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Der Sturm

Der Sturm

Titel: Der Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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vor seinen Augen heruntergelassen, aus dickem, undurchdringlichem weißem Stoff. Nur einen?
    Nein!
    Da! Noch eine weiße Stoffbahn, zwei, drei, unendlich viele. Sie wurden vom Wind durch die Luft geschleudert, schlugen gegeneinander und verursachten ein kaum erträgliches lautes Geräusch – das Donnern des Sturms, der unaufhaltsam näher kam.
    Und erst als Chris die Augen zusammenkniff, um sich vor den winzigen Eiskristallen zu schützen, die ihm ins Gesicht schlugen, sah er sie auf sich zukommen. Julia in ihrem dunkelbraunen Anorak.
    Sie winkte ihm zu.
    Die Erleichterung, die er empfand, war vergleichbar mit der, als sein Vater endlich seinen letzten Atemzug hinter sich gebracht hatte.

11. Kapitel
    S ie folgten Steve in das Büro der Security. Die Selbstsicherheit, mit der dieser Wachmann sich bewegte, reizte Chris zur Weißglut. Wie er auf den blank geputzten schwarzen Lederschuhen abfederte, die Arme beim Gehen schwang, die sportliche Muskulatur, die sich unter der Uniform abzeichnete. Und Chris bemerkte zum ersten Mal, dass sich eine Waffe unter dem Jackett abzeichnete. Er hatte nicht geahnt, dass die Wachleute hier oben bewaffnet waren. Oder betraf das nur Steve Mason?
    Der Bereich der Security hatte mit einem Büro nicht viel gemeinsam. Was Chris entgegenschlug, war eine Wucht von Bildern. Überall standen und hingen Monitore, auf denen leere Flure, Treppen und Räume zu sehen waren. Die schwarzweiße Collage eines Geistercolleges.
    Direkt gegenüber hing ein Fernseh-Flachbildschirm, auf der eine frierende CNN-Reporterin gegen den Wind ankämpfte und in ein Mikrofon brüllte. Der Ton war auf Stumm gestellt, doch die Bilder sprachen für sich. Eine Autobahn versank im Schnee. Die Wagen, die sich aneinanderreihten, waren kaum zu erkennen. Auf dem nächsten Bild wurde ein Flughafen gezeigt, auf dem das Dach eines Hangars unter dem Gewicht der Schneemassen eingestürzt war. Und überall die kreisenden Blaulichter von Rettungswagen.
    »He, ihr seid ja besser ausgestattet als die NASA«, hörte er Benjamin rufen. »Wie viele Kameras habt ihr hier drin?«
    »Keine Ahnung«, entgegnete Steve, ließ sich auf einen der Stühle fallen und klickte auf der Tastatur, die vor ihm auf dem Tisch lag, herum. »Aber ich würde sagen, uns entgeht nichts. Wenn ihr also wissen wollt, was eure Freundinnen so treiben, wendet euch einfach an mich.«
    Ein neues Bild erschien vor ihnen auf dem Monitor und Chris sah Rose, Debbie und Julia aus dem Aufzug kommen. Er beobachtete, wie Julia den Schlüssel in das Schloss von Apartment 213 steckte. Jetzt wandte sie kurz den Kopf und er konnte ihr Profil erkennen. Ihr schulterlanges hellbraunes Haar umrahmte ihr erschöpftes Gesicht, das ihm für den Bruchteil einer Sekunde entgegenstarrte, als wüsste sie, dass er sie beobachten konnte.
    Und dann fiel sein Blick auf Steve und dieses schmierige Lächeln, das auf seine Lippen trat. »Nettes Mädchen«, sagte er mit diesem widerlichen texanischen Akzent, »deine Freundin!« Der Typ war einfach zum Kotzen. Und wie am Morgen hätte Chris ihm am liebsten die Faust ins Gesicht gerammt.
    Im nächsten Moment verschwanden die Mädchen im Apartment und ein leerer Flur blieb zurück.
    Steve tippte jetzt auf seinem Handy herum, aber offenbar meldete sich niemand. Noch mit dem Hörer am Ohr wandte er sich Chris zu. »Warum sind Sie zurückgekommen?«
    Chris fror in seinen nassen Sachen. Er wollte nichts lieber als unter die heiße Dusche, in trockene Kleider schlüpfen, aber er hatte den Plan, das Tal zu verlassen, noch nicht aufgegeben. Daher würde er den Unfall auch nicht erwähnen. Angriff war die beste Verteidigung, entschied er. »Das Schrottauto, das uns das College angedreht hat, können Sie vergessen.« Er zog die Wagenschlüssel des Vans aus der Tasche, ließ ihn einige Sekunden in der Luft schweben und schleuderte ihn dann auf den Tisch vor dem Wachmann.
    Der knurrte nur, dann warf er sein Handy frustriert auf den Schreibtisch. »Verdammter Ted. Wo steckt der Kerl nur?« Er wandte sich wieder Chris zu.
    »Was genau ist passiert?«
    »Die Karre ist einfach stehen geblieben. Wir mussten zurücklaufen. Mann, wir hätten echt tot sein können, bei dem Wetter dort draußen. Und jetzt brauchen wir so schnell wie möglich einen neuen Wagen, damit wir endlich von hier wegkommen.«
    Steve hob die Brauen. »Und der soll bitte woher kommen?«, fragte er spöttisch.
    »Ihr Problem, nicht meins. Ich habe jedenfalls Anspruch auf einen Wagen. Es ist

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