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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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dass eine der beiden Schauspielerinnen jemals einen Fuß in eine solche Straße gesetzt hätten, und auch nicht in solche Läden. Er fuhr in den Westen.
    Das dritte Geschäft, das der Großhändler notiert hatte, lag in der Kantstraße. Eine ganz andere Adresse als das Krautviertel. Das Chinahaus, wie sich das Geschäft nannte - diesmal mit lateinischen Buchstaben -, befand sich direkt neben einem chinesischen Restaurant. Der Laden war hell und elegant eingerichtet, edle Porzellanvasen säumten die Wände, zwei steinerne Löwen bewachten den Treppenaufgang. Ein ganzes Regal voller Teesorten bestimmte die Duftnote in diesem Raum. Ein schlanker Chinese mit streng zurückgekämmtem Haar kam auf ihn zu.
    »Sie wünschen?«
    »Verkaufen Sie auch Lebensmittel?« »Selbstverständlich. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«
    »Ich brauche nur eine Auskunft.« Rath zeigte die Fotos und stellte seine Frage.
    Auf Betty Winter reagierte der Mann. »Ich glaube, die habe ich hier vor ein paar Wochen mal gesehen, das könnte sie gewesen sein.
    Sonst kaufen fast nur Chinesen bei uns. Nur ab und zu mal ein neugieriger Deutscher.«
    »Haben Sie keinen deutschen Stammkunden?«
    »Nein, Stammkunden kann man das nicht nennen.« Der Chinese schüttelte den Kopf. »Außer vielleicht dieser alte Mann. Obwohl der jetzt auch schon lange nicht mehr da war.«
    »Und der kommt öfter?«
    »Und kauft auch Yangtao, ja. Aber nicht nur.« »Haben Sie einen Namen?«
    »Alfred oder Albert oder so.«
    »Und eine Adresse?«
    Kopfschütteln.
    Rath gab dem Chinesen seine Karte. »Sagen Sie mir doch bitte Bescheid, wenn der alte Mann wieder einkauft. Sofort und unverzüglich! Das ist sehr wichtig! Versuchen Sie nach Möglichkeit, seinen Namen und seine Adresse herauszufinden!«
    »Ich bin kein Polizist! Ich kann doch meine Kunden nicht ausfragen!«
    »Unauffällig natürlich. Vielleicht sagen Sie ihm, Sie müssten die Ware erst bestellen und fragen nach der Lieferadresse. Sie machen das schon.«
    Wo er schon einmal in der Kantstraße war, schaute Rath in Oppenbergs Büro vorbei. Er hatte Glück, der Produzent saß an seinem Schreibtisch. Von Krempins Tod hatte er auch schon erfahren. »Der arme Felix«, meinte er. »Einer Ihrer eher unfreundlichen Kollegen war bei mir und hat es mir erzählt. Schrecklich! Einfach so in die Tiefe zu springen!«
    Rath schaute ihn genau an, aber nichts deutete darauf hin, dass Manfred Oppenberg seinen alten Wegbegleiter Krempin in den Tod gestürzt hatte. »Ich bin noch einmal wegen Vivian hier«, sagte er. »Die Unterweltspur ist leider ins Leere gelaufen. Aber wir sind gerade dabei, neue Zusammenhänge zu entdecken, die vielleicht eine Bedeutung haben könnten. Kennen Sie Yangtao, die chinesische Stachelbeere? «
    Oppenberg überlegte. »Kann sein. Der Name sagt mir nichts, aber ich gehe manchmal beim Chinesen hier in der Straße essen, vielleicht hat der mir so was schon mal serviert. Man weiß da ja nie so genau, was auf dem Teller ist.«
    »Dann können Sie mir wohl auch nicht sagen, ob Vivian Franck gern Yangtao gegessen hat?«
    »Vivian?« Oppenberg lachte laut auf. »Doch, dazu kann ich Ihnen einiges sagen: Um alles, was nach chinesischem oder irgendwie asiatischem Essen aussah, machte Vivian einen großen Bogen. Und das nicht nur wegen der Stäbchen. Ich habe sie nie bewegen können, mit mir zusammen ins Nanking zu gehen.«
    Rath dachte darüber nach, während er über die Kantstraße zurück zum Auto ging: Betty Winter und Jeanette Fastré liebten Yangtao, Vivian Franck hingegen überhaupt nicht. Sah nicht nach einem Zusammenhang aus, nur ein dummer Zufall, dass sie bei zwei voneinander unabhängigen Todesfällen auf die gleiche exotische Frucht gestoßen waren. Oder war vielleicht gerade das eine Erklärung? Dass Vivian Franck chinesisches Essen verabscheut hatte?
    Auf dem Weg zurück zum Alex machte er einen Umweg über die Bernauer Straße und klingelte in der Nummer 110 bei Hagedorn. »Um die Zeit is det Frollein nich zu Hause«, hörte er eine Stimme von oben.
    Ein Mann in einem grauen Kittel schaute am Treppenabsatz über das Geländer.
    »Arbeiten? «
    »Natürlich. Wann denn sonst? Meenense, die Bank macht Nachtschicht?«
    »Vielleicht sollte sie. Wenn man so an die Brüder Sass denkt.« »Da kann selbst die Polente Nachtschichten schieben, denn kriejense die Sassens imma noch nich!« Der Mann im grauen Kittel lachte ein kurzes, trockenes Lachen. »Wat wollense denn von die Hajedorn?«
    »Nicht so wichtig.

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