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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Johansson
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komisch ist: Die Polizei hat eigens einen Kommissar aus Kristianstad geschickt, um den Fall aufzunehmen. Du weißt bestimmt, wer das ist: Pelle Larsson. Es ist ja immer derselbe. Ich kenne ihn noch aus der Schule, er war eine Klasse unter mir, ein fetter Kerl, der leider stark war, stärker als ich jedenfalls. ›Klumpen‹ nannten wir ihn damals. Ich musste heute über eine Stunde auf ihn warten. Also, ich mache den Job hier ja schon ein paar Jahre, trotz allem. Normalerweise wäre ein Einbruch von seinen Kollegen aus Osby betreut worden. Und dann kommt der Mann eigens aus Kristianstad und glaubt mir erst einmal nicht, dass überhaupt eingebrochen worden ist. Als wollte ich die Versicherung betrügen. Oder er tut so …«
    »… aber sag, wie geht es Katarina … behauptet sie noch immer, dass er sich unmöglich umgebracht haben kann …? Ja, das verstehe ich, es wird jetzt vielleicht Wochen dauern, bis sie über den ersten Schmerz hinweg ist.«
    »Ich will jetzt wissen, warum jemand bei mir eingebrochen hat. Der einzige Drogenabhängige, den es in Osby gab und der manchmal irgendwo etwas stahl, weil er Geld brauchte, Fernseher und so etwas, sitzt jedenfalls seit über einem Jahr in einem geschlossenen Heim. Mir ist das unheimlich, ich – ich fürchte, dass da noch etwas kommt.«

Neunundzwanzig
    In diesem Frühjahr waren in Malmö sechs Menschen auf offener Straße erschossen worden, einer von ihnen, ein Einwanderer aus dem Kosovo, sogar auf Stortorget, dem großen Platz vor dem Rathaus. Jedes Mal schien die Tat nach demselben Muster abzulaufen: Ein Mann ging über eine Straße, stand auf einem Bürgersteig, wartete an einer Bushaltestelle, und plötzlich trat jemand hervor, zückte eine Pistole und schoss. Und immer war die Polizei ratlos, und nie war ein Motiv zu erkennen, und jedes Mal handelte es sich um Immigranten oder um Söhne von Immigranten. Malmö sei die Bronx Schwedens, schrieben die Boulevardzeitungen, die alle in Stockholm zu Hause waren. Malmö, das sei die »Gangsterstadt«, in der dreißig Prozent der Einwohner irgendwo im Ausland geboren seien, Malmö, das sei die Stadt an der Grenze, die Stadt mit dem großen Hafen, die Stadt gegenüber von Kopenhagen, die sich gegen die von außen kommende Kriminalität gar nicht wehren könne. Die Stadtteile Rosengård, wo der Fußballspieler Zlatan Ibrahimovic herkomme, und Södra Sofielund im Süden der Innenstadt seien die kriminellsten Milieus in Schweden.
    Anfang Juni, mitten in den Feiern zum Schulabschluss, war in einem kleinen Park am helllichten Tag ein fünfzehnjähriger Schüler, der einzige Sohn einer Flüchtlingsfamilie aus dem Irak, erschossen worden. Die Suche nach den Tätern blieb wieder erfolglos, wieder schien es kein Motiv zu geben. Die Tat sei vielleicht ein Irrtum gewesen, meinte die Polizei, vielleicht ein Racheakt in einem Ehrenhandel, der aus den Proportionen geraten sei. Aber das Entsetzen in der Stadt war groß. Die sozialdemokratischen Politiker riefen dazu auf, die Bemühungen um die Integration von Einwanderern zu verstärken, die Konservativen verlangten nach mehr Gesetzen und nach mehr Polizei, die Rechtspopulisten forderten, sofort den Zuzug von Ausländern zu unterbinden und jeden Angehörigen eines anderen Staates sofort auszuweisen, wenn er straffällig geworden sei.
    Die Zeitungen veröffentlichten Dokumentationen des organisierten Verbrechens: Da gab es zwei, drei große Motorradclubs, die eng mit kontinentaleuropäischen und auch amerikanischen Banden zusammenarbeiteten. Da gab es kriminelle Clans aus Bosnien und aus dem Kosovo, die wiederum eng mit russischen und türkischen Organisationen kooperierten. Sie alle bekämpften sich gegenseitig, und alles, Drogen, Frauen, Waffen, kriminelle Dienstleistungen aller Art, war käuflich. Drei Journalisten einer Boulevardzeitung versuchten in einer spektakulären Aktion, in der Innenstadt von Malmö eine Pistole mit Munition zu kaufen, ohne Vorbereitung. Es gelang ihnen in einer halben Stunde, dann besaßen sie eine Beretta. Sie lieferten die Waffe zwar sofort in der nächsten Polizeistation ab, wurden aber dennoch wegen illegalen Waffenbesitzes angezeigt.
    Die Stadt war in Unruhe. Die Leute fürchteten sich, auf die Straße zu gehen. Es bildete sich eine Initiative, die alle Bürger Malmös zu einem öffentlichen Bekenntnis gegen die Gewalt vereinen wollte. Und tatsächlich, nachdem alle Zeitungen und Rundfunkstationen zu dieser Demonstration aufgerufen hatten, zogen

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