Der stumme Tod
Gibt es Nachschlüssel, hat irgendjemand die Schlüssel nicht zurückgegeben? Und so weiter. Sollten Sie da heute schon etwas herausfinden, bitte sofort an mein Büro.«
»Jawohl, Herr Kriminalrat! «
Lange setzte sich und war mindestens zehn Zentimeter größer geworden. Ein Lob von Gennat war nicht so einfach zu bekommen.
Dann stand Czerwinski auf. Rath glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Dass der Dicke das letzte Mal etwas Sinnvolles zu einer Ermittlung beigetragen hatte, war so lange her, da musste die preußische Polizei noch Pickelhaube getragen haben.
Czerwinski räusperte sich, bevor er begann, er schien sehr zufrieden mit sich zu sein. "Wir haben ein bisschen zur Vergangenheit der beiden Kinos recherchiert, Herr Kriminalrat«, sagte er. »Die Frage ist ja, warum hat er, also der Mörder, meine ich, seine Leichen ausgerechnet in diesen beiden runtergekommenen Schuppen abgelegt?«
"Und? Sind Sie da weitergekommen?«
"Ich glaube schon!« Czerwinski warf sich stolz in die Brust. "Wir haben da einen Zusammenhang entdeckt.« Er machte eine Kunstpause, bevor er weitersprach, um auch sicher zu sein, dass alle zuhörten. "Es ist nämlich so, dass das Luxor das Kino war - oder ist, in dem der erste Film von Vivian Franck Premiere hatte. Das war im November achtundzwanzig. Und im Kosmos lief siebenundzwanzig der erste Film von Jeanette Fastré. Die beiden Damen liegen ... ich meine: lagen also sozusagen in ihren Premierenkinos.«
"Das könnte schon eine Bedeutung haben.« Gennat nickte anerkennend, und Czerwinski setzte sich, zufrieden grinsend. "Vielleicht ist das eine der Nachrichten, die der Täter uns mit seiner Inszenierung zukommen lassen will«, sagte der Buddha.
"Vielleicht sollte man einmal überprüfen, in welchem Kino der erste Film von Betty Winter Premiere hatte«, meinte Rath. "Ich werde das Gefühl nicht los, dass sie irgendwas mit den anderen beiden Schauspielerinnen zu tun hat. «
"Sie glauben zu sehr an das, was in der Zeitung steht«, meinte Böhm. "Reicht Ihnen der Reinfall mit Ihrer chinesischen Stachelbeere noch nicht?«
Rath bedauerte schon, seinen Gedanken laut ausgesprochen zu haben, da ließ sich der Buddha vernehmen. "Die Idee ist gar nicht so dumm, jedenfalls kann es nicht schaden.« Gennat schaute Czerwinski an. "Prüfen Sie das doch bitte nach«, meinte er, "und geben Sie mir Bescheid, wenn Sie das betreffende Kino ermittelt haben.«
Dann teilte Gennat die Aufgaben neu ein. "Der Fall Winter hat im Augenblick Priorität«, sagte er, "möglicherweise stehen wir kurz vor einem Durchbruch; jedenfalls haben wir jetzt einen überschaubaren Kreis von Verdächtigen und müssen den Druck erhöhen.«
Dieser überschaubare Kreis war immer noch groß genug: sämtliche Personen, die den Drehplan kannten und Zugang zu den Beleuchtungsbrücken hatten - also fast alle Mitarbeiter der La Belle in Marienfelde. Und als einzigen Außenstehenden Manfred Oppenberg, der eventuell durch Krempin über alles informiert war.
Um den Kinomörder, wie sie ihn inzwischen nannten, kümmerte sich vorerst nur eine kleine Besetzung; Gennat brauchte jeden Mann, um bei Bellmanns Leuten mögliche Mordmotive zu finden. Böhm sollte sich um Oppenberg kümmern, Gräf um Cora Bellmann, und Rath sollte sich Victor Meisner noch einmal vornehmen. Gennats Art, den drei ehemaligen Ermittlungsleitern zu zeigen, dass er die Vernehmungsprotokolle gelesen und offensichtlich nicht für gut befunden hatte. Der Auftrag an alle drei, frühere Versäumnisse wiedergutzumachen.
Ohne noch mit irgendwem ein Wort zu wechseln, ging Rath zurück in sein Büro. Ausgerechnet Meisner, dieser Jammerlappen! Der Tag konnte ja heiter werden!
Erika Voss telefonierte mal wieder. Der Hund lag unter ihrem Schreibtisch und schlief.
»Da kommt er gerade«, sagte sie, »kleinen Moment, Herr Kriminaldirektor, ich stelle durch.«
Sie drückte einen Knopf und legte auf. Nebenan auf Raths Schreibtisch begann das Telefon zu klingeln.
»Wer ist denn das?«, fragte Rath, »doch nicht Scholz?«
Der Kripochef war der einzige Kriminaldirektor, mit dem er am Alex zu tun hatte.
Erika Voss lachte. »Nein«, sagte sie, »ganz kalt. Versuchen Sie's mal ein bisschen weiter im Westen.«
»Was spielen wir hier? Fröhliche Ratestunde?«
»Heia, haben wir heute aber gute Laune«, murrte sie, als Rath in sein Büro stürmte, um dem penetranten Telefonklingeln ein Ende zu bereiten.
»Inspektion A, Kommissar Rath«, meldete er sich. »Du bist aber schwer zu
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