Der Südstern oder Das Land der Diamanten
am Rande der Ebene, gewiß noch nicht wahrnehmen.
Der junge Kaffer trieb auch beim Erblicken Pantalacci’s, der nicht der Mann dazu war, lange Umstände zu machen, und der ihn gewiß wie einen Hund niederschießen würde, ohne erst weitere Erklärungen abzuwarten, seinen von einem Strauße gezogenen Karren so schnell als möglich vorwärts.
Das schnellfüßige Thier flog nur so dahin und sauste weiter wie der Wind, bis es sich plötzlich an einem großen Stein heftig stieß. Das veranlaßte einen so starken Stoß, daß die durch die lange und beschwerliche Fahrt mitgenommene Achse des Karrens glatt abbrach. Da sich gleichzeitig ein Rad aus seinem Lager löste, blieb Matakit mit dem Gefährte, das ihn bisher getragen, mitten auf dem Wege unerwartet sitzen.
Der unglückliche Kaffer mochte durch den dabei erlittenen Sturz stark beschädigt sein. Der Schreck aber, der ihm einmal in den Gliedern saß, widerstand auch einem solchen Stoße, oder wurde vielmehr durch denselben verdoppelt. Fest überzeugt, daß es um ihn geschehen sei, wenn er sich von dem grausamen Neapolitaner fangen ließ, erhob er sich eiligst, spannte den Strauß aus und setzte diesen, indem er sich auf seinen Rücken schwang, in schnellsten Galopp.
Jetzt begann eine halsbrecherische Steeple-Chase, wie die Welt seit den römischen Kampfspielen wohl noch keine gesehen, in welchen ebenfalls Strauße und Giraffen verschiedene Programm-Nummern ausfüllten.
Während nämlich Annibal Pantalacci den flüchtigen Matakit verfolgte eilten Cyprien und Lî nun den Spuren des Einen wie des Andern nach. Sie hatten ja ein lebhaftes Interesse daran, Beide zu erreichen, den jungen Kaffer, um die Frage wegen des gestohlenen Diamanten zum Austrag zu bringen, und den schurkischen Neapolitaner, um ihn zu züchtigen, wie er es verdiente.
Die von ihren Reitern angetriebenen Giraffen flogen denn auch, als jene den eingetretenen Unfall bemerkt, bald die langen Hälse weit vorgestreckt, das Maul geöffnet und die Ohren zurückgeschlagen, angespornt und gepeitscht, so daß sie ihr Möglichstes an Geschwindigkeit leisten mußten, fast ebenso schnell wie die besten Vollbluthengste dahin.
Matakiis Strauß leistete wirklich Wunder an Schnelligkeit. Kein Sieger im Derby-Rennen oder in dem um den
Grand Prix
der Stadt Paris hätte mit ihm in die Schranken treten können. Seine zum Fliegen zwar zu kurzen Schwingen unterstützten ihn doch, seinen Lauf zu beschleunigen. Alles das ging so schnell vor sich, daß der junge Kaffer schon binnen wenigen Minuten über den, der ihn verfolgte, einen ganz beträchtlichen Vorsprung gewonnen hatte.
O, Matakit hatte sich, als er einen Strauß dazu wählte, ein vortreffliches Reitthier zugelegt. Wenn er sich nur eine Viertelstunde in dieser Gangart halten konnte, so mußte er unzweifelhaft aus dem Bereiche jedes Angriffs und aus den Klauen des Neapolitaners gerettet sein.
Annibal Pantalacci begriff recht wohl, daß die geringste Verzögerung ihn um all’ seinen Vortheil bringen mußte. Schon vergrößerte sich die Entfernung zwischen dem Flüchtling und ihm selbst. Jenseits des Maisfeldes, durch welches diese wilde Jagd ging, erstreckte sich über Sehweite hinaus dichtes Buschwerk von Mastixbüschen und indischen Feigenbäumen. Wenn Matakit diese erreichte, war es so gut wie unmöglich, ihn wiederzufinden, da er damit den Augen völlig verschwand.
Dahingaloppirend verfolgten Cyprien und der Chinese den Wettstreit mit leicht erklärlichem Interesse. Endlich waren sie an dem Fuß des Hügels angelangt und jagten nun auch durch das ausgedehnte Feld, aber immer noch trennten sie drei Meilen ebenso von dem Jäger wie von dem Gejagten.
Dennoch konnten sie sehen, daß der Neapolitaner durch übermenschliche Anstrengung zuletzt ein wenig über den Flüchtling an Wegstrecke gewonnen hatte. Ob der Strauß nun erschöpft war, oder sich an einem Baumstumpf oder einem Felsstück verletzt hatte, jedenfalls erschien seine Schnelligkeit jetzt wenigstens vermindert. Annibal Pantalacci befand sich bald nur noch dreihundert Fuß von dem Kaffer entfernt.
Da erreichte Matakit aber den Saum des Dickichts; sofort verschwand er in demselben; im nächsten Augenblick stürzte Annibal Pantalacci, mit Gewalt aus dem Sattel geschleudert, zu Boden, während sein Pferd querfeldein entfloh
»Matakit entwischt uns! rief Lî.
– Ja, aber Pantalacci, der Schurke ist in unsere Hand gegeben!« antwortete Cyprien. Beide trieben ihre Giraffen schneller vorwärts.
Eine halbe
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