Der Südstern oder Das Land der Diamanten
ganze jetzt hierher zusammengeströmte Bevölkerung das Gebiet des Griqualandes wieder verließ, so sank natürlich auch der Werth seiner Farm in beträchtlichem Maße, seine Felderzeugnisse fanden nicht mehr so bequemen Absatz, seine Häuschen und Hütten mußten wegen Mangels an Abmiethern leer stehen bleiben, und schlimmsten Falls konnte er sogar in die Lage kommen, ein Land zu verlassen, in welchem alle Quellen seiner bisherigen Einkünfte versiegt waren.
»Schön, sagte John Watkins, bis dahin werden schon ein paar Jahre vergehen! Die Herstellung künstlicher Diamanten ist selbst durch den von Herrn Méré angegebenen Proceß noch nicht so weit gediehen, um von praktisch einschneidender Bedeutung zu sein. Vielleicht hat ihn bei der ganzen Geschichte nur ein besonders glücklicher Zufall begünstigt. Doch ob Zufall oder nicht, jedenfalls hat er einen Stein von ungeheurem Werthe erzeugt, und wenn dieser, den Maßstab für natürliche Diamanten zu Grunde gelegt, schon einige fünfzig Millionen werth ist, so wird er gerade wegen seiner Erzeugung auf künstlichem Wege einen weit höheren Preis bedingen. Ja, der junge Mann muß um jeden Preis zurückgehalten werden, eine Zeit lang wenigstens müssen wir ihn hindern, seine hochwichtige Entdeckung von allen Dächern hinauszuposaunen! Der Stein muß endgiltig in der Familie Watkins bleiben und wird von dieser nur gegen eine beträchtliche Anzahl Millionen abgegeben werden. Was den jungen Mann betrifft, der ihn hergestellt hat, so lasse ich mir darüber kein graues Haar wachsen, das wird sich leicht genug bewerkstelligen lassen. Ich habe ja Alice, und mit deren Hilfe wird mir’s bald gelingen, seine Abreise nach Europa zu verzögern… Ja, und wenn ich sie ihm zur Frau versprechen… selbst wenn ich sie ihm zur Frau geben sollte!«
Ja, unter dem Drange einer wahrhaft verzehrenden Begierde wäre John Watkins sogar dazu entschlossen gewesen. Bei der ganzen Angelegenheit hatte er nur sein Ich im Auge und dachte nur allein an sich! Und wenn der alte Egoist an seine Tochter dachte, so geschah es einzig und allein, um sich zu sagen:
»Nun, Alles in Allem wird Alice sich nicht zu beklagen haben. Der junge gelehrte Narr ist eigentlich ganz gut. Er liebt sie, und mir scheint, ist sie gegen seine warme Zuneigung nicht unempfindlich geblieben. Was kann’s nun Besseres geben, als zwei für einander geschaffene Herzen zu vereinigen… oder ihnen die Vereinigung wenigstens bis zur vollständigen Klärung der Sachlage in Aussicht zu stellen. Ah, beim heiligen John, meinem Schutzpatron, zum Teufel mit Annibal Pantalacci und seinen Spießgesellen! Jeder ist sich selbst der nächste, auch hier im Griqualande!«
So raisonnirte John Watkins, und wenn er die ideale Wage betrachtete, auf der er die Zukunft seiner Tochter mit einem Stück krystallisirter Kohle in’s Gleichgewicht gebracht, war er ganz glücklich in der Vorstellung, daß beide Schalen derselben sich vortrefflich in einer horizontalen Linie hielten – Am folgenden Morgen stand sein Entschluß fest; er wollte nichts vom Zaune brechen, sondern die Dinge an sich herankommen lassen, ohne sich viel um den Weg zu kümmern, den sie dabei nehmen möchten.
Zunächst lag es ihm am Herzen, seinen Abmiether einmal wiederzusehen – was ja bei den täglichen, auf der Farm abgestatteten Besuchen ziemlich leicht war – aber auch den berühmten Diamanten, der in seinen Träumen schon zu fabelhaften Größenverhältnissen angewachsen war, sehnte er sich noch einmal zu betrachten.
Mr. Watkins begab sich also nach dem Häuschen Cypriens, der in dieser frühen Morgenstunde noch hier anwesend war.
»Nun, mein junger Freund, begann er im Tone guter Laune, wie haben Sie denn die Nacht hingebracht, diese erste Nacht nach Ihrer hochwichtigen Entdeckung?
– O, sehr gut, Herr Watkins, sehr gut, erklärte der junge Mann frostig.
– Wie, Sie haben schlafen können?
– Ganz wie gewöhnlich!
– Alle die Millionen, welche aus diesem Ofen hervorgequollen sind, fuhr Mr. Watkins fort, haben nicht einmal Ihren Schlaf gestört?
– In keiner Weise! versicherte Cyprien. Vergessen Sie überhaupt nicht, Herr Watkins, daß der fragliche Diamant einen Werth von Millionen nur besäße, wenn er das Werk der Natur wäre, nicht aber das Erzeugniß eines Chemikers….
– Ja… ja freilich, Herr Cyprien! Doch sind Sie sicher, noch einen oder gar noch mehrere machen zu können?… Würden Sie dafür einstehen können?«
In der Ueberzeugung, daß ein
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