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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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geschminkt, bevor sie auf den Funkturm gegangen waren, sondern auch sich selbst. Ein Victor Meisner wäre viel zu schnell erkannt worden. Und sein Alibi? Meisner wohnte so nah am Funkturm, es dürfte kein Problem für ihn gewesen sein, sich durch irgendeine Keller- oder Hintertür aus dem Haus zu schleichen und den Portier glauben zu machen, er sei die ganze Zeit in der Wohnung gewesen. Der Aufzug jedenfalls führte auch ins Kellergeschoss.
    Rath brühte in aller Ruhe den Kaffee auf und dachte nach. Aber wie er es auch drehte und wendete, an Meisner war nicht ranzukommen. Vielleicht wenn er das Toupet zu den Kriminaltechnikern im ED geben würde. Was wiederum bedeuten würde, dass er sein geheimes Treffen mit Krempin zugeben müsste.
    Rath betrachtete das zerzauste Haarteil. Vielleicht würde Weinert damit weiterkommen. Der Mann war ein guter Journalist, mal abwarten, was der alles herausfinden würde.
    Das Telefon klingelte, aber er ging nicht ran. Er trank zwei Tassen Kaffee, rauchte ein paar Zigaretten und dachte nach, war aber zu keiner Entscheidung gekommen, als er kurz vor zwei in die Burg zurückfuhr.
    Erika Voss war nicht so sauer wie befürchtet. Nur ein lauer Protest; die Mittagspause mit Kirie hatte ihr offensichtlich gefallen.
    »Da hat vorhin wieder diese Dame angerufen«, sagte sie. »Und
    Kriminalrat Gennat möchte Sie sprechen. Um drei.« »Schon wieder? Wieso das?«
    »Hat Fräulein Steiner nicht gesagt.«
    »Wenn das so ist, geh ich so lange noch etwas mit dem Hund raus.«
    Er brauchte frische Luft, er brauchte einen freien Kopf. Der Buddha würde ihm bestimmt wegen des verpatzten Verhörs heute Morgen die Leviten lesen. Und er hatte gehofft, seinen Fehler wiedergutmachen zu können. Fehlanzeige. Heute war wirklich nicht sein Tag. An die Dame, die wieder angerufen hatte, wollte er gar nicht denken. Er überlegte, ob er es noch einmal bei Paul im Hotel versuchen sollte, merkte aber, dass er eigentlich gar nicht in der Stimmung dazu war, mit dem Freund zu reden, mit überhaupt irgendwem zu reden.
    Nur Kiries Gegenwart konnte er im Moment ertragen. Der Hund schnüffelte neugierig an jeder Ecke, als sie entlang der Stadtbahnbögen zur Spree hinuntergingen. Obwohl es auf halber Strecke zu regnen anfing, ging er bis zum Märkischen Museum und ließ Kirie in dem kleinen Park laufen. Bevor sie den Rückweg antraten, packte er eine Bulette aus und verfütterte sie an den Hund. Kirie verschlang den Fleischklops mit einem Happs und bedankte sich mit einem Lächeln.
    Gennat saß hinter seinem Schreibtisch so bewegungslos wie eine Statue. Er blätterte in keiner Akte, er zuckte mit keinem Augenlid, er schien nicht einmal zu atmen. Rath fühlte sich an seinen Besuch vor einer Woche erinnert. Dicke Luft.
    »Schön, dass Sie ein bisschen Zeit für mich erübrigen konnten«, sagte der Buddha schließlich.
    »Selbstverständlich, Herr Kriminalrat.«
    »Ich hoffe, es wird nicht zu teuer für mich. Wie viel nehmen Sie denn so die Stunde?« »Wie bitte?«
    »Oder haben Sie Tagessätze?« »Ich verstehe nicht ... «
    »Na, wie viel Sie so verdienen als Privatdetektiv?« Scheiße.
    »Ich arbeite nicht als Privatdetektiv, Herr Kriminalrat!«
    »Dann sind Sie also nicht der Gereon Rath, der im Auftrage des Filmproduzenten Manfred Oppenberg nach dem Verbleib der als vermisst gemeldeten Schauspieler in Vivian Franck geforscht hat?« »Ach, das meinen Sie. Ich habe nur ein paar Nachforschungen angestellt, nichts Wildes.«
    »Sie wissen, dass es sich dabei um eine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit handelt?«
    »Ach, hören Sie auf!« Rath versuchte weiterhin, locker zu klingen; es gelang ihm immer schlechter. »Das war ein Freundschaftsdienst, keine Nebentätigkeit !«
    »Freundschaftsdienst? Das sagen Schwarzarbeiter auch.« »Ich habe doch kein Geld dafür genommen!«
    Rath hoffte, dass Oppenberg Ähnliches gesagt hatte.
    »Meinen Sie, das macht die Sache einfacher für Sie? Wenn Sie zu einem Mann, der in zwei laufenden Ermittlungen eine Rolle spielt und durchaus auch als Mordverdächtiger infrage kommt, freundschaftliche Beziehungen unterhalten, und sei es nur über einen Freundschaftsdienst, dann müssen Sie uns das sagen! So etwas nennt man Befangenheit!«
    »Als ich Oppenberg den Gefallen tat, konnte ich ja nicht ahnen, dass aus dem Vermisstenfall ein Mordfall wird.«
    »Als es das aber wurde, haben Sie immer noch geschwiegen.« »Jawohl.«
    Gennat schlug mit der Faust auf die Schreibtischplatte. »Was glauben Sie

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