Der Suender und die Lady
Leben.“
Wieder einmal hatte Regina das Gefühl, innerlich zu schmelzen. Einfach zu schmelzen. „Ich liebe es mehr und mehr, ja. Du wolltest mir von deiner Familie erzählen?“
„Ja. Über Beau weißt du Bescheid. Er und Chelsea leben jetzt mit unserem Vater auf Blackthorn, wenn sie nicht gerade hierhin und dorthin und wieder zurück reisen und Papas zahlreiche Besitztümer beaufsichtigen. Beau würde einen herausragenden Marquess abgeben. Beau ist der Älteste von uns und will sich gern nützlich machen. Trotz seiner skandalösen Heirat in Gretna Green ist er im Grunde überhaupt nicht der Abenteurer. Womit wir bei Black Jack wären.“
„Und der ist der Abenteurer?“, bohrte Regina weiter und fragte sich, wie Puck sich selbst wohl beschreiben würde, wenn sie ihn darum bat.
„Finden wir, ja. In erster Linie ist er ein komischer Vogel. Hegt einen Groll, glaube ich.“ Puck trank noch einen Schluck Wein, was zumindest in Reginas Augen verriet, dass die Schilderung seiner Familie ihm nicht so angenehm war, wie er sie glauben machen wollte. „Verstehst du, unser Vater hat unsere Mutter nicht geheiratet, wohl aber die Schwester unserer Mutter.“
Regina blinzelte. „Wie bitte?“
Puck leerte sein Weinglas, stand auf, umrundete den Tisch und begann, in der Mitte des großen Zimmers auf und ab zu gehen. „Da wir mit dieser Geschichte groß geworden sind, erscheint sie uns ziemlich logisch, solange wir sie nicht erklären müssen. Meine Mutter und mein Vater haben sich getroffen und sich ineinander verliebt, doch meine Mutter wollte unbedingt Schauspielerin werden. Sie ist tatsächlich Schauspielerin, und mein Vater finanziert ihre Wanderbühne seit vielen Jahren. Es verlangt sie nach den Theatern in London, doch innerhalb von drei Jahrzehnten ist sie der Erfüllung dieses Traums nicht näher gekommen als bis zu einem kleinen Theater in Bath, und auch das nur für vierzehn Tage vor zwölf Jahren. Doch sie macht beharrlich weiter. Manchmal denke ich, ihre besten Vorstellungen liefert sie abseits der Bühne, doch dann fällt mir wieder ein, dass Jack zynisch ist und ich diesen Charakterzug nicht besonders angenehm finde.“
„Sie haben also nicht geheiratet, weil sie Schauspielerin geworden ist? Ich glaube, ich kann die Zurückhaltung deines Vaters verstehen.“
Puck lachte. „Wohl kaum. Sie hat ihn abgewiesen. Doch letzten Endes haben sie dann ein Abkommen getroffen. Sie würde ihn ewig lieben, und er würde sie ewig lieben, sie würden einander immer treu sein – wie rührselig! –, doch er würde statt ihrer ihre Schwester heiraten. Abigail war wunderschön, aber in jeder Hinsicht ein Kind. Ihr Vater wollte sie in eine Anstalt einweisen lassen und hätte es auch getan, wie Mama uns wissen ließ, wäre sie nicht da gewesen, um sie zu beschützen. Mama konnte nicht fort, konnte sich ihren Traum nicht erfüllen, solange Abigail nicht in Sicherheit war.“
„Und dein Vater war einverstanden? Nun ja, augenscheinlich war er es, denn er hat sie ja geheiratet. Und Abigail hatte nichts dagegen, dass ihre Schwester die Geliebte ihres Mannes wurde?“
„Abigail hätte nicht einmal verstanden, was das Wort bedeutet.“ Pucks Blick wurde weich und schweifte in die Ferne. „Regina, sie war ein Engel. Lieb und dumm und so unschuldig. Aber sie war nie ganz gesund. Ich weiß noch, wie kalt sich ihre Hand anfühlte, wenn ich sie hielt, und die Fingerspitzen waren immer leicht bläulich. Mama sagte, es wäre ihr Herz, es wäre nicht stark genug. Eines Morgens im letzten Jahr ist sie einfach nicht mehr aufgewacht.“
Regina wäre gern zu ihm gegangen, doch trotz allem, was sie nur Stunden zuvor in demselben Zimmer gemeinsam erlebt hatten, hielt sie sich dieses Mal zurück. Sie ahnte, dass Puck ihr nicht von Abigail erzählte, weil er ihr Mitleid wollte, sondern lediglich zu einer gewissen Erklärung der Art seiner Brüder und vielleicht sogar seiner eigenen Persönlichkeit.
„Das alles ist sehr traurig, aber trotzdem schwer zu begreifen. Wenn deine Eltern einfach geheiratet hätten, hätte die Schwester deiner Mutter bei ihnen leben und in Sicherheit sein können. Es war deiner Mama doch sicherlich wichtiger, die Frau des geliebten Mannes zu sein, als Schauspielerin zu werden.“
„Das sagst du, weil du Adelaide nicht kennst“, erwiderte Puck. Sein leises, schiefes Lächeln konnte seinen Worten nicht ganz die Härte nehmen. „Ich glaube, sie ist nur zur Hälfte lebendig, wenn sie bei uns ist, selbst wenn
Weitere Kostenlose Bücher