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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Johansson
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sinnlos diese Gewalt ist, dachte er. Es gibt doch bestimmt irgendwo ein Backup. Aber nicht hier. Und wenn nicht? Wenn Wilhelm diesen Feldherrenstand ganz für sich allein errichtet hätte, nur hier, nur für sich selbst? Wenn er dem Rest der Welt so misstraute, dass er sich ganz auf seine Burg konzentriert hatte? Wenn alles an diesem einen Ort versammelt gewesen wäre? Und Wille in seiner ganzen Arroganz und Herrlichkeit es schlicht nicht für nötig gehalten hätte, irgendetwas woanders zu sichern?
    Ronny verließ den Saal und schaute sich in den kleinen Räumen um, fand ein großes Papierarchiv und eine Elektrozentrale. Er ging hinunter in den Keller, in dem die Weinvorräte verwahrt wurden, und diese waren beträchtlich, sowie allerhand faulendes Gerümpel. Hinter einer unverschlossenen Stahltür, mit einem Abzug nach draußen, standen zwei Dieselgeneratoren und ein Tank, dessen Anzeige auf null stand. Wilhelm hatte ausreichend Generatoren, dachte Ronny, aber keinen Treibstoff mehr, auf einen Stromausfall von drei Tagen war er nicht vorbereitet gewesen.
    Es war wärmer geworden in der Küche, als Ronny zurückkam.
    »Ich habe die Bestände hier durchgesehen«, sagte Benigna. »Er hat von Konserven gelebt in den vergangenen Tagen, von Nudeln und von Wein. Sein Kaminofen funktioniert ja, genauso wie mein alter Aga-Holzherd. Sein Mobiltelefon habe ich auch gefunden. Das Glas ist zerbrochen, der Akku ist leer, und man kann es nicht laden. Vielleicht ist es hingefallen, oder er hat es gegen die Wand geworfen, als es nicht funktionierte. Das sähe ihm ähnlich.«
    »Hast du eine Idee, was ihm da passiert ist? Wer hat ihn geschlagen? Was ist mit den Computern passiert? Kommt da noch etwas?«
    »Keine Ahnung. Als die Arbeiter unten an der Kreuzung ihn sahen, schien er ja noch gut beieinander zu sein. Sie haben bestimmt nichts damit zu tun, das sind Leute von hier, Bauern und Waldarbeiter. Sie verehren den Verrückten von Ekeby Gård. Er ist für sie immer noch der Patron. Und er fürchtete sich, glaube ich, überhaupt nicht. Oder nicht mehr. Aber es ist wahrscheinlich besser, wenn wir beide hierbleiben.«
    Es war früher Nachmittag, als plötzlich das Licht anging und der Kühlschrank mit einem Schütteln wieder den Betrieb aufnahm.
    »Der Strom ist wieder da«, rief Benigna. Gemeinsam brachten sie auch die Heizung wieder in Gang, eine große, moderne Anlage zur Gewinnung von Bergwärme, dann räumten sie die Küche auf. Ronny hatte Papier und Stift gefunden und schrieb am Küchentisch einen kleinen Artikel über die Befreiung von Ekeby Gård. Die Wunden im Gesicht des Besitzers und die zerstörte Computeranlage erwähnte er nicht.
    Es war dunkel geworden, und es hatte zu schneien begonnen, als Wilhelm plötzlich in der Küchentür stand.
    »Was tut mir der Kopf weh.«
    Beningna sprang auf. »Wille!« Sie geleitete ihn zum Tisch. »Setz dich! Willst du einen Kaffee?«
    Wilhelm nickte. Benigna war sofort unterwegs. Der Freiherr schaute Ronny an, das linke Auge war jetzt so geschwollen, dass nur noch ein kleiner Sehschlitz geblieben war. Das rechte Auge fixierte sein Gegenüber.
    »Alles in Ordnung?«, bellte Wilhelm. Die herrische Stimme war unverändert.
    »Wille, was ist geschehen?«
    »Bis heute Morgen war alles in Ordnung, mehr oder weniger. Der Wein war gut, den solltest du auch mal probieren, ein Mormoreto, der steht wie eine alte Eiche. Dann weiß ich nicht mehr so genau. Ich erinnere mich noch daran, dass ein paar Arbeiter kamen und sagten, die Straße nach unten und die Rampe seien jetzt wieder befahrbar. Sie wollten mich ins Krankenhaus schicken, dabei ging es mir prima. Dann kam noch ein Lastwagen mit ein paar Arbeitern, oder wenigstens sahen sie genauso aus, in ihren gelben Anzügen und den Helmen. Es waren große Kerle mit Bärten. Einige hatten Masken, es waren keine Männer von hier, und sie sprachen kein Wort. Sie haben mich verprügelt. Das war nicht fair, zehn gegen einen. Und dann weiß ich nichts mehr. Was in der Datenzentrale geschehen ist, habt ihr ja gesehen.«
    Benigna stellte den Kaffee auf den Tisch und goss Wilhelm einen Becher ein. Er nahm einen Schluck, mit Mühe. Das Schlucken schien ihm weh zu tun. »Bist du sicher, dass es nicht besser ist, die Polizei zu holen?«, fragte Ronny.
    »Scheiße, du Memme!« Im Bruchteil einer Sekunde hatte sich Wilhelms zerschlagenes Gesicht in eine wütende Fratze verwandelt: »Du kannst nicht dem Staat eins aufs Maul geben, die Banken vernichten wollen und

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