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Der Sturz aus dem Fenster

Der Sturz aus dem Fenster

Titel: Der Sturz aus dem Fenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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jetzt nicht, daß es diese Wahrheit nicht gäbe. Es gibt Tatsachen, und die sind unverrückbar, auch wenn man sie unterschiedlich inter-pretieren kann. Da liegt das Problem, oder nicht?«
    Kate sagte: »Das Problem ist, wie ich an die Fakten kommen soll, von der Interpretation ganz zu schweigen. Einen Tag arbeite ich nun an der Sache, und was hab ich gefunden? Jemanden mit einem geradezu perfekten Mordmotiv und einem perfekten Alibi. Vielleicht lügt sie ja und wollte gar nicht auf den ganzen Batzen warten. Geduld ist eine Tugend, die zu Cecelia Adams schlecht paßt. Vielleicht konnte sie ihn einfach nicht mehr ertragen und heuerte jemand an, der ihn aus dem Fenster warf. Sie hatte so viel Macht über ihn, daß sie ihn zu allem bringen konnte, außer dazu, freiwillig aus dem Fenster zu springen. Ich sehe unzählige Gespräche mit unzähligen Leuten vor mir liegen, die Canny haßten und mit Freuden hinausgestoßen hätten, wäre ihnen dazu die Gelegenheit geboten worden. Und nach all diesen Gesprächen – wieviel weiter werde ich dann sein? Und was schert mich das Ganze überhaupt? Komm mir jetzt nur nicht mit Humphrey Edgerton und seinen schwarzen Studenten. Wenn sie es nicht waren, dann besorgen wir ihnen eben einen guten Anwalt.«
    »Eines Verbrechens beschuldigt zu werden ist schrecklich, auch wenn man nicht verurteilt wird. Ich weiß nicht recht, wie ich mich ausdrücken soll, aber…«
    »Ich weiß schon, was du meinst«, sagte Kate. »Machen wir es doch einfach so: Wir zwei hecken einen vernünftigen Plan aus, ich halte mich daran, und kommt nichts dabei heraus, dann lasse ich die ganze Sache. Immerhin habe ich dann alles versucht.«
    »Ich schlage vor«, sagte Edna und legte die Füße auf den Schreibtisch, »wir versuchen, Leute zu finden, die dir helfen. Ich denke dabei nicht einfach an Leute, die du ausfragen kannst, wie Butler oder die köstliche Witwe. Ich meine ein richtiges Helfer-team.«
    »Mach nur weiter«, sagte Kate. »Wir bitten den Rektor oder einen seiner Stellvertreter, einen Untersuchungsausschuß einzuberu-fen. Wenn das dein Plan ist, warum hast du ihn dann nicht vorgeschlagen, bevor du mich in die Sache verwickelt hast?«
    Edna sagte: »Morgen ist ein Treffen aller weiblichen Lehrkräfte dieser Universität. Das ist dir bestimmt entgangen.«
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    »Du irrst, ich weiß davon, allerdings erst seit heute, und wollte dir schon vorschlagen, das heißt, dich fragen, ob vielleicht…«
    »Na siehst du«, sagte Edna.
    »Und wenn sie Nein sagen?«
    »Wir können nicht auf alle rechnen, aber auf einige bestimmt, die sich in den verschiedenen Fachbereichen umhören und dich mit dem versorgen, was man unter flächendeckender Berichterstattung versteht.«
    »Und was ist mit den Fachbereichen, an denen es keine Frau mit Lehrstuhl gibt?«
    »Es müssen ja nicht unbedingt Frauen mit Lehrstuhl sein«, sagte Edna. »An zu vielen Fachbereichen gibt es keine, aber alle haben heutzutage schließlich Dozentinnen und Lehrbeauftragte. Und die jüngeren unter ihnen sind, wenn sie nicht nur ihre Karriere im Kopf haben, oft recht mutig, habe ich festgestellt. Was meinst du?«
    »Ich habe das sichere Gefühl, daß die Verwaltung über dieses kleine Manöver nicht sehr glücklich sein wird«, sagte Kate, die begann, Gefallen an der Idee zu finden.
    Edna sagte: »Die Verwaltung hat sich für dich entschieden und muß dich tun lassen, was du für richtig hältst. Versuch morgen dein Glück und sieh, wie die Sitzung läuft.«
    »Das heißt, ich muß ihnen von meinen Ermittlungen erzählen.
    Dann weiß es im Nu die ganze Universität.«
    »Die wird es sowieso bald wissen. Wie gesagt, Geheimniskräme-rei ist – außer in ganz bestimmten Fällen – eine Strategie der männlichen Machtstruktur, um ihre Domäne zu behaupten. Und solltest du diesen Satz je zitieren, dann nehme ich mir ein Beispiel an der lustigen Witwe und streite einfach alles ab. Trinken wir noch einen!«
    Die Treffen der an der Universität lehrenden Frauen waren Ende der achtziger Jahre fast schon zu einer Routineangelegenheit geworden. Nach Jahren spannungsgeladener Sitzungen, in denen es darum ging, überhaupt erst die Existenz von Frauen auf diesem Campus bewußt zu machen, hatte sich der Ton dieser Konferenzen verändert.
    Es ging nicht mehr nur um Selbstbehauptung, sondern um theoreti-sche Fragen. Gleichzeitig war die Atmosphäre persönlicher geworden und viel heiterer. Die Professorinnen, die Interesse an einem Gedankenaustausch mit Kolleginnen

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