Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
Haar. Mit eingezogenen Schultern lief Sullivan nervös zwischen den Wänden seiner Zelle hin und her.
»Ich kann nur unter vier Augen reden«, wiederholte er.
»Sully, Sie wissen doch, dass in den Zellen links und rechts niemand ist. Sie können hier reden«, erklärte ihm der Sergeant geduldig.
Dem Gefangenen huschte ein kurzes Lächeln über das Gesicht.
»Die sorgen dafür, dass man sich schon vorher wie in einem Grab fühlt«, sagte er zu Matthew Cowart, als der Sergeant sie verließ. »Totenstille, damit man sich schon mal dran gewöhnt, in einem Sarg zu leben.«
Er trat an die Gitterstäbe und rüttelte daran. »Genau wie ein Sarg«, sagte er. »Zugenagelt.«
Blair Sullivan brach in ein wieherndes Lachen aus, das in ein heftiges Keuchen überging. »Also, Cowart, Sie sehen nach einem erfolgsverwöhnten Mann aus.«
»Ich kann mich nicht beklagen. Weshalb wollen Sie mich sprechen?«
»Nur keine Eile. Gönnen Sie mir einen Moment Spaß. Ach, haben Sie von unserem Freund Bobby Earl gehört?«
»Als ich den Preis bekam, hat er angerufen, um mir zu gratulieren. Aber es war nur ein ganz kurzes Gespräch. Wie ich höre, ist er aufs College zurück.«
»Tatsächlich? Irgendwie hätte ich ihn nicht für den wissbegierigen Typ gehalten. Aber wer weiß, vielleicht hat das College dem guten alten Bobby Earl ja noch anderes zu bieten.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ach, nur so, nichts Besonderes, nichts, was Sie sich für später merken müssen.«
Blair Sullivan warf den Kopf zurück und zitterte plötzlich am ganzen Körper. »Finden Sie auch, dass es kalt hier drinnen ist, Cowart?«
Cowart rann der Schweiß die Brust herunter. »Nein, es ist heiß.«
Sullivan grinste und lachte trocken. »Ist das nicht ein Witz, Cowart? Auf einmal kann ich es nicht mehr unterscheiden. Kann nicht sagen, ob es heiß ist oder kalt. Tag oder Nacht. Wie bei einem kleinen Kind, nehme ich an. Das gehört wohl dazu, zum Sterben. Als ob die Zeit für einen rückwärts läuft.« Er stand auf und trat an ein kleines Waschbecken in der Ecke seiner Zelle. Er drehte den Hahn auf, beugte sich herunter und trank in großen Schlucken. »Und ich habe Durst, bekomme einen trockenen Mund, als ob irgendwas alle Flüssigkeit aus mir raussaugen würde.«
Cowart schwieg.
»Wenn sie einem das erste Mal diese zweitausendfünfhundert Volt reinjagen, macht das vermutlich allen, die dabei sind, Durst.«
Matthew Cowart merkte, wie es ihm selbst die Kehle zuschnürte. »Werden Sie doch noch Berufung einlegen?«
Sullivan sah ihn finster an. »Was glauben Sie?«
»Ich glaube gar nichts.«
»Eins sollten Sie begreifen, Cowart«, sagte Sullivan, »im Moment fühle ich mich so lebendig wie nie zuvor.«
»Wieso wollen Sie mit mir sprechen?«
»So was wie meine letztwillige Verfügung, mein Testament. Die berühmten letzten Worte. Wie finden Sie das?«
»Liegt bei Ihnen.«
Sullivan ballte die Faust und boxte in die Luft. »Ich habe Ihnen vor einer Weile erzählt, wie weit mein Arm reicht, erinnern Sie sich? Und wie lächerlich diese Mauern und Gitter hier in Wahrheit sind, nicht wahr, Cowart? Dass ich keine Angst vor dem Tod habe, sondern dass ich ihn sogar willkommen heiße? Ich glaube, die haben mir in der Hölle einen Ehrenplatz reserviert, und Sie werden mir helfen, dahin zu kommen.«
»Darf ich fragen, wie?«
»Sie werden mir ein paar Gefälligkeiten erweisen.«
»Und wenn ich nein sage?«
»Das werden Sie nicht, Cowart, Sie stecken doch schon viel zu tief in der Sache drin, oder etwa nicht?«
Cowart nickte, auch wenn er sich fragte, worauf er sich da gerade einließ.
»Also gut, Cowart, Mr. Super-Reporter. Ich möchte, dass Sie für mich wohin gehen und eine von Ihren Sonderreportagen machen. Es ist ein kleines Haus. Klopfen Sie an die Tür. Wenn niemand aufmacht, gehen Sie einfach rein. Kümmern Sie sich nicht darum, wenn abgeschlossen ist. Haben Sie das so weit verstanden? Egal, wie Sie es anstellen, aber ich will, dass Sie in dieses Haus hineingehen. Halten Sie die Augen offen. Und drinnen merken Sie sich jede Einzelheit, verstanden? Sie interviewen jeden, den Sie vorfinden …«
Sullivan belegte das Wort mit beißendem Sarkasmus. Er lachte. »Dann kommen Sie wieder und erzählen mir, was Sie vorgefunden haben, und ich erzähl Ihnen eine Story, wie Sie noch keine zu hören bekommen haben. Blair Sullivans Vermächtnis.«
Der Mörder legte das Gesicht in beide Hände, strich sich mit den Fingern über die Stirn, schließlich durchs Haar,
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