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Der Sturz aus dem Fenster

Der Sturz aus dem Fenster

Titel: Der Sturz aus dem Fenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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fehlte.
    Diese Generation füllten Kates Brüder, die kaum besser waren als ihre Mutter – aber mit viel weniger Entschuldigungsgründen. Hatte denn Kates Mutter wirklich je die Chance gehabt, das System zu durchschauen, dem ihre unverbrüchliche und unreflektierte Loyalität galt?
    Kate verließ den Park und wandte sich nach Westen. Auch die West Side hatte sich verändert, war die Heimat, oder zumindest der Tummelplatz, der ›swinging singles‹ geworden, und elegante Klei-derläden, die ausländische Marken führten, hatten die alten Eisenwa-renläden, Schusterwerkstätten und Feinkostläden vertrieben. Aber für Kate gab es keine Rückkehr in die East Side, die heute wie in Cellophan verpackt wirkte, eine Atmosphäre, die Kate nicht ertragen konnte.
    Als Kate in die Reed-lose Wohnung kam, mixte sie sich einen Drink und sah ihre Post durch. Letzteres tat sie über den Papierkorb gebeugt und ließ den größten Teil ihrer Post unbesehen hineinfallen.
    Der Rest waren Rechnungen, Geschäftliches und zwei Briefe, die in Kate (weil mit unleserlichem Absender) eine mysteriöse Neugier weckten. Selbst bei all dem Müll, der heutzutage in den Briefkästen landete – das Offnen der Post war und blieb eine aufregende Angelegenheit. Die meisten Nachrichten, gute oder schlechte, kamen heutzutage per Telefon, und der größte Teil von Kates Post ging ohnehin an die Universität. Trotz alledem…
    Der erste Brief kam von einem der Adams-Söhne. Er habe von Frau Professor Fanslers Ermittlung gehört und käme in zwei Wochen nach New York. Könnten sie sich treffen? Ja, dachte Kate grimmig, können wir. Der zweite Brief kam aus England und war weit aufregender:
    »Liebe Frau Professor Fansler«, las Kate. »Was ich Ihnen schil-62

    dern will, liest sich bestimmt wie eine dieser ›wie-klein-ist-doch-die-Welt‹-Geschichten. Meine Tochter ist mit einem Amerikaner verheiratet und lebt mit ihrer Familie in Atlanta. Ihr Mann ist jedoch in diesem Jahr als Gastprofessor an Ihrer Universität und hörte dort von Ihren Ermittlungen. Er erwähnte es meiner Tochter gegenüber, die es mir bei einem unserer wöchentlichen Telefonate erzählte. Ich kannte Canfield Adams früher sehr gut (soweit man das überhaupt von einem anderen Menschen behaupten darf), und Lizzie, meine Tochter, schlug mir vor, mit Ihnen über Adams zu sprechen, wenn ich nächste Woche nach New York komme. Lizzie empfahl Sie mir als vertrauenswürdige Person, denn sie hat eine gute Freundin, die mit Ihnen zusammenarbeitet – wie gesagt, wie klein ist doch die Welt.
    Ich werde unter der angegebenen Adresse zu erreichen sein, auch telefonisch. Wenn niemand im Haus ist, läuft der Anrufbeantworter.
    Bitte lassen Sie mich wissen, ob Sie sich mit mir treffen wollen.«
    Der Brief war mit »Penelope Constable« unterzeichnet. Guter Gott, dachte Kate, die Schriftstellerin.
    Sie sah auf das Datum des Briefes. Penelope Constable mußte bereits in New York angekommen sein. Ihr mit herrlicher englischer Zuversicht in die Schnelligkeit der Post aufgegebener Brief hatte den Ozean zweifellos ohne Verzögerung überquert und war dann am New Yorker Postamt liegengeblieben, wo, offensichtlich aus Prinzip, nichts prompt zugestellt wurde. Kate ging zum Telefon.
    Auf Penelopes Wunsch traf sie sich mit ihr in der Universität.
    »Ich würde mich gern dort ein wenig umsehen«, hatte sie am Telefon gesagt. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, mich herumzuführen, können wir nachher irgendwo essen gehen. Natürlich könnte auch mein Schwiegersohn den Fremdenführer spielen, aber bei ihm würde gleich, wie Ihr Amerikaner sagt, ein big deal daraus. Irgendwie ist es mir sympathischer, Sie zu bitten. Außerdem ist er noch nicht lange dort.«
    Als Kate Penelope in ihr Büro führte, mußte sie lächeln bei der Erinnerung an das Gespräch. Mit perfektem englischen Feingefühl hatte Penelope zu verstehen gegeben: Treffen wir uns auf neutralem Boden. Auf die Weise können wir uns gegenseitig in Augenschein nehmen, ohne uns durch irgendwelches häusliches oder weibliches Brimborium hindurcharbeiten zu müssen.
    Penelope Constable – oder PC, wie sie für Kate hieß, denn auf dem Klappentext eines ihrer Bücher hatte Kate gelesen, daß sie allgemein so genannt wurde – war genau fünfundsechzig Jahre alt. So 63

    viel hatte Kate durch einen Blick in ›Who’s Who‹ herausgefunden.
    PC’s Alter war eine Überraschung gewesen. Die Fotos auf den Buchumschlägen waren offenkundig von einem jener

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