Der stumme Tod
Rein privat.«
»Denn lassense Ihnen man nich von ihren Verlobten erwischen, der versteht keenen Spaß!« »Der Herr Schmieder?« »Ach, denn kennense ooch?«
»Berlin ist doch ein Dorf, wussten Sie das noch nicht? Wohnt der Herr Schmieder derzeit nicht hier?«
»Hörense mir uff damit! Der hat hier ja schon sein zweetes Zuhause! Und immer wenn ick zu die Hajedorn saare, jetzt reichtet, wenn der noch einen Tach länger hier is, muss ick mehr Jeld für Strom un Jas kassieren, denn isser wieder weg für een, zwee Tage, und denn jeht det Spiel von's Neue los.«
»Lassen Sie mich raten: Erst heute haben Sie Frau Hagedorn wieder darauf hingewiesen?«
»Sie sind aber'n janz hellet Köpfchen, wal Heut Nacht bei Osram j eschlafen? «
So ähnlich fühlte Rath sich tatsächlich, als er wieder ins Auto stieg. Das war mehr Licht, als er sich von diesem Besuch erhofft hatte. Schmieders Freundin oder Verlobte oder was sie auch war arbeitete bei einer Bank. Er hatte den Hausmeister gar nicht fragen müssen, bei welcher, er hatte ihn nur nach der Filiale gefragt. Aber sie arbeitete in keiner Filiale, sie arbeitete in der Zentrale in der Behrensstraße. Und war Anfang des Jahres erst aus Köln gekommen.
Er wusste genug, um Anton Schmieder einen Besuch abzustatten.
Warum nicht jetzt gleich, der Mann müsste Nachtschicht haben nach der Spätschichtwoche, vielleicht war er ja zu Hause? Außerdem wohnte in Moabit noch eine andere Person, der Rath gern einen Überraschungsbesuch abstatten wollte. Charly hatte ihm heute Morgen zwar Kaffee gekocht, sich aber nicht von ihm verabschiedet, da würde sie eine Einladung zum Mittagessen nicht ausschlagen können.
Bester Laune stieg er in der Spenerstraße die Treppen hoch und klingelte. Er freute sich wie ein kleines Kind auf das überraschte Gesicht, das sie machen würde.
Die Tür wurde geöffnet, und ein Mann grinste ihn an, den er fast schon vergessen hatte, mit dem er jedenfalls hier und jetzt nicht gerechnet hatte.
Charlys Cowboy.
Ihr Eintänzer aus dem Resi, diesmal ohne Fransen. Hatte sie deswegen heute Morgen so früh rausgemusst?
»Zu wem möchten Sie?«, fragte der Grinsemann. »Kann ich etwas ausrichten?«
Rath war sprachlos. Irgendwie brachten seine Stimmwerkzeuge ein paar Laute zustande, die sich wie »Schon gut!« anhörten, dann drehte er um und ließ sich von der Schwerkraft die Treppe hinuntertragen, Schritt für Schritt.
Als er wieder in seinem Auto saß, wusste er nicht, wie er hineingekommen war. Er spürte eine Scheißwut im Bauch, die er am liebsten an dem Grinsemann da oben ausgelassen hätte, aber das konnte er abhaken, wollte er es sich nicht endgültig mit Charly verscherzen. Er ließ den Wagen an und startete durch, mit quietschenden Reifen schoss der Buick auf den Fahrdamm.
Fünf Minuten später stand Rath vor der Wohnungstür von Anton Schmieder und klopfte.
»Eine Nachricht von Fräulein Hagedorn«, rief er und klopfte noch einmal. Als von drinnen Schritte zu hören waren, stellte er sich so, dass Schmieder ihn nicht gleich durch den Türspalt erkennen konnte, doch der Mann war argloser als gedacht. Freimütig öffnete er die Tür. Und wurde kalkweiß, als er sah, wer dort im Treppenhaus stand.
Rath hatte damit gerechnet, dass der Erpresser die Tür gleich wieder zuwerfen würde, und rechtzeitig seinen Fuß in den Spalt gestellt. Mit ganzer Kraft drückte er die Tür nach innen, Anton Schmieder stolperte und fiel nach hinten.
»Was wollen Sie von mir?«, fragte er, als er sich wieder hochrappelte.
»Warum denn immer so nervös, wenn Polizei im Haus ist?«, fragte Rath. »Einem rechtschaffenen Bürger tun wir doch nichts.« Schmieder wich langsam zurück durch den lang gestreckten Flur, Rath folgte ihm unerbittlich. Schließlich landeten sie in einer unaufgeräumten Wohnküche.
»Lange nicht zu Hause gewesen, was? Für ein paar Tage beim Fräulein Braut untergekrochen!«
»Was wollen Sie?« Schmieder schien sich wieder einigermaßen gefasst zu haben. »Sie dürfen doch nicht einfach so in eine Wohnung eindringen!«
Rath lächelte und rammte dem Mann seine Rechte in die Magengrube, der klappte zusammen und japste nach Luft.
»Wenn man jemanden erpresst, sollte man sich nicht erwischen lassen«, sagte Rath. »Sehen Sie, jetzt tut Ihnen jemand weh, und Sie können nicht mal die Polizei holen!«
»Sie sind doch die Polizei«, keuchte der Mann mit der ersten Luft, die er wieder bekam, »Sie dürfen das nicht, was Sie hier machen.« »Das ist mein
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