Der süße Hauch von Gefahr
keinerlei Notwendigkeit, dass du mit meinem Vater sprichst. Ich denke, du vergisst, dass ich weit über das Alter hinaus bin, in dem ich die Erlaubnis meines Vaters für irgendetwas brauchte. Du vergisst zudem, dass ich bereits verheiratet war. Ich bin eine Witwe. Seit einer Reihe von Jahren lebe ich unabhängig in meinem eigenen Heim, von meinem eigenen Vermögen.«
Mit schneidender Stimme fuhr sie fort:
»Ich brauche nichts von dir – nicht deinen Namen und auch nicht dein Geld.«
Asher starrte sie eine Weile an. Sie war atemberaubend, dachte er beinahe beiläufig, ihr Busen hob und senkte sich, ihre Wangen waren gerötet, und ihre Augen blitzten vor Wut. Die Reste seines Verlangens glommen auf, und wenn er sich nicht sicher gewesen wäre, dass sie ihm einen Kinnhaken versetzt hätte, hätte er sie gepackt und sie geküsst, das beendet, was sie angefangen hatten. Und zum Teufel mit den Konsequenzen.
Ihre Zurückweisung seines Antrages war jedoch keine Überraschung. Juliana hatte immer schon einen Hang zur Auflehnung besessen, aber er konnte nicht genau sagen, was er dabei empfand, seinen ersten Heiratsantrag ins Gesicht geschleudert zu bekommen. Er konnte doch nicht enttäuscht sein, oder?
Er suchte sich behutsam seinen weiteren Weg, versuchte sie zu lesen.
»Gut. Wenn du mich nicht heiraten willst, und es, wie du über jeden Zweifel erhaben deutlich gemacht hast, allein deine Entscheidung ist, ziehe ich den Antrag hiermit zurück.«
Ohne sich um den Stich in ihrem Herzen zu kümmern, stieß sie hervor, nachdem ihr erster Zorn verraucht war:
»Danke.«
»Und was zwischen uns passiert ist?«, fragte Asher mit hochgezogener Braue.
»Tun wir einfach so, als sei es nie geschehen, und vergessen es?«
»Natürlich!«
Er zuckte die Achseln. Wenn sie es so haben wollte, gut. Aber es würde eine verdammt lange Weile dauern, ehe er vergaß, wie ihr Mund schmeckte oder wie sich ihr verführerisch gerundeter Körper an seinem angefühlt hatte. Er glaubte nicht, dass er je eine Frau so sehr begehrt hatte wie sie. Er war es nicht gewöhnt, dass man ihm etwas verwehrte, und er erinnerte sich gut, wie nahe sie dem letzten Akt gekommen waren; dabei spürte er den Druck in seinen Lenden wieder zunehmen.
Mit einem unterdrückten Fluch wandte er sich von ihr ab und erklärte:
»Jetzt, da wir das aus dem Weg haben, möchtest du mir da verraten, warum wir hier sind? Und was Ormsby damit zu tun hat?«
Mehr, um sich selbst Zeit zu verschaffen, als sonst etwas, griff Juliana nach unten, wohin ihr Umhang gefallen war. Ohne den Blick von dem Stoff zu nehmen, faltete sie ihn ordentlich und legte ihn sich über den Arm.
»Du warst in Ormsbys Bibliothek, um ihn zu bestehlen, nicht wahr?«, erkundigte sie sich.
»Vielleicht. Warum möchtest du das wissen?« Er drehte sich wieder zu ihr um und sah sie aus schmalen Augen an.
»Du warst selbst da, um ihm etwas zu stehlen, oder?«
Sie schluckte, dann nickte sie. Dies war der Augenblick, den sie gefürchtet hatte. Es hatte alles so logisch geklungen, als sie den Gedanken das erste Mal in Erwägung gezogen hatte, aber nun, da sie einem anderen anvertrauen musste, wie dumm Thalia sich verhalten hatte, zögerte sie. Vertraute sie Asher genug? Würde sie einen Erpresser gegen einen anderen eintauschen?
Nein, die Vorstellung wies sie entschieden von sich. Sie hatte sich als betrüblich unbeholfen dabei angestellt, als es darum ging, sich unbemerkt irgendwohin zu schleichen und etwas zu stehlen. Ein Schauer durchlief sie, als sie sich wieder daran erinnerte, welche Schrecken sie durchlitten hatte, als Ormsby sie beinahe zusammen in der Bibliothek ertappt hatte. Sie hatte jedes Recht gehabt, sich in Ormsbys Haus aufzuhalten, und selbst mit diesem Vorteil versehen, hatte sie keinen Erfolg gehabt. Uneingeladen war es Asher nicht nur gelungen, in Ormsbys Londoner Haus einzudringen, was ihrer Meinung nach ein gewisses Können und Geschick voraussetzte. Können und Geschick, das ihr abging. Er war zudem ein Mann, was ihm zusätzlich einen Vorteil verschaffte, den sie nicht besaß.
Wenn sie einen weiteren Versuch unternehmen wollte, Thalias Briefe zu finden und an sich zu nehmen, so musste sie, falls sie nicht dumm genug war, zu versuchen, bei ihm einzubrechen, darauf warten, in Ormsbys Landhaus eingeladen zu werden, und hoffen, dass sich eine Gelegenheit bot. Asher hingegen … Asher hatte offenkundig nicht mit diesen Einschränkungen zu arbeiten. Er war bereits einmal unerlaubt in Ormsbys
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