Der süße Hauch von Gefahr
einfiel. Mit Mitgefühl in den Augen fragte sie:
»Erpresst Ormsby dich auch?«
Asher versteifte sich und stieß sich von dem Türrahmen ab. Darum also war Juliana in Ormsbys Bibliothek gewesen. Der Bastard hatte etwas gegen sie in der Hand, und sie hatte danach gesucht. Eine Welle kalter Wut erfasste ihn, und seine kobaltblauen Augen verdunkelten sich bedrohlich.
»Erpresst Ormsby dich?«, wollte er von ihr wissen.
Seine Stimme war scharf wie ein Peitschenknall, sodass Juliana unwillkürlich zusammenzuckte. Asher sagte halblaut ein hässliches Wort, dann war er mit einem Schritt an ihrer Seite. Er packte ihre Arme mit eisernem Griff und knurrte beinahe:
»In was, zum Teufel, bist du hineingeraten?«
Ein wenig erschreckt von seiner heftigen Reaktion versuchte Juliana sich aus seinem Griff zu befreien, aber seine Hände fassten sie nur fester.
»Halt still!«, befahl er und ignorierte ihre Gegenwehr.
»Und jetzt verrate mir, was dieser Schuft Ormsby gegen dich in der Hand hat.«
Der Ausdruck auf seinem Gesicht erinnerte sie an den, den sie in Ormsbys Gärten flüchtig bei ihm gesehen hatte, und ein Schauer durchlief sie. In der Nacht hatte sein Gesicht im Schatten gelegen, aber hier in dieser kleinen Hütte erhellte der flackernde Kerzenschein seine Züge und enthüllte die dunkle Drohung darauf.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie in das schmale Gesicht über sich, suchte nach einem Hinweis auf den Jungen, den sie früher einmal gekannt hatte. Doch es gab keinen. Der Mann vor ihr war ein gefährlicher Mann, ein harter Mann, ein Mann, erkannte sie mit einem dumpfen Schlag ihres Herzens, mit dem man nicht spaßte. Gütiger Himmel! Warum hatte sie je geglaubt, er würde ihr helfen?
Mehrere furchteinflößende Gedanken drangen auf sie ein. Sie war mitten in der Nacht mit ihm allein, mit einem Fremden mit eiskalten Augen, in dessen Griff sie hilflos hing, dessen Finger sich schmerzhaft in ihre Arme gruben. Ihm zu entkommen war unmöglich. Ihr Atem ging stockend, und ihr fiel noch etwas auf. Niemand wusste, dass sie sich mit ihm treffen wollte. Niemand, sie selbst eingeschlossen, wusste, wo sie waren. Gütiger Himmel! Wenn es ihm einfiel, konnte er sie ermorden, und ihre Leiche würde nie gefunden werden.
Ihre sich überschlagenden Gedanken spiegelten sich in ihrem ausdrucksvollen Gesicht wider; Asher, der die Angst in ihren Zügen las, lockerte seinen Griff, und der Ausdruck, der sie so erschreckt hatte, verschwand. Seine Stimme klang sanfter, freundlicher, als er sagte:
»Ich werde dir nicht wehtun. Ich würde dir niemals wehtun. Es tut mir leid, dass du dich vor mir gefürchtet hast.« Er schnitt eine Grimasse.
»Du weißt doch, wie ich wegen Ormsby empfinde … und allein die Vorstellung, dass er dich in seinen Klauen halten könnte …« Mit einem selbstkritischen Lächeln fügte er hinzu:
»Ich befürchte nur, dass ich meinem Temperament einen Moment lang keine Zügel angelegt habe. Verzeihst du mir?«
Sie nickte unsicher, und ihre Furcht ließ nach. Ashers Verachtung und Abneigung gegen Ormsby war allgemein bekannt; sie hätte wissen müssen, räumte sie ein, dass die Gewaltbereitschaft, die sie in ihm wahrgenommen hatte, die sie in seinen Zügen gelesen hatte, einzig und allein auf Ormsby gerichtet gewesen war.
Mit unendlicher Zärtlichkeit umfing er ihre Wange. Seine dunkelblauen Augen schimmerten warm, als er leise erklärte:
»Hab niemals Angst vor mir. Ich möchte zwar vielleicht Ormsby am liebsten vierteilen oder werde seinetwegen auch immer wieder die Kontrolle über mein Temperament verlieren, aber vergiss nie, dass meine Wut ihm gilt und niemals dir.«
Seine Stimme wurde tiefer.
»Sei dir immer bewusst, dass, egal wie sehr oder wie oft du mich reizt, ich dir niemals etwas antun könnte.«
Atemlos und mit leicht geöffneten rosa Lippen starrte sie ihn an. Dies, dachte sie froh, war der auf eine düstere und geheimnisvolle Art charmante Asher, der jeden in seinen Bann ziehen konnte, wenn er es darauf anlegte. Dies war der Asher, der manchmal durch ihre verbotenen Träume geisterte und ein schmerzliches Sehnen in ihr weckte.
Asher wollte sie nur trösten und beruhigen, aber wenn sie ihn so ansah, war Trost das Letzte, woran er dachte. Er hatte immer schon geglaubt, dass Thalias rosa-blonde Schönheit überschätzt wurde und dass Juliana mit ihrem schwarzen Haar und den warmen braunen Augen die wahre Schönheit der Familie war. Wenn er sie anschaute, hier und jetzt, war er sich sogar
Weitere Kostenlose Bücher