Der Südstern oder Das Land der Diamanten
westlich von dem Maisfelde hinzog.
Nachdem die Thiere drei oder vier Meter über dem Erdboden deren Gipfel gestreift, erhoben sie sich noch einmal in die Lüfte.
Mit Schrecken sahen Cyprien und Lî den Unglückseligen in dem Netze hängen, mit dem er jetzt durch die gewaltige Anstrengung der Vögel und mit Hilfe des Sturmwindes mehr als hundertfünfzig Fuß über den Erdboden erhoben wurde.
Plötzlich gaben einige Maschen den Angriffen des Neapolitaners nach. Man sah ihn einen Moment an den Händen hängen und nach den Stricken des Netzes greifen… Da öffneten sich aber seine Hände, er ließ los, fiel, eine schwere Masse, nieder, und zerschmetterte sich auf dem Erdboden.
Das um sein Gewicht erleichterte Netz flog jetzt noch einmal höher, wurde noch einige Meilen mit fortgerissen, und sank dann hinab, als die Gypaëten ihre Krallen befreit hatten und nun hoch hinauf entflohen.
Als Cyprien hinzugelaufen kam, um ihm Hilfe zu bringen, war sein Feind schon todt… todt unter diesen entsetzlichen Umständen!
Jetzt war er also allein noch übrig von den vier Rivalen, welche zur Erreichung desselben Zieles durch die Ebenen des Transvaal ausgezogen waren.
Achtzehntes Capitel.
Ein sprechender Strauß.
Nach dieser erschreckenden Katastrophe hatten Cyprien und Lî nur noch einen Gedanken: die Stelle derselben schnellstens zu verlassen.
Sie beschlossen also, längs des Dickichts nach Norden hinzuziehen, ritten so eine Stunde lang weiter und kamen endlich an ein ausgetrocknetes Flußbett, welches einen Durchgang in den Mastix-und Feigenwald bildete, den sie bequem benützen konnten.
Hier wartete ihrer aber eine neue Ueberraschung. Der Strom ergoß sich nämlich in einen gewaltigen See, an dessen Ufer sich eine Wand von üppigstem Grün erhob, die dem Auge bis jetzt verdeckt gewesen war.
Cyprien wäre gern umgekehrt, um längs des Seeufers hinzugehen, das Ufer war aber so abschüssig, daß er bald darauf verzichten mußte. Eine Rückkehr auf dem eben zurückgelegten Wege beraubte ihn andererseits auch fast jeder Hoffnung, Matakit wiederzufinden.
Am jenseitigen Ufer erhob sich nun eine Hügelreihe, welche sich durch eine Strecke wellenförmigen Landes an ziemlich hohe Berge anschloß. Cyprien hoffte durch Erklimmung eines Gipfels einen allgemeinen Ueberblick gewinnen und dann einen bestimmten Plan entwerfen zu können.
Lî und er brachen also auf, um den See zu umkreisen. Der Mangel jedes eigentlichen Weges machte das sehr schwierig, vorzüglich, da sie zuweilen genöthigt waren, die beiden Giraffen am Zügel nachzuführen. Deshalb brauchten sie wohl über drei Stunden, um eine Entfernung von sieben bis acht Kilometern in der Luftlinie zurückzulegen.
Als sie dann endlich auf dem Wege rund um den See etwa an einer, ihrem ersten Ausgangspunkt ziemlich genau gegenüberliegenden Stelle anlangten, wurde es schon finster. Erschöpft von der Anstrengung, beschlossen sie zu übernachten. Bei den wenigen ihnen gebliebenen Hilfsmitteln konnte das Lager freilich nur sehr nothdürftig ausgestattet werden. Lî ließ sich das jedoch mit gewohntem Eifer angelegen sein, und als er damit fertig war, trat er an seinen Herrn heran.
»Väterchen, begann er mit seiner schmeichelnden und gleichzeitig tröstenden Stimme, ich sehe, daß Sie sehr ermattet sind. Unser Proviant ist fast gänzlich erschöpft. Lassen Sie mich nach einem Dorfe auf Kundschaft gehen, wo man mir Hilfe gewiß nicht verweigern wird.
– Mich verlassen, Lî? rief zuerst Cyprien.
– Es muß sein, Väterchen! antwortete der Chinese. Ich nehme die eine Giraffe und reite nach Norden zu hinaus… Tonaïa’s Hauptstadt, von der Lopepe zu uns sprach, kann nun nicht mehr weit sein, und ich werde Alles vorbereiten, daß Sie dort einen guten Empfang finden. Dann kehren wir nach dem Griqualande zurück, wo Sie nichts mehr von solchen Schurken zu fürchten haben werden, wie von den Dreien, welche im Laufe unserer Reise alle zu Grunde gegangen sind!«
Der junge Ingenieur überlegte den Vorschlag, den ihm der ergebene Chinese machte. Er sah einerseits ein, daß, wenn der junge Kaffer wieder gefunden werden könne, es bestimmt in der hiesigen Gegend sein mußte wo man ihn am Tage vorher gesehen, und daß es von Bedeutung war, diese nicht zu verlassen. Andererseits erschien es höchst nothwendig, die allmählich unzureichend werdenden Vorräthe zu erneuern. Cyprien entschied sich also, wenn auch zu seinem großen Leidwesen, dafür, sich von Lî zeitweilig zu trennen, und es
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