Der Suender und die Lady
Runner oder mehr einstellen. Diese Rotberockten müssen inzwischen von den anderen Vermissten gehört und eine Vorstellung haben, wo sie suchen müssen. Niemand kann völlig vom Erdboden verschwinden.“
Regina wandte ihm das Gesicht wieder zu und sah ihm tief in die Augen. „Das glauben Sie doch selbst nicht, oder? Miranda könnte bereits an Bord irgendeines grauenhaften Schiffes sein, das auf die Flut wartet, um ins Ausland zu segeln. Wissen Sie, ich war mit meinem Vater an den Docks. Es sind so viele und Hunderte von Schiffen. Auf einem davon könnte Miranda in diesem Moment schon sein. Oh Gott“, sagte sie, und ihre Stimme brach, „ich habe so große Angst um sie.“
Ehe sie es sich versah, hatte Puck sie an seine Brust gezogen, hielt sie in den Armen, legte das Kinn auf ihr Haar und wiegte sie leicht, als wäre sie ein Kind, das er trösten wollte. Sie schlang einen Arm um seine Taille, hielt sich an ihm fest, hoffte auf Kraft.
Und spürte, wie sich noch etwas anderes in ihr regte, etwas, was sie nicht hätte empfinden dürfen. Nicht jetzt, während ihre Cousine sich in höchster Not befand. Und auch sonst nicht.
Regina hatte nie jemanden gehabt, an dem sie sich so hätte festhalten können. Ganz gewiss nicht ihre Mutter, die sie von Herzen liebte, die aber als Mutter zu nichts zu gebrauchen war. Und gewiss auch nicht ihr Vater, der deutlich zu verstehen gab, dass er sie als künftige Handelsware, als Produkt betrachtete, wie er sie einmal unverblümt hatte wissen lassen: „Billig erstanden und teuer verkauft.“ Nicht einmal ein Haustier, das ihr zweifellos seine bedingungslose Liebe geschenkt hätte, hatte sie je besessen.
Als die Kutsche das Tempo verringerte, löste Regina sich schließlich von Puck. „Ich muss damit aufhören. Ich ertrinke in Selbstmitleid, und das ist lächerlich, denn schließlich ist Miranda diejenige, der Gefahr droht. Ach, und Sie sind schrecklich, Mr Blackthorn, denn Sie waren im Begriff, meinen aufgewühlten Zustand auszunutzen, nicht wahr?“
„Der Gedanke ist mir flüchtig in den Sinn gekommen, ja. Bist du sicher, dass du ganz und gar dagegen bist?“
Regina funkelte ihn böse an, doch dann begann ihre Unterlippe zu zittern, und sie begann zu lachen. „Sie sind unverbesserlich. Ein wahrer Puck!“
Er legte den Zeigefinger unter ihr Kinn, dann neigte er sich Regina zu und gab ihr einen raschen, züchtigen Kuss auf den Mund. „Um dir Mut zu geben“, sagte er, als er gerade weit genug von ihr abrückte, um ihr in die Augen sehen zu können.
Regina bemerkte, dass die Kutsche angehalten hatte. Sie war zu Hause.
„Den werde ich wohl brauchen. Kommen Sie mit ins Haus?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich glaube, es wäre klüger, meinen Namen aus allen Erklärungen, die du deinen Eltern gibst, herauszuhalten. Ich bin überzeugt, dass der Viscount ihn jedenfalls nicht erwähnen wird. Aber keine Angst. Dein Vater wird überglücklich sein, seine Tochter in Sicherheit zu wissen, und nicht nach allzu vielen Einzelheiten fragen. Und deine Mutter …?“
Regina verzog das Gesicht. „Sie stellt kein Problem dar.“
„Es tut mir leid“, sagte Puck und streichelte ihre Wange.
„Warum? Sie trifft keine Schuld an dieser Sache.“
„Nein. Mir tut es leid, dass wir Gute Nacht sagen müssen. Morgen wirst erkennen, welche Zumutung ich bin.“
Sie senkte den Kopf. Er hatte recht. Er war niemand, über den sie je wieder so denken konnte, wie sie jetzt über ihn dachte. Ihr Vater würde nicht zulassen, dass sein Produkt an einen Bastard verschleudert wurde, selbst wenn dessen Erzeuger der Marquess of Blackthorn war.
„Wir … wir stehen lediglich unter dem Einfluss dieser außergewöhnlichen Situation“, sagte sie, ohne den Kopf zu heben. „Ich habe heute Abend einen beträchtlichen – einige beträchtliche Schocks erlebt. Und Sie …“
„Ich bin ein sehr schlechter Mensch“, beendete er den Satz für sie.
„Sir“, meldete sich ein Diener, der bereits den Schlag geöffnet und das Treppchen herabgelassen hatte. „Wir sind angekommen.“
Puck grinste und sah dabei so jung und albern aus, dass Regina erschrak. Er hatte so viele verschiedene Seiten, und sie wusste plötzlich, dass sie nicht umhin kommen würde, alle kennenzulernen. „Manche Menschen halten es für notwendig, das Offensichtliche zu verkünden, nicht wahr? Mein Diener wird dich zur Haustür geleiten und sich vergewissern, dass dir geöffnet wird.“
Regina nickte, dann traf sie eine Entscheidung.
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