Der stumme Tod
Sabotagekonstruktion zunutze gemacht.«
Meisner lächelte nur amüsiert. »Weiter«, sagte er. »Wahrscheinlich hat er sie Ihnen selbst verraten. Als er das Atelier verließ, hielt er Sie doch für seinen Freund.«
»Ja, wir haben uns schnell angefreundet, das wird Ihnen jeder bestätigen. Ich konnte ja nicht ahnen, was das für ein Mensch ist.«
»Wahrscheinlich haben Sie ihm sogar bei seiner Flucht geholfen.
So hatten Sie ständig Kontakt zu ihm und hatten ihn unter Kontrolle.«
»Über Freundschaftsdienste spricht man nicht.«
»Und als er Ihnen erzählte, dass er sich mit mir verabredet hat, haben Sie Panik bekommen. Sie mussten ihm nicht einmal folgen, er hatte Ihnen bestimmt gesagt, wann und wo er mich trifft. Vielleicht war der Treffpunkt sogar Ihr Vorschlag, Sie wohnen doch direkt am Funkturm. Vielleicht haben Sie Krempin auch so perfekt maskiert, das können Sie ja, wie man hört. Und dann, während er noch das Terrain sondierte vor unserem Treffen, haben Sie ihn hinuntergestoßen. Dumm nur, dass er sich gewehrt und Ihnen dabei Ihr Haarteil vom Kopf gefegt hat.«
»Interessante Geschichte. Glaubt Ihr Kriminalrat die auch? Das kann ich mir kaum vorstellen. Ohne Beweise geht gar nichts in Ihrem Beruf, das wissen Sie doch. Sonst kriegen Sie aber gewaltigen Ärger mit dem Staatsanwalt.«
»Vielleicht habe ich Beweise! Ein Toupet, das irgendwo in den Streben des Funkturms hängen geblieben ist. Da wird sich doch feststellen lassen, für wen es angefertigt wurde.«
»Das Toupet, von dem Sie reden, stammt aus dem Fundus der La Belle. Das kann Krempin dort ebenso gestohlen haben wie jeder andere, der dort arbeitet. Das ist überhaupt kein Beweis.«
»Wissen Sie, was das gerade war? Ein Geständnis«, sagte Rath. »Dafür musste ich Sie ja nicht einmal verprügeln!«
Meisner drückte einen Knopf auf der Schalttafel, und der Aufzug setzte sich wieder in Bewegung.
»Wer hat denn das gehört außer Ihnen? Und Sie verdächtigen mich doch sowieso. Was ändert das also?«
»Ein Geständnis hört man immer gern. Für unsere Arbeit ist das in etwa dieselbe Bestätigung wie Applaus für die Ihre.«
»Ich habe Ihnen den Mord doch längst gestanden, wie Sie wissen.
Und Sie selbst haben gesagt, dass kein Richter der Welt mir daraus einen Strick drehen wird, dass ich in Panik einen Eimer Löschwasser über meine arme Frau ausgekippt habe.«
»Warum haben Sie es getan?«
»Was meinen Sie, wie das ist, wenn einem ewig vorgehalten wird, was für ein Versager man ist? Immer wieder musste sie es sagen, wie ein verdammter Plattenspieler, der hängen geblieben ist!« Er lächelte. »Nun ja. So ein Versager bin ich dann wohl doch nicht.«
Der Aufzug stoppte, und Meisner öffnete die Tür.
»War nett, mit Ihnen geplaudert zu haben, Herr Kommissar«, sagte er und stieg aus. »Aber jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich muss mich umziehen, ich bin zum Essen verabredet.«
»Grüßen Sie Fräulein Bellmann bitte«, sagte Rath, »und vergessen Sie nicht: Ich bin hartnäckig.«
Frau Lennartz schaute überrascht, als er die Wohnungstür aufschloss. Er hatte ganz vergessen, dass sie heute putzte.
»Herr Kommissar« Sie wrang den Putzlappen aus. »Ich bin gleich fertig, habe gar nicht mit Ihnen gerechnet,«
»Wollte heute mal zu Hause Mittag essen«, sagte er.
»Soll ich Ihnen etwas bringen? Wir essen auch gleich, Peter und ich.«
»Vielen Dank.« Rath hob die Aschinger-Tüte. »Ich hab mich schon versorgt.«
»In die Küche können Sie noch nicht, warten Sie doch einen Moment im Wohnzimmer.«
Er legte eine Platte auf, während er wartete. Den Cognac ließ er im Schrank, obwohl ihm danach zumute war. Noch zu früh am Tag, außerdem musste die Hauswartsfrau ihn nicht beim Trinken sehen.
Nach fünf Minuten steckte sie ihren Kopf durch die Tür. »Ich bin jetzt fertig.«
Rath wartete noch, bis sie aus der Tür war, dann machte er die Musik aus, ging in die Küche und setzte als erstes Kaffeewasser auf. Er packte die Buletten aus, aber richtigen Appetit hatte er nicht. Den Rest könnte er Kirie mitbringen, die würde sich freuen. Er betrachtete das Toupet und untersuchte es, aber einen Schriftzug La Belle, eine Inventarnummer oder so etwas konnte er nicht entdecken, nur einen kaum zu entziffernden Firmennamen. Schwer zu sagen, ob Meisner vorhin geblufft hatte. Denkbar war es jedenfalls, dass er auf dem Funkturm eine Theaterperücke getragen hatte, und nicht seine eigene. Er hatte nicht nur Krempin bis zur Unkenntlichkeit
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