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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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ich Ihrem Kommissar da doch schon alles erzählt!« »Aber von Ihrem Theater haben Sie nichts erzählt. Es ist doch Ihr Theater, oder?«
    »Ich bin der künstlerische Leiter«, sagte Meisner. »Wenn Sie das damit meinen.«
    »Wer hat das Gebäude denn gekauft?« »Gepachtet.«
    »Auch das kostet eine Menge Geld. Und dann der Aufwand, aus einem Kino ein Theater zu machen.«
    »Wir mussten nur die Leinwand rausreißen, die ganze Bühnentechnik war noch da. Bevor es zum Kino wurde, war das Tivoli nämlich schon mal ein Theater.«
    »Aber billig war es bestimmt dennoch nicht. Wie haben Sie es denn finanziert?«
    »Ich habe von meiner Frau kein großes Erbe zu erwarten, wenn Sie das meinen, Herr Kriminalrat. Das habe ich Ihrem Kommissar gestern doch schon erzählt!«
    »Dann sagen Sie mir doch, wie die Finanzierung aussieht.«
    »Ich habe eine stille Teilhaberin. Cora Bellmann hat das Projekt finanziert, sie wird auch den größten finanziellen Nutzen daraus ziehen. Mir geht es allein um die Kunst.«
    »Was sagt Bellmann denn dazu, dass seine Tochter mit einem seiner Schauspieler und wahrscheinlich seinem Geld so etwas aufzieht?«
    »Es war seine Idee. So können wir Originalstoffe von der Leinwand auf die Bühne bringen und umgekehrt. Gerade jetzt, wo der Film sprechen kann, ist das doch ein naheliegender Gedanke.« Meisner lebte richtig auf, als er von seinen Plänen erzählte. »Die Betty-Winter-Bühne wird eine Volksbühne werden. Aber nicht so eine wie die am Bülowplatz, nur für kommunistische Wirrköpfe, sondern eine im besten Sinne. Wir spielen die Stücke, die die Leute wirklich sehen wollen, wenn sie sich von ihrem Alltag erholen. Stücke, die ans Herz gehen, und in denen man auch mal schmunzeln kann.«
    »Sie machen also sozusagen Theater für die Leute, die sonst ins Kino gehen.«
    »Wenn Sie so wollen.«
    »Und der berühmte Victor Meisner spielt die Hauptrollen ... « »Nur am Anfang. Eigentlich bin ich Intendant. Aber wir müssen erst einmal Zuschauer gewinnen und das geht mit meinem Namen am besten.«
    »Und warum heißt es dann Betty-Winter-Bühne?«
    »Das ist doch wohl das Mindeste, was ich ihr schuldig bin!« »Wollte Ihre Frau denn auch mitspielen?«
    »Kleinere Rollen eventuell, mir zuliebe, mehr aber bestimmt nicht.« Meisner schüttelte den Kopf. »Betty konnten Sie mit Theater nicht kommen. Sie hat immer nur Film gesehen, Film, Film, Film. Auf der Leinwand hat sie auch wesentlich besser gewirkt als auf der Bühne. Es war ein Wunder, was das Zelluloid aus ihr gemacht hat.«
    »Und warum wollte sie dann Bellmanns Firma verlassen?« »Wahrscheinlich, weil der zu geizig war.« Meisner ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Natürlich ging es um Geld. Aber sie sah bei dem neuen Produzenten auch mehr künstlerische Möglichkeiten für sich.«
    »Für sich, aber nicht für Sie ... «
    »Man wollte sie und nicht mich, das lag nicht in Bettys Ermessen.« Er zuckte die Achseln. »Damit muss eine Schauspielerehe leben können. Ich habe es Betty gegönnt. Aber leider ... « Er verbarg seine Augen kurz mit der Hand.
    »Wer ist denn dieser ominöse Produzent, der zwar Betty Winter verpflichten wollte, aber nicht Victor Meisner?«
    »Das wüsste ich auch gern. Sie wollte es mir nicht verraten, bevor nicht alles unter Dach und Fach war. Da war sie abergläubisch. Ich weiß bis heute nicht, wer sie umworben hat.«
    »Und Sie wären dann bei Bellmann geblieben?«
    »Ich bin bei Bellmann geblieben. Ich fühle mich sehr wohl dort.
    Ich bin sein wichtigster männlicher Darsteller, bei ihm kann ich alles drehen, was ich möchte, Krimi, Abenteuer, Komödie ... « »Und warum machen Sie dann ein Theater auf? Das sieht doch so aus, als hätten Sie beim Film keinen Erfolg mehr.«
    »Sie verstehen wirklich nichts von unserem Gewerbe.« Meisner schüttelte den Kopf. »Ein eigenes Theater, das war schon immer mein Traum. Seit ich denken kann. Das hindert mich ja nicht daran, weiterhin Filme zu drehen. Vielleicht ein paar weniger als jetzt.«
    Gennat nickte nachdenklich.
    »Wir müssen Sie noch einmal bitten, sich genau daran zu erinnern, was am achtundzwanzigsten Februar geschehen ist, vor allem, wo Sie selbst sich aufgehalten haben.«
    »Ihr Kollege hat mich das ja auch schon gefragt, und da habe ich mich gestern Abend noch hingesetzt ... « Meisner zog ein Blatt Papier aus der Tasche und faltete es auseinander. » ... Ich habe diesen schrecklichen Tag ein zweites Mal in Gedanken durchlebt und alles notiert: Wann ich wo

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