte das blöde Theater bewirkt.
    » Wir haben uns erlaubt, Ihnen und Ihrer Begleiterin einen kleinen Willkommenstrunk zu servieren«, sagte der Anzugmann, »selbstverständlich auf Kosten des Hauses.«
    Es gab tatsächlich Sekt. Hausmarke. Nicht ganz so klebrig, wie die Flasche es androhte, und wenigstens gut gekühlt.
    Sie stießen an. Nicht gerade in romantischer Zweisamkeit. Zwei Kellner standen an ihrem Tisch. Und auch der Anzugmann.
    »Als besondere Überraschung dürfen wir Ihnen dieses kleine Präsent überreichen«, meinte der und drückte Rath ein dunkelblau eingepacktes Paket in den Arm.
    Rath stellte es neben seinen Stuhl und prostete Charly noch einmal zu.
    »Lass uns hier verschwinden«, flüsterte er ihr zu, als sich ihre Köpfe näherten. »Wir kommen noch mal wieder, wenn wir die Aussicht in Ruhe genießen können.«
    Charly nickte und kippte den Rest ihres Glases in einem Zug weg. Das amüsierte Grinsen bekam sie gar nicht mehr aus ihrem Gesicht, selbst beim Trinken nicht.
    Rath leerte auch sein Glas, nahm das Paket und stand auf. Er schüttelte dem Anzugmann die Hand. »Vielen Dank«, sagte er, »Sie haben uns wirklich ein unvergessliches Erlebnis bereitet!«
    Dann zog er Charly zum Aufzug. Kaum hatte sich die Tür geschlossen, begann sie prustend zu lachen, er schaute sie kurz an, dann konnte auch er nicht mehr ernst bleiben, fing sich jedoch im Gegensatz zu Charly auf halber Strecke

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