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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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war, und auch wo Betty war, soweit ich es von ihr wusste.« Er reichte Gennat den Zettel. »Ich habe mir erlaubt, das alles noch einmal ins Reine zu schreiben.«
    Gennat schaute das Schreiben an, als habe er zu Weihnachten Ostereier bekommen.
    »Das ist nicht gerade üblich, muss ich sagen«, fing er an, wurde aber von Meisner überfahren.
    »Für Sie«, sagte der Schauspieler. »Nehmen Sie es, ich habe eine Kopie. Sie können das dann ja mit den übrigen Aussagen abgleichen ... «
    Der Buddha fasste das Papier mit spitzen Fingern und fing tatsächlich an, darin zu lesen.
    Rath platzte der Kragen. So ein aalglatter, großkotziger Scheißkerl! Es war an der Zeit, ihn endlich von seinem hohen Ross zu werfen.
    »Sie tragen doch ein Toupet, nicht wahr, Herr Meisner?«, fragte er unvermittelt in das Papierknistern.
    Für einen Moment herrschte atemlose Stille. Gennat schaute irritiert, und Christel Temme hörte sogar für einen kurzen Moment auf zu schreiben.
    »Ja«, sagte der Schauspieler, »das wissen Sie doch!« »Warum haben Sie uns das nicht gesagt?«
    »Weil ich es nicht für relevant hielt. Bellmann trägt meines Wissens ein Gebiss, hat er Ihnen das etwa erzählt?«
    »Wo waren Sie denn am siebten März um die Mittagszeit?«, hakte Rath nach. »Haben Sie das auch schriftlich?« »Welcher Tag war das? Der Freitag?«
    »Sie wissen ganz genau, dass es der Freitag war!«
    Meisner zuckte die Achseln. »Ich bin in Daten nicht so gut, ohne Kalender geht da gar nichts.«
    »Sind Sie Felix Krempin auf den Funkturm gefolgt oder haben Sie ihn dort erwartet?«
    Meisner schaute Gennat mit ratlosem Gesicht an. »Tut mir leid, Herr Kriminalrat. Ich weiß nicht, was Ihr Mitarbeiter von mir will, beim besten Willen nicht! Können Sie mir das erklären?«
    »Wir möchten nur wissen, wo Sie am Freitagmittag waren, das ist alles«, sagte Gennat. Rath wollte noch etwas sagen, aber der Buddha brachte ihn mit einer ebenso unauffälligen wie energischen Handbewegung zum Schweigen.
    »Freitag? Da war ich zwischen zwölf und zwei zu Hause. Wenn der Drehplan das zulässt, mache ich schon mal ein kleines Mittagsschläfchen. «
    »Waren Sie allein?«
    »Ich bin Witwer, was denken Sie denn? Aber mein Portier kann sicher bestätigen, dass ich dort war. Ich verstehe allerdings nicht ganz, warum ... «
    »Schon gut, Herr Meisner, das wär's«, sagte Gennat. »Ich denke, wir haben vorerst keine Fragen mehr an Sie. Vielen Dank für Ihren Besuch, Sie können jetzt gehen. Aber halten Sie sich einstweilen bitte noch zu unserer Verfügung.«
    »Selbstverständlich.«
    Mit einem kopfschüttelnden Seitenblick auf Rath verließ Victor Meisner den Raum.
    Gennat wartete, bis der Schauspieler draußen war, und sagte eine Weile nichts, spielte nur mit seiner Akte. Dann explodierte er. »Spreche ich eigentlich vor eine Wand, Kommissar Rath?«, brüllte er ohne Vorwarnung, so laut, dass Christel Temme den Block fallen ließ. »Was habe ich Ihnen gestern erst gesagt?«
    »Dass ich nur nach Absprache mit Ihnen in Vernehmungen eingreifen soll, Herr Kriminalrat. «
    »Richtig. Ist also doch etwas hängen geblieben. Und was zum Teufel sollte dann dieser Blödsinn mit dem Toupet?«
    »Ich wollte den Tatverdächtigen verwirren, Herr Kriminalrat.
    Ihn aus seiner arroganten Selbstsicherheit holen.«
    »Das ist Ihnen ja prächtig gelungen! Stattdessen haben Sie eher mich verwirrt. Und das arme Fräulein Temme. Und die ganze Vernehmung aus dem Ruder laufen lassen.«
    »Hören Sie, das mit dem schriftlichen Alibi, das ist ja wohl ein Witz, das kann ... «
    »Meinen Sie, ich hätte ihn nicht noch ausgequetscht? Natürlich hätte ich das! Wenn Sie mir nicht mit Ihrem blöden Störfeuer dazwischengekommen wären!«
    »Er war es, ich weiß es, Herr Kriminalrat. Meisner wollte seine Frau umbringen. Das mit dem Löschwasser war keine Dämlichkeit! Er wollte ihr den Rest geben, als er sah, dass der Scheinwerfer sie nicht getötet hat. Deswegen hat er so ein entsetztes Gesicht gemacht: weil sie noch lebte!«
    »Und warum hätte er sie töten wollen?«
    »Weil er sie gehasst hat, weil sie besser war als er, und weil dieser eitle Fatzke das nicht ertragen konnte. Und da hat er einfach die Gelegenheit genutzt ... die Sache mit dem Scheinwerfer ... «
    »Wenn das wirklich alles so sein sollte, wie Sie sagen«, meinte Gennat, »dann haben Sie's noch gründlicher vermasselt, als ich dachte!«
    Er hätte sein Horoskop lesen sollen, sein Glückstag schien das heute nicht zu sein. Rath

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