Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Kaffern sind arme Teufel, welche die herrschende Race der Betschnanas als Sclaven betrachtet, sie ohne jede Entschädigung zur härtesten Arbeit zwingt, fast unmenschlich behandelt, und denen Jene noch obendrein bei Todesstrafe verbieten, jemals Fleisch zu essen. Die unglücklichen Macalaccas dürfen zwar alles Wild, welches sie antreffen, nach Belieben erlegen, aber nur unter der Bedingung, daß sie es ihren Herren und Meistern abliefern. Diese aber ließen jenen nur die Eingeweide liegen, etwa so wie die europäischen Jäger gegenüber ihren Hunden verfahren.
    Ein Macalacca besitzt keinerlei Eigenthum, nicht einmal eine Hütte oder eine Kürbisflasche. Er geht so gut wie nackt umher, ist ganz mager, fleischlos und trägt als Gürtel nur einige Büffeldärme, die man aus der Ferne leicht für Blutwürste ansehen könnte, welche in Wirklichkeit aber nichts sind, als sehr urwüchsige Schläuche, in denen sich sein Wasservorrath befindet.
    Bardiks vortreffliche Anlagen zum Handel zeigten sich auch hier sehr schnell in der Art und Weise, wie er aus diesen Unglücklichen das Geständniß herauszupressen verstand, daß sie trotz ihres Elends einige Straußfedern besaßen, welche in einem benachbarten Dickicht sorgfältig versteckt waren. Er schlug ihnen sofort vor, diese zu kaufen, und kam mit ihnen überein, sich noch am nämlichen Abend zu treffen.
    »Du hast demnach Geld, um sie dafür zu entschädigen?« fragte Cyprien erstaunt.
    Bardik lachte laut auf und zeigte ihm eine Hand voll kupferner Knöpfe, welche er im Laufe von einem oder zwei Monaten gesammelt hatte und die er in einem Leinwandbeutel bei sich trug.
    »Das ist aber keine giltige Münze, erklärte ihm Cyprien, und ich kann nicht dulden, daß Du jene armen Leute mit ein paar Dutzend alter Knöpfe bezahlst!«
    Es war jedoch unmöglich, Bardik verständlich zu machen, warum sein Vorhaben ein nicht ganz ehrenhaftes wäre.
    »Wenn die Macalaccas meine Knöpfe im Austausch gegen ihre Federn annehmen, wer könnte da etwas dagegen einzuwenden haben? antwortete er. Sie wissen doch recht gut, daß Jenen die Federn nichts als das Einsammeln gekostet haben. Ja, sie haben nicht einmal das Recht, solche zu besitzen, und dürfen sie auch nur ganz unter der Hand sehen lassen. Ein Knopf dagegen ist ein nützlich Ding, nützlicher als eine Straußfeder. Warum sollte es also verboten sein, ein oder zwei Dutzend solcher im Austausch gegen eben so viele Straußfedern anzubieten?«
    Diese Beweisführung war zwar eigenthümlich, aber doch nicht durchschlagend, der junge Kaffer übersah eben, daß die Macalaccas seine Knöpfe nicht entgegennahmen, um von denselben den gewöhnlichen Gebrauch zu machen, da sie ja so wie so keine Kleidungsstücke trugen, sondern weil sie diesen runden Metallstückchen, welche gemünztem Gelde ähnlich sahen, einen gewissen Werth beilegten. Es blieb also im Grunde immer ein reiner Betrug.
    Cyprien mußte freilich erkennen, daß der Unterschied zu sein sei, um von dem Verstande eines Halbwilden, der beim Handeln stets ein weites Gewissen hat, begriffen zu werden, und er ließ seinen Diener also thun, was dieser wollte.
    Am Abend bei Fackelschein wurde die Handelsoperation Bardiks vollends abgeschlossen. Die Macalaccas hatten offenbar eine geheime Furcht, von ihrem Abkäufer übervortheilt zu werden, denn sie begnügten sich nicht mit dem von den Weißen angezündeten Feuer, sondern brachten Körbe mit Mais zur Stelle, die sie, nachdem dieselben in die Erde versenkt waren, in Brand setzten.
    Die Eingebornen holten darauf die Straußfedern hervor und gingen dann daran, Bardiks Knöpfe einer genauen Prüfung zu unterziehen.
    Da kam es unter ihnen zu einem, von lebhaften Bewegungen und lautem Geschrei begleiteten Streite über die Natur und den Werth der runden Metallscheibchen.
    Niemand verstand ein Wort von dem, was sie in ihrer sehr unartikulirten Sprache sagten, dagegen konnte man aus den erhitzten Gesichtern, den sprechenden Grimassen und dem auflodernden Zorn sehen, daß die Angelegenheit für sie von sehr großer Bedeutung sein müsse.
    Plötzlich wurde diese stürmische Verhandlung durch eine unerwartete Erscheinung unterbrochen.
    Ein hochgewachsener Neger von komischer Würde, bekleidet mit einem alten Mantel aus rothem Baumwollenstoff, die Stirn verziert mit dem eigenthümlichen Diadem aus Schafdärmen, welches die Kaffernkrieger gewöhnlich tragen – trat aus dem Dickicht, vor welchem diese Verhandlung stattfand. Dann fiel er mit kräftigen

Weitere Kostenlose Bücher