Der Suender und die Lady
zusammenpresste. Wenn sie nicht auf dem Maskenball, als sie so abenteuerlustig war, auf Puck getroffen wäre, sondern auf einen Mann wie ihren Vater, wo wäre sie jetzt wohl?
Ihr Vater hatte recht. Sie war dumm. Dumm und leichtsinnig, und sie hatte sehr viel Glück gehabt.
„Ja, Papa“, sagte sie leise.
„Gut. Und jetzt sag mir, wie er heißt.“
Sie sah ihn an, voller Überraschung, die rasch einem Entsetzen Platz machte.
„Und lüg mich nicht wieder an! Straßenräuber!“, fauchte er. „In Mayfair?! Ich hatte mich schon gefragt, was du dir wohl einfallen lassen würdest, und es ist erbärmlich. Nur ein hirnloser Tölpel wie mein Schwager würde einen solchen Blödsinn schlucken. Andererseits hat er dich heute Abend ja nicht gesehen, oder?“
Regina glaubte sich einer Ohnmacht nahe. Es war schlimmer als alles, was sie sich hätte vorstellen können. „Du hast es gewusst? Du hast mich reden und reden lassen – und hast es gewusst?“
„Hast ordentlich was zu sehen bekommen, wie? Ja, ich habe dich gesehen. Dich und den Mann, mit dem du zusammen warst, aber du warst schon in seine Kutsche gestiegen und bist weggefahren, als ich dich schließlich wiedergefunden habe. Ich bin euch beiden allerdings bis zum Cavendish Square gefolgt, weil ich dachte, dass Seth dich zumindest von dort aus sicher nach Hause geleiten würde. Also, wer ist er?“
Sie ignorierte seine Frage, weil sie selbst noch Fragen hatte. „Du hast gewusst, dass Miranda auf dem Ball plötzlich verschwunden war?“
„Du bist ohne sie gegangen, schon vergessen? Ihr zwei wart auf keiner Teegesellschaft, Mädchen. So etwas kommt vor. Und sie könnte ihr Verschwinden selbst geplant haben. Doch um deine Frage zu beantworten: Nein, ich wusste es nicht mit Bestimmtheit. Nicht, bevor ich zurück in den Ballsaal gegangen war und ein paar Fragen gestellt hatte. Und jetzt beantworte gefälligst meine Frage! Nenn mir seinen Namen. Er hat dich wohlbehalten zu deinem Onkel gebracht. Ich möchte ihm danken.“
„Nein“, sagte Regina. Sie wusste, dass sie inzwischen unübersehbar zitterte, und stand Todesängste aus. Ihr Vater hatte sie nie geschlagen, hatte nie die Hand gegen sie erhoben. Er hatte stets andere Methoden gefunden, um sie zu beherrschen.
„Ich werde deine Mutter einweisen lassen. Zu ihrem eigenen Besten.“
Das war zum Beispiel eine seiner Methoden. Doch dieses eine Mal würde sie ihm sagen, was sie schon immer aussprechen wollte, sich aber nie zu erwidern getraut hatte. „Das tust du nicht! Es ist schlimm genug, dass du die Tochter eines einfachen Kaufmanns der vornehmen Gesellschaft andrehen willst, Papa. Aber es ist etwas ganz anderes, die Tochter einer Irrenhäuslerin an einen Titel zu verkaufen.“
Sie zuckte zusammen, als er die Hand hob, doch dann hielt er inne und lächelte, was fast noch schlimmer war. „Also gut, scheren wir uns nicht um den barmherzigen Samariter. Geh zu Bett.“
„Ja, Papa. Es tut mir leid, Papa.“ Regina stand auf und flüchtete aus dem Zimmer. Sie wusste, dass er seine Worte nicht ernst gemeint hatte. Puck war maskiert gewesen, und offenbar hatte niemand ihn erkannt. Trotzdem durfte sie ihn um seiner eigenen Sicherheit willen nicht wiedersehen.
Aber sie musste ihn wiedersehen, um ihn zu warnen. Sie fürchtete, dass er sonst tollkühn genug sein könnte, zu kommen und an ihre Tür zu klopfen. Oder noch schlimmer.
4. KAPITEL
M ’sieur Puck. Wenn Sie die Freundlichkeit hätten, Ihr Kinn zu heben, damit ich Ihren Kragen zuknöpfen kann?“, gurrte Gaston, der Kammerdiener, auf die ihm eigene Weise mit einer Höflichkeit im Ausdruck, die weit entfernt war von dem derben Gassenfranzösisch, das er gesprochen hatte, als Puck ihn fand. Er hatte den schlanken, schmächtigen Burschen vor einer Bande roher Kerle gerettet, die ihm wegen seiner angeblichen Perversität den Garaus machen wollten.
Puck legte Wert auf loyale Diener, und in Gaston hatte er durch dessen Rettung ein unbezahlbares Prachtstück gefunden. Auch anderen Außenseitern auf der Welt brachte Puck Zuneigung entgegen. Gaston gegenüber konnte er reden, wie er wollte, seine Gefühle zeigen, ohne Missverständnisse fürchten oder gar mit Verrat rechnen zu müssen.
„Sie ist umwerfend, Gaston! Solche Augen hast du noch nie gesehen. Ein unwiderstehlicher Mund. Und Mut hat sie! Und intelligent ist sie auch.“
„Wie Sie schon sagten, M’sieur . Wiederholt sagten. Ich freue mich so für Sie, dass mir die Worte fehlen. Bitte, das Kinn,
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