Der stumme Tod
machen sollten.«
»Ihre Fantasie geht mit Ihnen durch. Ich weiß nicht, was Felix geplant hat, aber mit Sicherheit keinen Mord.«
»Dann nennen wir es eben fahrlässige Tötung.«
»Die hat sich doch wohl eher Victor Meisner zuzuschreiben, wenn ich die Zeitungsberichte richtig verstehe.«
»Bringen Sie hier mal nichts durcheinander! Ohne die Geschichte mit dem Scheinwerfer hätte das gar nicht passieren können. Und die Beleuchtungsanlage war manipuliert, so viel steht fest.« »Ausgeschlossen.« Oppenberg schüttelte den Kopf. »So etwas passiert ihm nicht.«
»Wie bitte?«
»Felix würde nie das Leben eines Menschen riskieren. Was auch immer er da ausgetüftelt haben mag mit diesem Scheinwerfer, glauben Sie mir, es war perfekt.«
»Und weil es perfekt war, liegt Betty Winter jetzt im Leichenschauhaus?«
»Ich weiß nicht, warum sie da liegt.« Oppenberg zuckte die Achseln. »Das müssen Sie herausfinden, Sie ermitteln in diesem Fall!« Der Kellner kam mit dem Rotwein und schenkte ein.
Oppenberg hob sein Glas. »Glauben Sie mir, ich werde Sie nach Kräften unterstützen.«
»Warum soll ich Ihnen glauben, wo Sie mich schon einmal angelogen haben?«, fragte Rath, als der Kellner sich wieder zurückgezogen hatte.
»Ich habe Sie nicht angelogen. Vielleicht nicht die ganze Wahrheit gesagt, das mag sein.«
»Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Ihnen die Häuser in der Guerickestraße gehören?«
»Ich habe es nicht für wichtig gehalten.«
»Und die leere Wohnung? War es nicht naheliegend, dass Krempin sich dort versteckte?«
»Direkt vor den Augen der Polizei, die seine Wohnung überwacht? Das halte ich nicht für naheliegend, eher für tollkühn.«
»Nun gut.« Rath lenkte ein. Vielleicht hatte Oppenberg ja recht. »Jedenfalls sollten Sie mir in Zukunft auch die Dinge erzählen, die Sie für unwichtig halten, sonst wird unsere Zusammenarbeit nicht funktionieren. Glauben Sie nicht, Sie könnten mit mir machen, was Sie wollen!«
Oppenberg hob beschwichtigend die Hände. »Mein lieber Rath, es tut mir leid, wenn hier ein falscher Eindruck entstanden ist. Ich werde Ihnen nach Kräften helfen, Ihren Fall zu lösen. Wenn auch Sie Ihren Teil der Vereinbarung erfüllen. Haben Sie denn schon etwas über Vivians Verbleib herausgefunden?«
Rath war sprachlos, wie ungeniert Oppenberg wieder zur Tagesordnung überging.
»Wenn Sie schon von Vereinbarung sprechen: Ich habe meinen Teil mehr erfüllt als Sie Ihren.«
Oppenberg nickte und griff in seine Innentasche. »Sie haben ja recht.« Er zählte Rath fünf Zwanzigmarkscheine auf den Tisch. »Nehmen Sie das als Anzahlung.«
Rath starrte auf die Scheine. Er konnte das Geld gut gebrauchen, das Auto war nicht gerade billig, das Geld aus dem Umschlag, den er eines Spätsommertages im Briefkasten gefunden hatte, war zu einem großen Teil schon für den Kauf draufgegangen. Aber irgendetwas in ihm widersetzte sich Oppenberg, der offensichtlich glaubte, mit Geld seien alle Probleme zu lösen. Er schob die Geldscheine zurück über den Tisch. »Ich denke, wir sind Freunde«, sagte er.
Oppenberg steckte das Geld achselzuckend wieder ein. »Wie Sie meinen«, sagte er. »Dann erzählen Sie mal: Was haben Sie herausgefunden?«
»Vivian Francks letzte Taxifahrt«, sagte Rath. »Als sie ihr Apartment verlassen hat.«
»Am Tag ihrer Abreise?«
»Das ist es ja: Sie war nie in den Bergen. Sie ist nicht zum Bahnhof gefahren, obwohl sie ihre Koffer ins Taxi gepackt hat.«
Noch während er sprach, fiel ihm ein, dass er Ziehlke, den Taxifahrer, gar nicht gefragt hatte, was mit den Koffern von Vivian Franck geschehen war, so sehr hatte er sich auf den Unbekannten fixiert, der sie an der Straßenecke abgeholt hatte.
»Und wohin ist sie gefahren?«, fragte Oppenberg.
»Wilmersdorf, Hohenzollerndamm. Sagt Ihnen das was? Kennt Vivian da jemanden? Einen Schauspieler? Oder vielleicht einen Produzenten? «
Oppenberg zuckte die Achseln. »In der Gegend? Nicht dass ich wüsste.«
»Jemand hat sie abgeholt. Wenn Sie mir ein paar Fotos von Vivians Bekannten zusammenstellen, könnte ich den Taxifahrer damit noch mal besuchen, vielleicht erkennt er den Mann.«
»Kein Problem.«
»Gut. Ich melde mich dann bei Ihnen.«
Rath verließ den Tisch, ohne sein Glas auszutrinken.
Sonntag,
2.März 1930
Kapitel 17
Die Dämonen waren verschwunden.
Er wusste nie, wann es so weit war. Irgendwann verschwanden sie einfach aus seinen Träumen, genauso überraschend wie sie gekommen waren.
Er
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