Der süße Hauch von Gefahr
machen, dann wüsste er das bald genug.
Auf Kirkwood am selben Morgen schaute Juliana ihren Vater entsetzt an; eben erst hatte sie erfahren, wie große Schwierigkeiten Ormsby machen konnte.
»Du hast was?«, fragte sie ihn mit schwacher Stimme, traute ihren Ohren kaum.
Mr Kirkwood schien sich in seiner Haut nicht wohl zu fühlen.
»Ich habe ihn zum Abendessen heute eingeladen«, erklärte er, ohne sie ansehen zu können.
»Wie konntest du nur?«, entfuhr es ihr.
»Hast du vergessen, was er uns anzutun versucht?«
Mr Kirkwood räusperte sich und zerrte nervös an seinem ordentlich gebundenen Halstuch.
»Ich habe es nicht vergessen, und ich schwöre dir, als ich ihm bei meinem Morgenausritt auf der Straße begegnet bin, hatte ich vor, ihn nicht zu grüßen und weiterzureiten.«
Hilflos fügte er hinzu:
»Aber du weißt ja, wie Ormsby ist. Er hat mich angerufen, als sei alles in bester Ordnung … Er war so freundlich und nett, dass ich kaum unhöflich sein konnte …«
»Warum denn nicht?«, fragte seine Tochter scharf, die Hände in die Hüften gestemmt.
»Ich kann es jedenfalls!« Mit empörter Miene fügt sie hinzu:
»Vater, du kannst nicht von mir erwarten, dass ich diesen entsetzlichen Mann bewirte und unterhalte. Dir wird nichts anderes übrig bleiben, als ihm eine Nachricht zu schicken, dass du deine Meinung geändert hast – dass es uns sehr ungelegen kommt. Oder dass ich zu beschäftigt bin mit Thalias Pflege, um mich um Gäste zu kümmern.« Sie runzelte die Stirn.
»Was der Wahrheit entspricht.«
Er sah noch elender aus, als er leise einwandte:
»Du hast völlig recht, auf mich böse zu sein, meine Liebe, und ich mache dir auch keine Vorwürfe. Ich weiß, ich hätte ihn einfach schneiden sollen, aber ich war so überrascht, als er meinen Namen gerufen hat, dass ich mein Pferd angehalten habe.« Unglücklich fuhr er fort:
»Er benahm sich genauso wie der Mann, den ich zu kennen dachte, dass, bevor ich überhaupt wusste, was geschah, er sich für heute Abend zum Essen eingeladen hatte.«
»Nun, du wirst die Einladung einfach rückgängig machen müssen, fürchte ich«, entgegnete seine Tochter unnachgiebig.
»Ach, Juliana, ich denke nicht, dass es eine gute Idee wäre, ihn zu verärgern, oder? Schließlich hält er Thalias Schicksal in der Hand. Wenn wir ihn reizen …« Als Juliana ihn nur feindselig musterte, wurden seine Lippen schmal, und er sagte:
»Du willst nicht, dass ich mich mit ihm auf dem Duellplatz treffe, aber davon abgesehen gibt es praktisch nichts, was ich tun kann.« Beschwichtigend sagte er:
»Und es kann ja auch sein, dass er seine Meinung geändert hat, zu Sinnen gekommen ist und sich entschuldigen will und die Briefe zurückgibt.«
Der Ausdruck auf Julianas Gesicht verriet ihrem Vater unmissverständlich, was sie von dieser Einschätzung hielt, sodass er hastig weitersprach:
»Ich hätte nicht zulassen dürfen, dass er mich derart manipuliert, und ja, mir ist bewusst, dass er mich manipuliert hat, aber ich denke vor allem an deine Schwester.« Ihren Blick fest erwidernd, erklärte er:
»Wenn es uns auch nur einen kleinen Vorteil verschafft, eine Nacht lang einem Mann gegenüber höflich zu sein, den ich insgeheim verabscheue, dann bin ich willens, es zu tun. Und du?«
Ihr Vater hatte nicht völlig unrecht, und trotz des Widerwillens, der in ihr aufstieg, wenn sie nur daran dachte, sich mit Ormsby an einen Tisch zu setzen und mit ihm zu speisen, nickte sie zögernd. Die Einladung war ausgesprochen, und ohne eine verfahrene Situation noch schlimmer zu machen, sah sie keinen Ausweg.
»Nun gut, Ormsby kommt und wird heute Nacht hier essen.«
Sie kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen.
»Aber nicht zu dem intimen kleinen Mahl, das ihm vermutlich vorschwebt. Ich kann mir nichts Schrecklicheres denken, als mich mit ihm zum Dinner an einen Tisch zu setzen, solange außer ihm nur du noch da bist.« Ihre Lippen bildeten eine dünne Linie.
»Wenn ich mit ihm alleine bin, besteht die Gefahr, dass ich meine Gabel nehme und ihn ersteche.« Sie raffte ihre Röcke und ging an ihm vorbei.
»Wenn du mich nun entschuldigen willst, ich muss eine Dinnergesellschaft planen.«
Damit stürmte Juliana die Treppe zu ihrem Zimmer hoch. Sie liebte ihren Vater, wirklich, aber es gab Zeiten … Bei all dem, was gerade geschah, wie konnte er da nur auf Ormsbys trügerischen Charme hereinfallen? Asher wäre das nicht passiert. Sie biss sich auf die Lippen. Das war unfair. Ihr
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