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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Johansson
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laut, und man sah, wie sich die Kollegen um ihn herum duckten.
    Ronny schwieg ein paar Sekunden. Dann sagte er kleinlaut: »Also gut, wenn es denn unbedingt sein muss. Ich fahre nach Älmhult, morgen.«
    »Heute.«
    Kommt man von Süden nach Älmhult hinein, passiert man zunächst ein großes Industriegelände, in dem lauter Hallen von Firmen stehen, die irgendwie zu Ikea gehören – die Zentrale von Swedwood liegt dort, wo für Ikea alles hergestellt wird, was mit Holz zu tun hat, Ikeas Marketing-Organisation hat ihre Hauptverwaltung in diesem Industriegebiet, das größte Foto-Studio Europas befindet sich nebenan. Dann liegt, ein wenig weiter Södra Esplanaden hinauf, die Polizeistation auf einem kleinen Hügel über der Straße. Eigentlich sieht sie gar nicht wie eine Polizeistation aus, sondern eher wie eine nicht besonders gut gepflegte, hölzerne Villa.
    »Was sagt denn die Gerichtsmedizin zur Todesursache?« Ronny hatte sich vorgestellt und war zu einem älteren, fast weißhaarigen Polizisten geführt worden, der wie ein guter Onkel aussah, ihn mit »junger Mann« anredete und ihn zuerst an die Kollegen in Ljungby verweisen wollte. Das seien richtige Polizisten, und dort hätten sie auch einen Pressesprecher, sagte er. Hier gebe es nur ein paar Streifenbeamte. Er sei schließlich auch nur eine Art Dorfpolizist. Aber dann sah er Ronnys Enttäuschung und ahnte etwas von dem Druck, der auf dem Lokalreporter lastete.
    »Tod durch Strangulieren, sagt der Bericht.«
    »Heißt das, dass er das selbst gemacht hat?«
    »Nicht unbedingt. Aber man hat keine anderen Spuren von Gewaltanwendung gefunden.«
    »Wie kommt man eigentlich auf den Stuhl hinauf?«
    »Es geht, wenn man sehr sportlich ist. Wir haben es ausprobiert. Aber das bedeutet natürlich nicht, dass es so geschehen ist.«
    »Was glaubt ihr: Wollte er etwas damit demonstrieren, dass er sich an diesem Stuhl umbrachte?«
    »Wie soll ich das wissen?«
    »Oder wollte jemand etwas an ihm demonstrieren?«
    »Komm, hör auf, solche Spekulationen führen doch zu nichts.«
    »Es ist also irgendwie unklar, wie das passiert ist?«
    »Wir wissen, was wir wissen, und was wir nicht wissen, wissen wir nicht.«
    »Also, wenn ich mir das so überlege«, sagte Ronny, »dann denke ich mir, dass es hier nur zwei Möglichkeiten gibt. Entweder, er war es selber, und dann ist das eine Anklage, dass er den Stuhl dafür genommen hat: Seht mal, was ihr mir angetan habt, heißt das, gerichtet an wen auch immer. Oder er war es nicht selber, und dann steht der Stuhl für eine Warnung: Was wir mit ihm gemacht haben, können wir mit jedem machen, heißt das dann. Oder verstehe ich das falsch?«
    »Ich kann dazu wenig sagen«, meinte der Polizist, »wie gesagt, das sind alles Ratereien.«
    »Ist bei der Obduktion irgendetwas Ungewöhnliches herausgekommen?«
    »Der Junge hatte eine hohe Dosis von Beruhigungsmitteln im Blut.«
    »Verstehe. Dafür kann es aber auch mehrere Gründe geben.«
    »Ja, das sagen die Gerichtsmediziner auch.«
    »Gibt es denn eine Ermittlung – ich meine, wird jetzt untersucht, ob es sich um einen Mord handeln könnte?«
    »Selbstverständlich, wir haben sogar eine Sonderkommission gegründet. Aber auch das heißt nicht, dass es kein Selbstmord war.« Mehr war aus dem freundlichen Polizisten nicht herauszubekommen.
    Das Haus der Eltern, ein hölzernes, falunrot gestrichenes Fertighaus, wie es Hunderttausende in Schweden gibt, lag am nördlichen Stadtrand von Älmhult, nicht weit vom See Möckeln und nicht weit von der Internationalen Schule. Als Ronny klingelte, öffnete ein kleines Mädchen. Die Mutter folgte ein paar Schritte dahinter und schob das Kind, das gerade etwas sagen wollte, energisch beiseite. Ihr Sohn sah ihr sehr ähnlich, dachte Ronny, während sie ihn voller Misstrauen anblickte. Er stellte sich vor.
    »Ich bin ein Freund von Benigna Klint, der Mutter von Katarina«, stotterte er, »und ich bin Journalist bei ›Skåneposten‹. Das tut mir so leid, alles. Aber können wir einen Augenblick über Magnus reden?«
    »Als was bist du denn hier?« Die Mutter klang sehr unfreundlich.
    »Ich habe Magnus ein paarmal getroffen, bei Benigna«, antwortete Ronny, »wir – wir können uns alle nicht vorstellen, dass er Selbstmord begangen hat.«
    »Willst du auch seinen Computer haben? Das Notebook? Ich weiß nicht, wo er ist, ich habe ihn nicht gesehen«, sagte die Mutter barsch.
    »Welcher Computer?«
    »Tu doch nicht so. Alle waren schon hier deswegen,

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