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Der Sucher (German Edition)

Der Sucher (German Edition)

Titel: Der Sucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis
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erschöpft und hinkte mühsam neben ihm her. Meine Füße schmerzten unerträglich. »Bitte deinen Lieblingsgott besser darum, dass in Roar trotzdem alles glatt geht. Sonst haben wir nämlich ein Problem.«
    * * *
     
    Sobald sie es schaffte, nach der Versammlung unbemerkt zu verschwinden, huschte Mi‘raela davon und machte sich auf die Suche nach Jini, um sie zu warnen. Hoffentlich war ihre Menschenfreundin nicht gerade im Unterricht!
    War sie zum Glück nicht.
    Ein Natternmensch gab Mi‘raela den Wink, dass Jini in der Bibliothek der Burg zu finden war. Dort roch es interessant nach Pergament, Leder und gegerbter Baumrinde. Eingeschüchtert von den Tausenden von Schriftrollen, die dort bis zu der hohen, gewölbten Decke gestapelt vor sich hin moderten, hastete Mi‘raela durch die Gänge.
    Jini brütete über einer fetten Schriftrolle und machte sich Notizen. Zum Glück war sie allein; in die Bibliothek verirrte sich selten jemand. Jini blickte auf und lächelte, als sie Mi‘raela bemerkte. »Na, Waldkatze, wie geht‘s? Sei froh, dass dein Kopf nicht so abgefüllt wird wie meiner – falls du mal nicht einschlafen kannst, empfehle ich dir einen Abschnitt aus Rechte und Pflichten jedes Bürgers !«
    Mi‘raela hätte furchtbar gerne Lesen gelernt, bezweifelte aber, dass es ihr in diesem Leben noch gelingen würde. Und zum Einschlafen bevorzugte sie eine Schale warme Dhatla-Milch. »Wir müssen uns beeilen, das müssen wir«, sagte sie hastig. »Spinnenfinger will versuchen, dich bei der Regentin anzuschwärzen! Komm mit, schnell!«
    Vor Erstaunen stieß Jini einen der Haltesteine um, mit denen die Schriftrollen beschwert wurden. Der Stein kollerte auf den Boden, und das Buch rollte sich mit einem schleifenden Rascheln zusammen. Jini beachtete es nicht und sprang auf.
    Doch jemand anders hatte es sehr wohl bemerkt. Herbeigerufen von dem Geräusch stand plötzlich einer der beiden Bibliothekare vor ihnen, derjenige, der unter den Halbmenschen als der Große Büchermann bekannt war und bei den Menschen als Couder. Er war groß und muskulös, wahrscheinlich vom Schleppen schwerer Schriftrollen, und trug als Zeichen seiner Berufung eine weite graue Tunika mit eingestickten Schriftzeichen. Sein Gesicht wirkte oft leicht abwesend, und er schien wenig von dem zu sehen, was um ihn herum vorging. Doch nun blickte er sie erstaunt an und runzelte die Stirn.
    Schon beim ersten Geräusch war Mi‘raela zwischen zwei Regale gehuscht. Jini war stehen geblieben. Sie murmelte eine Entschuldigung und drückte sich an Büchermann vorbei, der sie schweigend beobachtete.
    Hilft nichts, er hat uns zusammen gesehen, dachte Mi‘raela, und zum ersten Mal seit langer Zeit nistete sich echte Angst in ihrem Herzen ein. Wenn Spinnenfinger herausfand, dass sie ihn belauschte, dass sie mit seinen Feinden gemeinsame Sache machte, war ihr Leben verwirkt. Sie hoffte, dass Büchermann nicht begreifen würde, was er gesehen hatte – woher sollte er wissen, was es bedeutete, dass diese Katzenfrau und ein Mädchen miteinander sprachen?
    Mi‘raela verbannte alle gefährlichen Gedanken und konzentrierte sich darauf, mit Jini zu ihrer Kammer zu laufen. Jini war erst kürzlich in größere Gemächer umgezogen; ihr gehörten nunmehr zwei eigene Räume, deren Wände mit blauem Samt bespannt waren, und ein kleiner Waschraum. Ein unerhörter Luxus, um den viele Menschen in der Burg sie beneideten.
    Jini entriegelte die Tür aus geschnitztem Holz und stand ratlos mitten im Zimmer. »Was soll ich jetzt machen, Staubflocke? Was ist denn überhaupt los?«
    »Durchsuch dein Zimmer!«, zischte Mi‘raela. »Such einen Gegenstand, der hier nicht hingehört! Sie wollen versuchen, dich vor Großfrau als Diebin bloßzustellen, als Diebin, und haben irgendetwas hier eingeschmuggelt. Jeden Moment können sie kommen, um dich zu entlarven.«
    Jini wurde blass und hörte auf, Fragen zu stellen. Während Mi‘raela sämtliche Kleidung aus den Schränken riss und schüttelte, räumte Jini mit fliegenden Fingern die kleine Truhe mit ihren Besitztümern aus, warf sich auf den Boden, um unter das Bett zu schauen, durchwühlte den Waschraum, leerte ein Kistchen mit gehorteten Esswaren aus. Kurze Zeit später sah es in den beiden Kammern aus, als hätten Räuber dort gewütet.
    »Nichts!«, rief Jini nervös. »Bist du sicher, dass sie schon da waren? Vielleicht hatten sie noch keine Zeit dazu ...«
    »Doch«, beharrte Mi‘raela und suchte verbissen weiter. Sie hatten nur

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