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Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Sumpf: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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anderen im Trakt sind auch so schon nervös genug. Die mögen es nicht, wenn es jemand kampflos hinnimmt, wissen Sie. Als Ferguson freikam, war das für alle so was wie ein Hoffnungsschimmer. Auf Sully sind alle stinksauer. So was entmutigt die Jungs. Keine Ahnung, was uns noch bevorsteht.«
    »Schwierige Situation für Sie, kann ich mir denken.«
    »Sicher, aber letztendlich gehört das einfach zum Job.«
    »Hat Sully mit irgendjemandem gesprochen?«
    »Nein, aber deshalb rufe ich an.«
    »Wie?«
    »Er will Sie noch einmal sehen. So schnell wie möglich.«
    »Mich?«
    »Ganz recht. Wahrscheinlich, damit Sie über den Alptraum berichten. Er hat Sie auf die Zeugenliste gesetzt.«
    »Was ist das?«
    »Wonach klingt es denn? Die handverlesenen Ehrengäste zu Blair Sullivans kleiner Abschiedsfete.«
    »Du liebe Güte. Ich soll seiner Exekution beiwohnen?«
    »Genau.«
    »Himmel, ich weiß nicht, ob ich …«
    »Wie wär’s, wenn Sie ihn selber fragen würden? Sie müssen bedenken, Mr. Cowart, dass die Zeit verdammt knapp wird. Statt dass wir weiter am Telefon plaudern, sollten Sie schleunigst einen Flug buchen, um heute Nachmittag hier zu sein.«
    »Ja, ja, Sie haben recht, ich werde kommen. Mein Gott.«
    »Immerhin war es Ihre Geschichte, Mr. Cowart. Schätze, der alte Sully will nur sicherstellen, dass Sie auch das letzte Kapitel schreiben. Ehrlich gesagt überrascht mich das nicht.«
    Matthew Cowart legte, ohne noch etwas hinzuzufügen, auf. Dann schaute er kurz in Will Martins Büro vorbei und erklärte ihm in aller Eile den ungewöhnlichen Anruf. »Worauf wartest du?«, erwiderte der Ältere. »Du solltest längst weg sein. Das ist eine Wahnsinnsstory. Ab die Post.« Zwischen Tür und Angel folgte ein kurzer Wortwechsel mit dem Redaktionsleiter, dann eine hastige Fahrt zu seiner Wohnung, um das Nötigste zu packen.
    Mit knapper Not erwischte er noch einen Mittagsflug.

    Obwohl er mit dem Leihwagen hart am Tempolimit gefahren war, traf er erst am späten Nachmittag am Gefängnis ein. Es war ein regnerischer Tag, und das rhythmische Geräusch der Scheibenwischer hatte ihn wie das Ticken einer Uhr weiter vorangetrieben. Sergeant Rogers empfing ihn im Verwaltungstrakt und schüttelte ihm wie beim Wiedersehen mit einem alten Mannschaftskameraden die Hand.
    »Von der schnellen Truppe«, kommentierte der Sergeant sein frühes Erscheinen.
    »Wissen Sie, für mich ist das der schiere Wahnsinn. Ansteckend irgendwie. Auf der Fahrt hierher war ich mir plötzlich jeder Minute, jeder Sekunde bewusst, die verstreicht.«
    »Stimmt«, pflichtete der Sergeant bei. »Geht nichts über einen konkreten Zeitpunkt zum Sterben, um einem klarzumachen, wie kostbar jeder Augenblick ist.«
    »Furchterregend.«
    »Da will ich nicht widersprechen. Wie gesagt, Mr. Cowart, im Todestrakt sieht man das Leben mit anderen Augen.«
    »Keine Demonstranten draußen?«
    »Bis jetzt noch nicht. Um sich für den alten Sully in den strömenden Regen zu stellen, muss man die Todesstrafe von ganzem Herzen hassen. Schätze, die lassen sich erst in ein, zwei Tagen sehen. Da soll das Wetter besser werden.«
    »Ist sonst jemand gekommen, um ihn zu besuchen?«
    »Es sind ein paar Anwälte da, die auf Abruf ihre Anträge vorbereitet haben, aber er hat keinen zu sich gerufen – abgesehen von Ihnen. Auch ein paar Detectives sind da. Gestern sind die beiden aus Pachoula gekommen. Er wollte nicht mit ihnen reden. Einige Leute vom FBI und eine Handvoll Polizisten aus Orlando und Gainesville. Die wollen alle was über ein paar ungeklärte Morde in ihren Akten erfahren. Auch die lässt er nicht an sich ran. Redet nur mit Ihnen. Vielleicht verrät er ja Ihnen, was die wissen wollen. Würde einigen Leuten auf jeden Fall helfen. Genau das hat auch der alte Ted Bundy gemacht, bevor er auf den Stuhl kam, und damit eine Menge Rätsel gelöst, mit denen sich die Ermittler rumgeschlagen hatten. Ob es ihm drüben was gebracht hat, ist ’ne andere Frage, aber wer weiß.«
    »Gehen wir.«
    »Sie haben recht.«
    Sergeant Rogers überprüfte pro forma Matthew Cowarts Notizblock sowie seine Aktentasche und führte ihn durch die Schleusen und Metalldetektoren in die Eingeweide der Anstalt.
    Sullivan wartete in seiner Zelle auf ihn. Der Sergeant zog vor dem Gitter einen Stuhl heran und forderte Cowart mit einer stummen Geste auf, Platz zu nehmen.
    »Unter vier Augen«, schnauzte Sullivan.
    Er sah blass aus, stellte Cowart fest. Im Licht einer Gitterlampe glänzte sein zurückgegeltes

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