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Der Sturz aus dem Fenster

Der Sturz aus dem Fenster

Titel: Der Sturz aus dem Fenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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Welt entstammten? Falls Mr. Witherspoon wußte, daß es so war – sehr wahrscheinlich, denn der Name Fansler war gut bekannt in den besseren Kreisen der Stadt 56

    –, so verriet er es nicht. Sie kam als Professorin und Wissenschaftlerin, und er bot ihr Sherry und Informationen in der Bibliothek an.
    Kates Wissen um die Spielregeln zwang sie, den Sherry zu akzeptieren.
    »Wann haben Sie bei Professor Adams studiert?« fragte sie, tat, als nehme sie einen Schluck aus ihrem Glas und stellte es dann ab.
    »Das«, sagte Mr. Witherspoon, »ist eine lange Geschichte. Als ich mit fünfundsechzig in den Ruhestand ging, beschloß ich, mich einem Gebiet zu widmen, das mich schon immer fasziniert hat: den Kreuzzügen. Interessieren Sie sich dafür?« fragte er (ob erwartungsvoll oder nicht, konnte Kate nicht recht entscheiden). Sie schüttelte den Kopf, hoffte aber, trotzdem Neugier zu signalisieren.
    »Ich schrieb mich im Fachbereich Geschichte an der Universität ein und war entschlossen, so viel wie möglich über die Kreuzzüge zu lernen und gleichzeitig meinen Magister zu machen. Der Fachbereichsvorsitzende führte ein sehr langes und überaus freundliches Gespräch mit mir (darauf möchte ich wetten, dachte Kate – der Dekan, wenn nicht gar der Präsident selbst, werden dafür gesorgt haben) und sagte mir, im kommenden Semester gäbe es leider keine Kurse über die Kreuzzüge. Das Angebot für Studienanfänger im Fachbereich Geschichte erschöpfe sich in Einführungskursen ins Mittelalter. Aber, fuhr der Vorsitzende fort, hätte ich je daran gedacht, mich mit der Kultur zu befassen, die die Kreuzzüge bekämpf-ten: dem Islam? Ich hatte nicht daran gedacht, aber er überredete mich förmlich. Er sagte, an der Universität gäbe es zufällig einen Professor, der meinen Wünschen genau entspräche, wenn ich nur bereit sei, mein Interessengebiet sozusagen vom anderen Ende her anzugehen. Und damit war natürlich Professor Adams gemeint. Auf höchst diskrete Weise gab mir der Vorsitzende dann zu verstehen, daß Professor Adams bei Studienanfängern nicht gerade beliebt sei, mir aber vielleicht doch liegen könnte. Langer Rede kurzer Sinn: Ich war einverstanden und ging zu Professor Adams. Sein Wissen über den Islam war mitreißend, und ich studierte vier Jahre lang bei ihm, machte meinen Magister, an den ich die Promotion anschließen wollte, aber dazu kam es dann nicht.«
    »Wieviele Kurse hatten Sie insgesamt bei Professor Adams belegt?« fragte Kate. Sie war hingerissen von Gabriel Witherspoon.
    Seine Art, eine lange Rede kurz zu machen, machte, ebenso wie sein Zuhause, die Welt ihrer Eltern wieder lebendig.
    »Eine ganze Menge. Ich kann in meinen Unterlagen nachsehen 57

    und Ihnen die exakten Titel nennen, falls es Sie interessiert. Außerdem veranstaltete er in seinem Büro eine Art Privatunterricht für bevorzugte Studenten. Ich fand ihn äußerst beeindruckend und verlor die Kreuzzüge ganz aus dem Auge. Mein ganzes Interesse galt nun dem Islam. Ich war erschüttert, als ich von Professor Adams’ Tod hörte.«
    »Hatten Sie in der letzten Zeit Kontakt zu ihm?«
    »Die Universität veranstaltet mehrmals im Jahr ein Bankett für die Geldgeber – um sie günstig zu stimmen, obwohl natürlich immer ein anderer Anlaß als Vorwand dient –, und Adams wurde oft an meinen Tisch gebeten. Die Universität bestand sicher auf seiner Anwesenheit; aber auf mich wirkte Adams nicht wie jemand, der gekommen wäre, wenn er nicht gewollt hätte. Zu einem dieser Dinner brachte er seine neue junge Frau mit, aber sie fand das Brimborium langweilig und erschien nie wieder. Ich war ein wenig überrascht, daß er sie geheiratet hatte. Aber solche Mai-Dezember-Verbindungen gibt es öfter, als man glauben will.« Mr. Witherspoon deutete so äußerst diskret seine Mißbilligung an. »Ich nehme an«, fügte er hinzu, »seine Frau wird in keiner Weise im Zusammenhang mit seinem Tod verdächtigt?« Dies war keine echte Frage, eher eine Hoffnung, und Kate bestätigte sie.
    »Sie war zur fraglichen Zeit in Kalifornien. Könnten Sie mir Professor Adams schildern? Was Sie von ihm hielten, als Mensch, als Individuum meine ich, nicht als Islam-Experte, obwohl auch das mich natürlich interessieren würde. Im Lauf der Jahre müssen Sie doch einen klaren Eindruck von ihm gewonnen haben, und wenn Sie sich vielleicht auch scheuen, Gemeinplätze über ihn zu verbreiten –
    nun, auch meine Frage zielt nicht auf Gemeinplätze.«
    »Ich sehe schon, Sie

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