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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Innentasche.
    »Hier isses!« Er zeigte Rath ein kleines braunes Notizbuch. »Also«, sagte er nach kurzem Blättern, »Sonnabend, achter Februar, neun Uhr dreißig ab Charlottenburg, Kaiserdamm. Jefahren bis Wilmersdorf. Hohenzollerndamm. Ecke Ruhrstraße.«
    »Und dann?« »Wie?«
    »Hat sie Sie warten lassen? Gab's noch eine Folgefahrt? Vielleicht zu irgendeinem Bahnhof? Oder zum Flughafen?«
    Ziehlke schüttelte den Kopf. »Ne, da stand eener, der hatse abjeholt, und dann ... «
    »Jemand hat sie abgeholt?«
    Der Taxifahrer nickte. »Stand da schon an der Straßenecke und wartete. Hatte sojar Jrünzeuch dabei, Blumen vom Feinsten. Sah aus wie'n Schauspieler.«
    »Kannten Sie den Mann?«
    »Ne. Nie jesehen.«
    »Und wie kommen Sie darauf, dass es ein Schauspieler war?« Ziehlke zuckte mit den Schultern. »Na, weiler eben so aussah,
    wal Jutaussehend, elejante Erscheinung. Un Vivian Franck is ja nu mal Schauspielerin, wenn ick nich irre.«
    Rath zog das Foto von Rudolf Czerny aus der Tasche. »War es vielleicht der hier?«
    »Der Czerny? Ne, den kennt man doch. War einer, den ick noch nie irjendwo im Kino jesehen hab.«
    Rath steckte das Foto wieder ein. »Können Sie sich noch erinnern, wohin die beiden gegangen sind?«
    »Han'ck nich mehr jesehen. Bin dann gleich zum Taxistand und hab uff die nächste Fuhre jewartet.« Er schaute noch einmal in sein Buch. »Reinickendorf. Erst drei viertel elf. Stimmt, ick hab elend ich lang jewartet. Hab da jestanden un meene Stullen ausjepackt.«
    »Und Vivian Franck haben Sie nicht mehr gesehen. Dass sie noch mal auf die Straße gekommen ist. Oder ihr Begleiter?«
    »Die Franck sehense doch überall uff de Kinoplakate. Ne, aber in echt isse mir nich mehr übern Wech jeloofen. Wat issen eijentlich passiert, warum wollense det allet wissen? Jeht's um Rauschjift? Also, bei mir inner Taxe dulde ick sowat nich, det könnense mir jloobenl«
    Rath lächelte vielsagend und verabschiedete sich.
    Draußen auf der Cheruskerstraße zündete er sich erst einmal eine Zigarette an, bevor er ins Auto stieg, und klappte die Scheibe runter. Er musste diesen Geruch aus seiner Nase bekommen. Gebratene Leber hasste er seit seiner Kindheit, als ihn seine Mutter regelmäßig damit traktiert hatte. Annos Lieblingsessen. Selbst nach dem Heldentod ihres Ältesten hatte sie es immer wieder aufgetischt ...
    Er startete den Wagen und fuhr los.
    Sonntagmittags war wenig los auf den Straßen. Am Hohenzollerndamm parkte Rath den Buick vor einer Weinhandlung. Die Einmündung der Ruhrstraße sah aus wie eine ganz normale Straßenecke. Ein Eckhaus beherbergte im Erdgeschoss ein Restaurant, das andere ein Herrenbekleidungsgeschäft, ansonsten waren es ganz normale gutbürgerliche Wohnhäuser. Rath stieg aus und sah sich die Gegend an. Wen um alles in der Welt konnte Vivian Franck hier besucht haben? Die Schilder an den Häusern wiesen auf Rechtsanwälte, Ärzte und Steuerberater hin, keines auf einen Filmproduzenten. Und auch die Namen an den Briefkästen sagten ihm nichts. Aber wahrscheinlich schrieben Filmberühmtheiten auch nicht ihre richtigen Namen auf den Briefkasten. Nicht einmal ein Reisebüro gab es hier, in dem sie ihre Karte für die Überfahrt hätte abholen können. Das Restaurant allerdings war etwas Besonderes: ein chinesisches Restaurant. Yangtao sagte die Leuchtreklame, was das auch heißen mochte.
    Aber eine Antwort auf seine Fragen fand er hier nicht. Warum hatte Vivian Franck am achten Februar ein Taxi zum Hohenzollerndamm genommen und nicht zum Anhalter Bahnhof, wo Rudolf Czerny auf sie wartete? Und was hatte sie gemacht, nachdem sie aus dem Taxi ausgestiegen war?
    Er musste herausfinden, was sie an dieser Straßenecke gewollt hatte. Ihr Foto herumzuzeigen war jetzt am Sonntag, wo in dieser Gegend kaum Menschen unterwegs waren, nicht sonderlich Erfolg versprechend. Vielleicht sollte er Oppenberg fragen, ob ihm die Adresse etwas sagte. Wenn hier irgendwo ein Filmproduzent wohnen sollte, wären sie schon einen großen Schritt weiter.
    Rath ging zurück zum Auto und stieg ein. Er schaute auf die Uhr.
    Halb zwei. Langsam verspürte er Hunger. Allerdings keinen Appetit, und das nicht erst seit dem Besuch bei der Taxifahrerfamilie.
    Wütend schlug er mit dem Handballen aufs Lenkrad. Verdammt!
    Wo er es fast geschafft hatte, sie zu vergessen. Wenigstens hatte es ab und zu mal ganze Tage gegeben, an denen er nicht an sie gedacht hatte.
    Wer um alles in der Welt war dieser Kerl? Dieser

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