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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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machte sich auf den Weg.
    Als er an der Mordbereitschaft ankam, warteten im Gang schon Cora Bellmann und Victor Meisner auf der Bank vor Gennats Büro. Rath nickte grüßend, aber die beiden ignorierten ihn.
    Dir wird die Arroganz schon noch vergehen, dachte Rath und ging hinein. So ungefähr alle Kollegen, die dem Buddha gleich in den Vernehmungen assistierten, hatten sich in dem geräumigen Büro versammelt. Reinhold Gräf wanderte nervös auf und ab. Cora Bellmann war als Erste an der Reihe. Böhm saß mit gewohnt schlechter Laune an einem Schreibtisch und blätterte in seinen Akten. Viel schien er aus Manfred Oppenberg auch jetzt nicht herausbekommen zu haben. Schließlich winkte Trudchen Steiner Gräf hinein, und Rath merkte, dass auch er langsam ein wenig nervös wurde.
    Es dauerte noch etwas, bis er dran war, und er griff zu einer der Zeitungen auf dem Schreibtisch. Das Berliner Tageblatt. Rath fand eine kleine Meldung über den millionsten Besucher des Funkturms, ohne Namen, ohne Foto, und blätterte weiter. Die Meldung über Krempins Todessturz war schon etwas größer, allerdings hatte Weinert nicht die ganz große Nummer daraus gemacht.
    Bei dem zunächst unbekannten Mann, der am Freitag vom Funkturm gestürzt und dabei zu Tode gekommen war (wir berichteten), handelt es sich möglicherweise um den im Mordfall Betty Winter gesuchten Felix Krempin. Die Polizei wollte dies nicht bestätigten. Immer noch scheint unklar, ob es sich bei dem Todessturz tatsächlich - wie zunächst vermutet - um einen Selbstmord handelt. Wie mehrfach berichtet, steht der flüchtige Krempin unter Verdacht, die Beleuchtungsanlage des Terra-Ateliers in Marienfelde derart manipuliert zu haben, dass ein dreißig Kilogramm schwerer Scheinwerfer während der Dreharbeiten auf die berühmte Filmschauspielerin Betty Winter stürzte, die dabei schwer verletzt wurde und kurz darauf an einem Stromschlag starb.
    Berühmte Filmschauspielerin. Richtig berühmt geworden war Betty Winter erst nach ihrem Tod. Rath war gespannt, was morgen auf ihrer Beerdigung los sein würde. Vielleicht sogar mehr als auf der von Horst Wessel.
    Er schaute auf die Uhr und blätterte weiter. Der Verband Preußischer Polizeibeamter machte sich für mehr Vertrauen und einen weniger militärischen Ton in der Schutzpolizei stark. Und der Streit um Tonfilmlizenzen, von dem Oppenberg seinerzeit vor den Kinobesitzern gesprochen hatte, ging in eine neue Runde. Das Tageblatt nannte das recht martialisch einen Tonfilm-Sonderfrieden im Patentkampf der Elektroindustrien. Wenn Rath die komplizierte Materie richtig verstand, dann hatte sich der amerikanische Warner-Konzern durch diesen Sonderfrieden Zugang zum deutschen Markt verschafft. Jedenfalls können die deutschen Theaterbesitzer künftig mit einem vergrößerten Angebot qualitativ hochwertiger Tonfilme rechnen, resümierte die Zeitung.
    Beim Tonfilm musste es wirklich um viel Geld gehen, wenn hinter den Kulissen ein derartiger Kampf der Giganten tobte. Rath musste an Oppenbergs sturen Geschäftsfreund Marquard denken. Den Ewiggestrigen schwammen die Felle davon; die Stummfilmanhänger stünden bald auf verlorenem Posten.
     
    Korrektur
    Anton Schmieder fiel ihm ein, der Erpresser von der traurigen Gestalt, auch so ein Kämpfer auf verlorenem Posten.
    Was hatte er noch gleich gejammert?
    Ich will doch nur, dass alles bleibt, wie es ist.
    Die Dinge blieben aber nun mal nicht, wie sie waren. Nichts im Leben blieb, wie es war, nicht einmal man selbst.
    »Herr Kommissar?«
    Rath blickte auf. Gertrud Steiner stand in der Tür zu Gennats Büro.
    Der Buddha sagte erst einmal gar nichts und blätterte in der Akte. Rath bezweifelte, ob das Victor Meisner beeindrucken würde. Der Mann kam vom Film, da war man Warten gewohnt. Victor Meisner schien sich seiner Sache sehr sicher zu sein. Die Sätze mit dem Toupet, die Rath ihm gestern Abend zum Abschied noch angebracht hatte, schienen ihn nicht weiter zu beunruhigen. Aber vielleicht war auch das nur Schauspielerei.
    Rath hielt sich an die Absprache und schwieg genauso eisern wie Gennat. Mangels einer Akte, in der er blättern konnte, zündete er sich eine Zigarette an. Christel Temme begann schon, mit ihrem Bleistift zu spielen, da fing Gennat endlich an. Er klappte die Akte zu und sah Meisner freundlich an.
    »Meinen Glückwunsch«, sagte der Buddha. »Wie?«
    »Ich wollte Ihnen zum eigenen Theater gratulieren«, sagte Gennato »Herzlichen Glückwunsch! Haben Sie geerbt?«
    »Das habe

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