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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Zimmer«, sagte der Portier.
    »Hat er Ihnen gesagt, wohin er gegangen ist?«
    »Er wird wohl zu Tisch sein. Soll ich Herrn Wittkamp etwas ausrichten?«
    »Nur ne schöne Jrooß«, sagte Rath. »Wie bitte?«
    »Das ist Kölsch.«
    Rath nahm Kirie an die Leine und ging mit dem Hund vor die Tür. Der Alexanderplatz mit seinen Baustellen und seinen Menschenmassen war nicht gerade der ideale Ort für junge Hunde, deswegen spazierte Rath an der Stadtbahn vorbei die Dircksenstraße hoch bis zum Park von Monbijou. Er mochte diese leise grüne Insel mitten im Herzen der lärmenden, lauten Stadt und dieses kleine, bescheidene Schlösschen, das gar nicht zum sonstigen Pomp passen wollte, den die Hohenzollern in die Stadt gesetzt hatten. Hier ging er hin, wenn er in Ruhe nachdenken und dem Schreibmaschinengeklapper in der Burg entgehen wollte und dem Verkehrs lärm auf dem Alex. Meist war nicht viel los, ein paar Mütter mit Kinderwagen, ein paar Aktienhändler aus der nahen Börse, die sich die Beine vertraten.
    Rath setzte sich auf eine Parkbank nahe dem Ufer und schaute auf die Nordspitze der Spreeinsel, wo das Kaiser-Friedrich-Museum sich wie ein Schiffsbug in den Fluss schob, und hing seinen Gedanken nach. Der Hund schnüffelte neugierig am Drahtgitter eines Papierkorbs, wahrscheinlich roch er etwas Essbares. Rath packte die Hundekekse aus, die Erika Voss bei Wertheim besorgt hatte, und warf Kirie einen davon zu. Noch in der Luft fing der Hund den Keks auf und zerkaute ihn knirschend.
    »Was mach ich nur mit dir?«, sagte Rath. »Zum Polizeihund taugst du wohl nicht. Vielleicht sollte ich dich trotzdem behalten. Du magst mich wenigstens.«
    Kirie schaute ihn an mit heraushängender Zunge und schien tatsächlich zu lächeln.
    Nachdem der Hund sein Geschäft im Park erledigt hatte, gingen sie zurück zum Alex. Es war schon spät, Rath holte bei Aschinger schnell noch drei Buletten zum Mitnehmen, zwei für sich, eine für Kirie.
    Er hatte gerade einmal abgebissen, da hatte Kirie ihre Bulette schon verschlungen. Sie schaute sehnsüchtig auf die Papiertüte in seiner Hand. Rath suchte nach Hundekeksen, fand aber keine mehr.
    »Na gut«, seufzte er und opferte die zweite Bulette.
    »Das nächste Mal teilen wir gerechter«, sagte er dem Hund, der auch den zweiten Fleischklops im Nu verschluckt hatte, »du bist viel kleiner als ich, da kannst du nicht einfach mehr essen!«
    Sein Magen knurrte, aber um noch einmal zu Aschinger zu gehen, reichte die Zeit nicht, es war schon kurz vor zwei.
    Weil er Kirie vorher noch zu Erika Voss hatte bringen müssen, erschien Rath als Letzter im Konferenzsaal. Gennat hatte bereits angefangen und unterbrach seinen Vortrag, bis der Kommissar einen Platz gefunden hatte. Rath schaute sich um, Brenner schien wieder zu fehlen, diesmal aber war er bestimmt nicht krank geschrieben.
    Der Buddha fasste das Ergebnis der Bellmann-Vernehmung zusammen, dann waren die Kinomordermittler an der Reihe, und die hatten gleich eine ganze Reihe von Neuigkeiten zu bieten. Kriminalassistent Lange berichtete aus der Gruppe, die überprüft hatte, wer alles über einen Schlüssel zu den verwaisten Kinos verfügte.
    »Als wir auf den ersten Listen keine eindeutig positiven Ergebnisse - also Übereinstimmungen - zu verzeichnen hatten«, berichtete Lange in dem umständlichen Beamtendeutsch, wie man es nur auf preußischen Polizeischulen in dieser Perfektion lernen konnte, »haben wir die Überprüfung ganz bewusst auch auf den Personen- und Firmenkreis erweitert, in dem die entsprechenden Schlüssel vor Schließung der beiden Lichtspielhäuser kursierten, und haben dabei nach Abgleich sämtlicher Adressen genau vier Firmen gefunden, die Schlüssel zu beiden Lichtspieltheatern hatten.«
    »Man kann auch Kinos sagen«, rief einer der älteren Kollegen dazwischen. Alle lachten, und Lange wurde rot.
    »Jedenfalls handelt es sich um eine Reinigungsfirma, die sich offensichtlich auf Lichtspiel ... Kinos spezialisiert hat«, fuhr er fort, »und einige Kopierwerke und Verleihfirmen, die Zutritt zu den Li ... Kinos haben mussten. Bislang konnten wir mit der Überprüfung leider noch nicht beginnen, werden sie aber gleich im Anschluss an diese Sitzung ... äh ...«
    »... zur umgehendst zu erledigenden Durchführung bringen«, schlug der Witzbold wieder vor, was ihm jetzt endgültig einen strafenden Blick Gennats einbrachte.
    »Vielen Dank, Kollege Lange, sehr gute Arbeit«, sagte der Buddha. »Wir sind gespannt auf Ihre Ergebnisse.

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