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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Johansson
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trat.
    »Ich weiß. Es tut mir leid. Ich wurde durch eine Leiche aufgehalten. Und durch die Polizei.«
    »Was? Du hast doch keinen umgebracht?« Richard sah irritiert aus. »Was erzähltst du denn für einen Quatsch?«
    »Ehrlich. Ich bin heute mit dem Rad gekommen. Das geht gut, immer am Hudson entlang, da gibt es einen richtigen Radweg. Du weißt, ich wohne ja oben an der Columbia, an der 125 th Street. Und am Fairway Market komme ich an das Ufer, und da sehe ich, wie etwas Dickes, Rotblaues den Fluss herunterschwimmt. Ich halte an, und da sind noch ein paar Radfahrer, und alle sehen dasselbe: Da kommt ein Toter angeschwommen, zwischen den Eisschollen, so eine richtige Wasserleiche, und verfängt sich im Gestrüpp am Ufer. Ich rufe natürlich sofort die Cops an, und wisst ihr, was der Kerl am Telefon sagt: ›Hey man, cool down.‹ Es dauert dann eine Viertelstunde, wirklich, eine Viertelstunde, bevor ein Streifenwagen kommt, und dann steigen die Cops aus, so richtige, schwere Kerle, schauen sich diese dicke Blase an, die da jetzt fast am Ufer liegt. Und wisst ihr, was der eine dann sagt: ›Well, Sir‹, sagt er zu mir, ›by this time of the year they pop up everywhere.‹ Als wenn das ein Gänseblümchen auf der Wiese wäre. ›Zu dieser Jahreszeit tauchen die überall auf.‹ Und dann passiert weiter: gar nichts. Die Leiche liegt vermutlich noch immer da.«
    Mit dem Gelächter, das seine Geschichte auslöste, hatte Johan in seiner Empörung nicht gerechnet. Einen Augenblick war er irritiert, weil er nicht wusste, ob seine Erzählung mit dem Gelächter gemeint war oder er selbst. »Eine gute Geschichte«, lachte Richard, »den Satz merke ich mir: ›By this time of the year they pop up everywhere.‹ Kommt, wir müssen arbeiten.« Er wandte sich jetzt dem großen Bildschirm zu: »Schaut her. Ich verstehe jetzt, warum sich der Angreifer bei der Attacke in der vorletzten Woche so schnell zurückzog. Er war weit genug gekommen. Er hatte getan, was er vorhatte.« Auf dem Display leuchtete eine graphische Darstellung der elektronischen Sicherheitssysteme einer Bank auf.
    Einer seiner Mitarbeiter führte den Gedanken weiter: »Ja, er hat nur ein paar kleine Excel-Dateien platziert, mit dem Namen ›recruitment plan‹, an einer ganz entlegenen Stelle, wo keiner hinguckt. Von solchen Dateien gibt es in jeder Firma ein paar hundert, und wenn die jemand aufgemacht hätte, wäre nichts zu sehen gewesen. In diesen Dateien war ein Backdoor-Trojaner versteckt, der einem Außenstehenden zu einem späteren, bestimmten Zeitpunkt den Zugang eröffnete. Das Sicherheitssystem merkt nichts, weil der Zugang ja von innen geöffnet wird und der Computer, auf dem diese Datei gelagert ist, alle Security-Routinen mitmacht.«
    »Das erste Mal passierte es ein paar Tage nach der ersten Attacke. Jetzt sind wir bei mindestens zwei, wenn nicht drei Dutzend Attacken.«
    »Wir können doch nicht zulassen«, fuhr Richard Grenier fort, »dass alle paar Tage einer vorbeispaziert, sich die Daten eines großen Kunden nimmt, Kontostand, Kontobewegungen, Kreditvereinbarungen, Laufzeiten, Sicherheiten, und das ganze Zeug einfach so ins Netz stellt. Und zwar vor allem bei Leuten, die uns dafür bezahlen, dass das nicht passiert.«
    »Die American National steht nicht allein vor diesem Problem.«
    »Ein Glück für uns, sonst wären unsere Verträge längst gekündigt. Hast du gehört, dass Robert Yates sich umgebracht hat, der CEO von Westport Financial? Vorgestern standen seine Kontodaten im Netz, und, o Mann, das sah nicht gut aus.«
    »Wenn das so weitergeht, wird er nicht allein bleiben. Da kommt einiges zusammen, und jedes Mal geht es um Insiderhandel.«
    »Und die Leute finden es gut, was da passiert. ›Geldwäsche‹ steht heute auf der ersten Seite der ›New York Mail‹, über dem Foto von Robert Yates, und der Autor macht ziemlich aggressiv klar, was er von einem Bankmanager hält. Wer auch immer hier in die Bankcomputer einbricht, er weiß nicht nur, was er tut, sondern auch, wie man zum Volkshelden werden kann.«
    »Wenn du weiter so redest, Johan, wirst du dich auch nach einem neuen Job umschauen müssen. Sei vorsichtig. Uns interessiert jetzt etwas anderes: Wir müssen den Angreifer finden, und wir müssen ein System entwickeln, das solche Angriffe nicht zulässt. Fällt dir dazu etwas ein?«
    Johan zog eine Tastatur zu sich und gab einige Befehle ein. Auf dem Bildschirm leuchtete vor dem Hintergrund einer Weltkarte ein aus vielen

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