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Der Sturz - Erzählungen

Der Sturz - Erzählungen

Titel: Der Sturz - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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Smithy. »Kommen Sie ins Coburn.« »Na schön«, sagte Smithy.
    – »Ich habe Ihnen einen Wagen geschickt.« »Nett«, sagte Smithy, tappte ins Badezimmer, fand das Waschbecken, ließ es vollaufen, tauchte das Gesicht hinein, auch das Wasser war warm, es erfrischte ihn nicht, die Stadt schien langsam ins Kochen zu geraten. An der Wohnungstüre läutete es, Smithy tauchte sein Gesicht noch einmal ins Waschbecken, wollte dann das Hemd wechseln, doch weil es immer noch läutete, ging er zur Wohnungstür. Es waren zwei Polizisten, schwit-zend, ihre Hemden klebten am Körper. »Los, mitkommen!«
    sagte der eine zu Smithy, der andere kehrte Smithy schon den Rücken zu, um die Treppe hinunterzugehen. Er wolle noch die Kleider wechseln und sich rasieren, sagte Smithy, dem das 84

    Wasser vom Gesicht über Kittel und Hemd tropfte. »Mach keinen Unsinn und komm«, sagte der Polizist auf der Treppe und gähnte. Smithy schloß die Wohnungstür hinter sich zu, und jetzt erst wurde ihm bewußt, wie elend er sich fühlte, Kopf-schmerzen, Stiche im Hinterkopf, vorher hatte er nichts ge-fühlt, kam es ihm vor, weder die Schmerzen noch die Hitze, nur das eklige warme Wasser im Becken. Sie zwängten ihn in einen Chevy, er mußte vorn zwischen den beiden sitzen, beim Coburn setzten sie ihn vor dem Lieferanteneingang ab. Detektiv Cover war da und ein aufgeregter, eleganter, schwarzge-kleideter Mann mit einem weißen Kavalierstuch. »Das ist der Mann«, sagte Cover und deutete auf Smithy. »Friedli«, stellte sich der Mann mit dem Kavalierstuch vor, »Jakob Friedli.«
    Smithy verstand nicht, was er meinte, es klang wie Deutsch, offenbar hieß er so, oder es sollte guten Morgen heißen auf deutsch oder auf holländisch, es war schließlich gegen sieben morgens, und auf einmal hatte Smithy den Wunsch, den Mann zu fragen, was denn Käse auf dänisch heiße, aber dann sprach der Mann, der sich mit seinem Kavalierstuch den Schweiß abwischte, doch Englisch. »Bitte folgen Sie mir«, sagte er.
    Smithy folgte ihm, der Detektiv blieb im Lieferanteneingang.
    »Ich bin Schweizer«, sagte der Mann mit dem Kavalierstuch, als sie einen Korridor entlangschritten, der offenbar zu den Wirtschaftsräumen führte. Smithy war es völlig gleichgültig, was der Mann war und warum er ihm sagte, was er war, er konnte seinetwegen auch Italiener sein oder Grönländer. Das sei ihm noch nie vorgekommen, noch nie, sagte der Schweizer.
    Smithy nickte, obgleich er sich wunderte, daß es dem Schweizer noch nie vorgekommen war, eine Leiche, mehr oder weniger legal zustande gekommen, gab es in jedem Hotel, und daß es sich um eine Leiche handeln mußte, war klar, der Polizeichef hätte Smithy sonst nicht in dieser Herrgottsfrühe herbei-schleppen lassen. Sie fuhren mit einem Warenlift hoch, endlos, es war Smithy gleichgültig wohin, doch nach dem zwanzigsten 85

    Stockwerk hatte Smithy das Gefühl, daß es sich um eine verdammt noble Leiche handeln mußte. Der Lift hielt. Sie betraten eine Art Küche, wahrscheinlich ein Zubereitungsraum, wo den Speisen aus der Hauptküche der letzte Pfiff gegeben wurde, um sie den ganz noblen Herrschaften hier oben aufzuti-schen, wie sich Smithy ausmalte, und in diesem Zubereitungsraum oder halt in dieser Küche, mittendrin, vor einem blitzblanken Tisch, stand der Polizeichef und trank schwarzen Kaffee. »Das ist der Mann, Nick«, meinte der Schweizer.
    »Guten Tag, Smithy«, sagte der Polizeichef, »Du siehst mise-rabel aus. Willst Du auch Kaffee?« Er habe einen nötig. »Gib Smithy einen, Jack«, sagte der Polizeichef. Der Schweizer ging zu einer Anrichte, brachte Smithy eine Tasse schwarzen Kaffee, wischte sich mit seinem Kavalierstuch den Schweiß ab.
    Smithy war froh, daß ein so vornehmer Mann auch schwitzte.
    »Überlassen Sie das Weitere mir, Jack«, sagte der Polizeichef.
    Der Schweizer verließ die Küche. Der Polizeichef schlürfte Kaffee. »Holy ist verschwunden.« »Möglich«, sagte Smithy.
    »Lag er auf Leibnitz’ Seziertisch?« »Ich schau nie hin«, sagte Smithy. »Van der Seelen?« »Nicht verschwunden«, antwortete Smithy, stellte seine leere Tasse auf den blitzblanken Tisch und fragte, was Nick denn von ihm wolle. Es war das erstemal, daß er den Polizeichef Nick nannte. Den alten hatte er Dick genannt. Nick grinste, ging zur Anrichte, kam mit einer Kaffee-kanne zurück. Wieviel Smithy van der Seelen abgeben müsse, fragte Nick und goß Kaffee zuerst in seine, dann in Smithys Tasse. »Zwanzig Prozent weniger als

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