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Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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noch mit fünf bis sechs Tassen eines Aufgusses zu verstärken suchte, welchen er aus mehreren ihm bekannten Kräutern hergestellt hatte.
    Cyprien verfiel in diesem Backtrog bald in tiefen erquickenden Schlaf.
    Als er bei Sonnenuntergang die Augen wieder öffnete, fühlte der Kranke sich so bemerkbar erleichtert, daß er zu essen verlangte. Sein erfinderischer Freund wußte allemal zu helfen; er bereitete ihm sofort eine kräftige Suppe, die er aus den besten Erzeugnissen der Jagd und verschiedenem Wurzelwerk hergestellt hatte. Ein gebratener Trappenflügel, eine Tasse heißes Wasser mit Cognac vervollständigten diese Mahlzeit, welche Cyprien einige Kräfte wiedergab und sein Gehirn von dem dasselbe noch umhüllenden Dunste befreite.
    Eine Stunde nach diesem Wiedergenesungs-Diner saß Pharamond Barthès, der auch selbst tüchtig gegessen hatte, neben dem jungen Ingenieur und erzählte, wie es gekommen, daß er sich hier allein und in dieser seltsamen Vermummung befunden hatte.
    »Du weißt, sagte er, wessen ich fähig bin, wenn sich’s darum handelt, eine neue Art der Jagd zu versuchen. Seit sechs Monaten hab’ ich nun soviel Elephanten, Zebras, Giraffen, Löwen und anderes Haar-und Federwild – einen Kannibalen-Adler, den Stolz meiner Sammlung, nicht zu übergehen – erlegt, daß mich vor einigen Tagen die Lust anging, einmal meine Jagdbelustigungen zu verändern Bis hierher zog ich in Begleitung meiner dreißig Basutos, einer Heerde entschlossener Gesellen, die ich per Monat mit einem Säckchen Glaskügelchen bezahle und die für ihren Herrn durch’s Feuer gehen würden. Kürzlich hab’ ich die Gastfreundschaft Tonaïa’s, des großen Häuptlings des Landes, genossen, und in der Absicht, von ihm die Berechtigung zur Jagd auf seinem Gebiete zu erhalten – ein Recht, auf das er ebenso eifersüchtig ist, wie ein schottischer Lord – stimmte ich zu, ihm meine Basutos nebst vier Flinten zu einem Zuge gegen seinen Nachbarn zu leihen. Diese Bewaffnung machte ihn natürlich unbesiegbar, und er hat auch über seine Feinde den erhofften Triumph davon getragen. Daraus entstand eine innige Freundschaft zwischen ihm und mir, die durch einen Blutsaustausch besiegelt wurde, das heißt, wir brachten uns gegenseitig einen kleinen Stich am Vorderarm bei. Seitdem bin ich also mit Tonaïa auf Leben und Tod verbündet. Vor jeder Belästigung in seinem ganzen Gebiete sicher, zog ich nun vorgestern aus, um Tiger und Strauße zu jagen. Einen Tiger hatte ich das Glück, vergangene Nacht zu erlegen und es sollte mich wundern, wenn Du den Lärm, der jenem Zweikampfe voranging, nicht vernommen hättest. Stelle Dir vor, daß ich neben dem Körper eines vorher getödteten Büffels eine Schutzhütte errichtet hatte, in der gegründeten Hoffnung, einen Tiger im Laufe der Nacht heranschleichen zu sehen. Und wahrlich, der Bursche ließ nicht auf sich warten, da ihn der Geruch des frischen Fleisches anziehen mochte; das Unglück wollte aber, daß zwei-bis dreihundert Schakals, Hyänen und Tigerkatzen den nämlichen Gedanken wie er gehabt hatten. Daraus entstand denn ein Höllenconcert, das wohl bis zu Dir hierher hörbar gewesen sein muß.
    – Ja, ich glaube es vernommen zu haben, antwortete Cyprien. Ich glaubte sogar, dasselbe würde mir zu Ehren gegeben!
    – Keineswegs, wackerer Freund! rief Pharamond Barthès. Es ertönte zu Ehren eines todten Büffels, dort in dem Thale, das Du zur rechten Hand sich öffnen siehst. Als der Tag graute, hatte ich von dem gewaltigen Wiederkäuer nur noch die Knochen übrig. Ich werde Dir’s zeigen. Es ist ein hübsches anatomisches Präparat! Du wirst auch meinen Tiger sehen, das schönste Thier, welches ich seit meiner Ankunft in Afrika erlegt habe. Ich habe es schon abgehäutet und sein Fell hängt nun zum Trocknen an einem Baume.
    – Warum aber die seltsame Verkleidung, welche Du heute Morgen trugst? fragte Cyprien.
    – Ja, das war ein Straußcostüm. Wie ich Dir sagte, gebrauchen die Kaffern oft diese List, um sich den Stelzfüßlern zu nähern, welche sonst sehr scheu und nur schwer zu schießen sind. Du wirst mir antworten, ich hätte ja meine vorzügliche Büchse. Das ist wohl wahr, doch… ich hatte nun einmal ust bekommen, auf Kaffernweise zu jagen, und das hat mir außerdem den Vortheil gewährt, Dich gerade zur rechten Zeit aufzufinden, nicht wahr?
    – Wahrhaftig, zur rechten Zeit, Pharamond!… Ich glaube, ohne Dich gehörte ich dieser Welt jetzt wohl nicht mehr an!« antwortete Cyprien,

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