Der Südstern oder Das Land der Diamanten
indem er die Hand des Freundes herzlich drückte.
Er befand sich jetzt nicht mehr im Backofen, sondern lag gemächlich ausgestreckt auf einem Bette von Blättern, das sein Gefährte ihm am Fuße des Baobab hergerichtet hatte.
Der wackere junge Mann begnügte sich aber hiermit noch nicht. Er wollte aus dem benachbarten Thale das Schutzzelt holen, welches er bei allen Ausflügen mit sich zu führen pflegte, und eine Viertelstunde später hatte er es schon über dem ihm theuren Kranken aufgestellt.
»Und nun lass’ mich Deine Geschichte hören, Freund Cyprien, sagte er, vorausgesetzt, daß Dich die Erzählung nicht zu sehr anstrengt.«
Cyprien fühlte sich kräftig genug, den so natürlichen Wunsch Pharamond Barthès’ zu erfüllen. Immerhin nur ziemlich kurz, schilderte er ihm die Ereignisse, welche sich im Griqualande zugetragen; warum er dasselbe in der Verfolgung Matakit’s und seines Diamanten verlassen, ferner die Hauptvorkommnisse des Zuges, den dreifachen Tod Annibal Pantalacci’s, Friedel’s und James Hilton’s, das Verschwinden Bardiks und endlich, daß er hier die Wiederkehr seines Dieners Lî erwarte, welcher ihn an eben dieser Stelle wieder aufsuchen sollte.
Pharamond Barthès lauschte dem allen mit gespannter Aufmerksamkeit. Auf die Frage, ob er einem jungen Kaffer begegnet sei, dessen äußere Erscheinung Cyprien ihm möglichst genau beschrieb – er meinte Bardik – antwortete er verneinend.
»Aber, setzte er hinzu, ich habe doch ein herrenloses Pferd aufgefunden, welches vielleicht das Deinige sein könnte.«
So erzählte er denn in einem Athem, unter welchen Umständen das betreffende Pferd in seine Hände gefallen sei.
»Es ist genau zwei Tage her, sagte er, ich jagte mit meinen Basutos in den Bergen des Südens, als ich plötzlich aus einem Hohlwege ein sehr schönes graues Pferd hervorbrechen sah, das nur noch eine Halfter hatte und eine Leine hinter sich herzog. Das Thier wußte offenbar nicht, was es beginnen sollte. Da rief ich es an, wies ihm eine Handvoll Zucker und – es kam zu mir heran. Damit war genanntes Pferd also gefangen, ein herrliches Thier voll Feuer und Muth, und »gesalzen« wie der beste Schinken.
– Das ist das meinige!… Das ist Templar! rief Cyprien.
– Natürlich, lieber Freund, Templar gehört Dir, antwortete Pharamond Barthès, und es wird mir ein besonderes Vergnügen gewähren, Dir denselben zurückzugeben. Doch nun, gute Nacht! Schlaf ordentlich aus! Morgen mit Tagesanbruch machen wir uns auf den Weg!«
Um dem Freunde mit gutem Beispiele voranzugehen, wickelte sich auch Pharamond in seine Decke und schlief neben Cyprien ein.
Am folgenden Morgen kehrte der Chinese pünktlich mit einigem Mundvorrath nach dem Lagerplatz zurück. Nachdem Pharamond Barthès ihn, noch ehe Cyprien erwachte, über Alles unterrichtet, empfahl er ihm, über seinen Herrn zu wachen, während er das Pferd holen wollte, dessen Verlust dem jungen Ingenieur so schmerzlich gewesen war.
Neunzehntes Capitel.
Die Wundergrotte.
Es war wirklich Templar, den Cyprien am folgenden Morgen vor sich sah, als er aufwachte. Das Wiedersehen gestaltete sich fast zärtlich. Man hätte wohl sagen können, daß das Pferd ein ebenso großes Vergnügen empfand, wie der Reiter, als er den treuen Reisebegleiter wiederfand.
Cyprien fühlte sich nach dem Frühstück kräftig genug, um sich in den Sattel zu schwingen und sofort aufzubrechen. Pharamond Barthès packte dabei alle seine Habseligkeiten auf Templars Rücken, faßte das Thier am Zügel und man machte sich nun auf den Weg nach der Hauptstadt Tonaïa’s.
Unterwegs erzählte Cyprien seinem Freunde die merkwürdigsten Vorkommnisse der Expedition seit dem Verlassen des Griqualandes. Als er auf das letzte Verschwinden Matakit’s, von dem er eine Personalbeschreibung lieferte, zu sprechen kam, fing Pharamond Barthés laut zu lachen an.
»Ah, halt einmal, das ist ja noch etwas Neues, und ich glaube im Stande zu sein, Dir einige Neuigkeiten über Deinen Dieb, wenn auch nicht über Deinen Diamanten, mittheilen zu können.
– Was willst Du damit sagen? fragte Cyprien verwundert.
– Nun, daß meine Basutos vor kaum vierundzwanzig Stunden einen Gefangenen, einen jungen, im Lande umherschweifenden Kaffern gefangen und an Händen und Füßen gefesselt meinem Freund Tonaïa eingeliefert haben. Ich bin überzeugt, daß diesem recht übel mitgespielt werden möchte, denn Tonaïa hat große Furcht vor Spionen, und der, einem mit dem seinigen
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