Der süße Hauch von Gefahr
Mit listigem Lächeln fügte er hinzu:
»Und dafür bin ich auch dankbar – ich werde niemals vergessen, dass du geholfen hast, Apple Hill zu retten, aber du kannst ihm doch nicht für den Rest seines Lebens diesen einen Fehltritt vorhalten.« Als er den Ausdruck in Ashers Augen sah, fügte er hastig hinzu:
»Ich räume gerne ein, dass Vater sich nicht immer klug verhalten hat, dass er sich zum Narren macht, wenn es ums Spielen geht, aber es ist ihm immer gelungen, wieder auf die Beine zu kommen – das kannst du nicht leugnen.«
Asher musste sich größte Mühe geben, damit die hitzigen, zornigen Worte, die ihm auf der Zunge lagen, nicht aus ihm hervorsprudelten. Er hatte damals nicht geholfen, Apple Hill zu retten, ohne sein Eingreifen wäre die Familie mittel- und obdachlos gewesen. Und der Oberst war einzig deswegen immer wieder auf die Füße gekommen, weil er und nicht Denning die Mittel aufgebracht hatte. Er atmete einmal tief durch und schluckte seinen Zorn und seine Erbitterung herunter, auch wenn er daran zu ersticken drohte. Es war seine eigene Entscheidung gewesen, rief er sich mahnend in Erinnerung, das volle Ausmaß der Verluste seines Stiefvaters vor der Familie geheim zu halten, und nach all dieser Zeit hatte er nicht vor, seinem Bruder die Illusionen zu rauben, die er sich wegen seines Vaters noch machte. Was würde das auch nützen?, fragte er sich müde. John würde ihm wahrscheinlich nicht glauben, sodass er am Ende seinem Bruder, den er liebte, entfremdet wäre.
Obwohl es ihn einiges kostete, gelang es Asher zu sagen:
»Ja, natürlich, du hast ja recht. Der Oberst hat es letztendlich immer irgendwie geschafft.« Er zwang sich zu einem Lächeln und fügte leiser hinzu:
»Es scheint, als hättest du alles hier bestens in der Hand und benötigtest meine Einmischung überhaupt nicht.«
Die Zuneigung zu seinem Bruder war aus seiner Stimme deutlich herauszuhören, als John erklärte:
»Aber mich freut es, dass du bereit warst, mir zur Seite zu stehen.«
Asher lächelte.
»Immer.«
Die Unterhaltung wurde allgemeiner, und sie verbrachten eine angenehme Zeit miteinander, ihre Gespräche drehten sich um den jüngsten Klatsch aus London, den Asher beisteuern konnte, Johns Verbesserungen in der Bewirtschaftung von Apple Hill und seine weiteren Vorstellungen auf dem Gebiet, bis sie schließlich bei den einzelnen Familienmitgliedern ankamen. Trotz des Altersunterschieds von beinahe sieben Jahren genossen die beiden Halbbrüder die Gesellschaft des anderen, sodass die Stunden wie im Flug vergingen.
Als die Uhr auf dem Kaminsims schlug, merkte Asher erst, wie spät es inzwischen geworden war. Erstaunt fragte er:
»Kann das sein? Ist es wirklich schon drei Uhr?«
»Sicher stimmt das.« John grinste.
»Wir waren so geschwätzig wie zwei alte Damen beim Tee.«
Asher erhob sich und sagte:
»Ich wollte dich nicht so lange von der Arbeit abhalten. Ich mache mich gleich auf den Heimweg.«
»Du musst doch noch nicht gehen«, widersprach John, der ebenfalls aufstand.
»Es ist schon spät genug. Warum bleibst du nicht noch zum Abendessen?«
Ehe Asher darauf antworten konnte, öffnete sich die Zimmertür, und der Oberst kam herein, begleitet von dem klopfenden Geräusch, das sein Holzbein auf dem Boden machte. Mit einem breiten Lächeln auf den Lippen und einem erfreuten Leuchten in den blauen Augen rief Oberstleutnant Denning:
»Ich konnte meinen Ohren kaum trauen, als Woodall mich davon in Kenntnis setzte, dass du zu Besuch gekommen bist.« Er streckte eine Hand aus, schüttelte Ashers und erklärte voller Begeisterung:
»Himmeldonnerwetter, Junge! Es ist Jahre her, seit du uns besucht hast. Was hast du getrieben, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?«
Sein Stiefvater weckte in Ashers Brust stets gemischte Gefühle, und an diesem Tag war es nicht anders. Nur sich selbst gegenüber war er bereit einzugestehen, dass er unter all seiner Wut und Erbitterung auch noch Zuneigung für seinen Stiefvater empfand. Im vergangenen April war der Oberstleutnant siebenundsechzig geworden, und trotz der Spuren, die sein liederlicher Lebenswandel in seinem Gesicht hinterlassen hatte, war er schlank und drahtig und bewegte sich immer noch mit einer sehr militärischen Haltung, Schultern und Rückgrat gerade. Sein Gang war von so eleganter Präzision, dass man beinahe vergaß, dass er ein Bein verloren hatte; nur das Klopfen des Holzstumpfes auf dem Boden erinnerte daran. Dennings sandfarbenes Haar war
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